Eine Weile sah es so aus, als erhalte Putin letztlich alles, was er durch militärische Drohung oder Aggression haben will, z.B. die Ukraine – anfangs sogar mittels „Spezialoperation“ in nur 14 Tagen. Hätten es die russischen Truppen so bis Odessa und Lwiw/Lemberg geschafft, wären Moldawien und die Balten kein Problem mehr gewesen. Teilgebiete Georgiens hat er schon, den Rest liefert der georgische Milliardär Iwanischwili als „Georgischen Traum“ frei Moskau.
Dann wollte uns der Präsidentschaftskandidat Trump glauben machen, er werde überall Frieden bringen innerhalb kürzester Zeit, insbesondere in der Ukraine und Palästina. Denn neben der territorialen Erweiterung der USA durch Kanada, Grönland, Gaza und die panamaische Kanalzone ist der Friedensnobelpreis eines seiner wichtigsten Ziele.
Beide haben das gemeinsame Ziel, die kooperative Weltordnung zu zerstören – Trump, weil er als Immobilienhändler und König des „deals“ komplexere Aspekte der Welt weder versteht noch verstehen will (die möglichst absolute Macht ist ihm Instrument, nichts lesen und wenig verstehen zu müssen!).
Desgleichen ist Putin die Nachkriegsordnung der Welt aus anderen Gründen verhasst. Auch er hält die internationalen Organisationen für unwichtig, weil sie auch seine absolute Macht gefährden. Er will das russische Kolonialreich wieder erstehen lassen, um als großer Nachfolger der Zaren und Stalins in die ewige Geschichte einzugehen. Beide bekämpfen daher auch rechtstaatliche Begrenzungen ihrer Macht. Liberalität und Globalisierung sind ihnen zuwider und insbesondere die Europäische Union ein Dorn im Auge, weil sie eine wirtschaftliche Großmacht schon ist und eine politische werden könnte; beide riskieren dabei, die friedliche EU auch zu einer Militärmacht werden zu lassen.
Beide, Trump und Putin, können mit der Macht des jeweils anderen gut leben, die jeweiligen Macht- und Einflusszonen gegenseitig respektierend. Trump bewundert Putins Führungsstärke, Putin dürfte Trumps Ungeschicklichkeiten verachten, sich aber letztlich über die Zerstörungswut Trumps freuen.
Aber: beide wollen Sieger sein ohne jeden Schaden an Cäsarenmantel und Zarenkrone; beide wollen im Inneren ihres Machtbereiches keinerlei Widerspruch oder gar Opposition. Trumps Satz, die demokratische Opposition in USA sei terroristisch, könnte auch von Putin (oder Erdogan) stammen. Beide wollen sogar die Geschichte ihrer Länder umschreiben als reine Glücks- und Erfolgsgeschichte.
Es scheint, dass beide nun erkennen müssen, dass sie ihre Ziele in einem Maße verfehlen, dass die drohende Blamage zur Gefahr für die Welt wird; denn was tun solche Egomanen nicht alles, um ihr Scheitern zu vertuschen oder ihre eigenen Völker, ja die ganze Welt für ihr Scheitern zu bestrafen. Schon Hitler soll am Ende gesagt haben „Das deutsche Volk ist meiner nicht wert, also kann es untergehen“. Sicher werden beide mit Lügen-Propaganda und Unterdrückung kontroverser Informationen versuchen, den Leuten weiszumachen, alles laufe nach Plan (so Putin zur missglückten Spezialoperation Ukraine); Trump hat noch etwas Ruhe vor der Offensichtlichkeit seines außenpolitischen Scheiterns. Immerhin scheint er bemerkt zu haben, dass er nach einer russischen Übernahme der Ukraine als großer Looser dastehen würde. Und seine Minister können offenbar an der Kompetenz ihrer Behörden auch nicht vorbei dilettieren: so hat sich gerade Gesundheitsminister Kennedy zu Anti-Masernimpfungen bekannt und Außenminister Rubio wiederholt zu NATO oder Grönland nicht wiederholt, was sein Präsident so daher geredet hatte. Auch Trumps Zollpolitik dürfte ihn in Kürze entscheidend viel Unterstützung kosten, wie man es bei den Nachwahlen in Florida und der Richterwahl in Wisconsin gesehen hat. Auch dazu hat sein Kumpel Musk nun eine Gegenposition bezogen, indem er eine Freihandelszone mit Europa befürwortet.
Interessant wird da auch das Problem einer iranischen Atombombe. Während Trump die iranischen Schützlinge in Jemen bombardiert, und dem Iran selbst mit einer Bombenhölle droht, wenn er nicht klar verzichtet, hat sich Putin in eine enge Partnerschaft mit dem Mullahregime manövriert, um Drohnen und andere Waffen für seinen Krieg zu erhalten. Auch in Syrien, wo die Strategie Putins und des Iran gescheitert ist, steht Trump hinter der israelischen Aggression auf alles, was dem Iran wichtig war. Allerdings vermasselt er die syrische Chance durch seine blinde Unterstützung von Netanyahus Syrienaggression.
Auch in Palästina stellt sich Trump so absolut hinter Netanjahus Vernichtungsfeldzug und erkennbar auch hinter dessen Selbstschutzaktionen gegen den israelischen Rechtsstaat, dass Putin wohl bald die arabischen Stimmen im Weltkonzert auf seine Seite ziehen kann. Aus der Sicht des internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag, müsste sich der Haftbefehl gegen Netanjahu eigentlich auch auf Trump beziehen, wenn die USA dieses Gericht anerkennen würden. Wer wie ich der Meinung ist, dass Israel zurzeit seine eigen Zukunft in höchstem Maße gefährdet, wird auch da Trump weder als Friedensfürst noch als Sieger sehen.
In der Ukrainepolitik sehe ich bei Trump die Einsicht reifen, dass er die Ukraine und auch Teile davon sowie ihre souveräne Zukunft nicht verschenken kann, ohne als Verlierer auf dem Platz zu stehen. Er ist schon unverantwortlich weit gegangen, den Tatbestand der Aggression zu ignorieren und die russischen Eroberungen in der Ostukraine anerkennen zu wollen.
Andererseits hat sich Putin durch die Annexion von 4 ukrainischen Regionen und der Krim die Hände gebunden, territoriale Kompromisse einzugehen. Aus Putins Sicht wäre es auch ein riesiges Risiko, den russischen Soldaten und der Bevölkerung erklären zu müssen, dass man mit der wesentlich kleineren Ukraine nicht fertig würde. Dass Putin es darauf nicht ankommen lassen will, kann man daran erkennen, dass er in einem Maße aufrüstet (40% des Budgets und 10 % des BIP) und sein Militär auf 1,5 Mio. Soldaten aufstockt. Er investiert in den absoluten Sieg, der ihm nahe scheint, weil Trump den Westen zerbröselt.
Ich weiß, dass viele Beobachter bezweifeln, dass Putin weitere territoriale Erweiterungen jenseits der Ukraine anstrebt, aber ich bin mit ihnen einig, dass das spekulativer Treibsand ist, auf dem man keine Sicherheit bauen kann. Putin würde nach einer gelungenen Einnahme der (fast?) ganzen Ukraine ein Beschäftigungsproblem für seine Armeen und seine Rüstungsindustrie haben. Alles hängt dann davon ab, ob er an einen US-NATO-Schutz für die Balten glaubt oder nicht.
Trump muss klar werden, dass er der historische Verlierer sein wird, wenn er die freien Völker Ost-Europas im Stich lässt. Es ist trotz Selenskyjs Demütigung dabei geblieben, dass Trump die Ukraine als Ganzes nicht ausliefern möchte; vielmehr möchte er, dass die USA für ihre Unterstützung bezahlt werden. Das angestrebte Rohstoffabkommen soll nicht nur Milliarden liefern, sondern den Friedensfürsten Trump auch als größten Staatsmann aller Zeiten ausweisen, also als GRÖSAZ, engl. GRESAT. Dass er der größte Präsident aller Zeiten ist, hat er ja bereits selbst verkündet, GRÖPAZ/GREPAT reicht aber nicht. Schließlich hat bereits eine innerrussische Umfrage Putin als größten Staatsmann aller Zeiten (vor Stalin!) gesalbt, da muss er noch gleichziehen (der Titel GRÖFAZ für Führer gilt se it dem tausendjährigen Reich Hitlers als verbrannt).
Was also ist zu erwarten: Trump wird den ukrainischen Kampfplatz weder als Friedensfürst noch als Sieger verlassen. Um nicht als Verlierer dazustehen, wird er Putin keinen Sieg gönnen können, wird also die Ukraine weiter unterstützen und gemeinsam mit den Europäern stabilisieren – und das nur aus persönlichen Motiven, nicht etwa, weil er der Freiheit des ukrainischen Volkes Bedeutung und Wert an sich beimisst. So wird sich der Krieg doch eher weiter hinziehen, bis die Opfer auf russischer und westlicher Seite zu Ermüdung und Bereitschaft zum Einfrieren einer Kampflinie führen werden.
An diesem Ende werden nur Verlierer stehen: 2 prominente Looser und viele Völker, insbesondere in der Ukraine und Russland, die große Verluste an Menschen und Wohlstand zu beklagen haben.
Leider werden sich diese Verluste überall addieren mit jenen, die Trump mit seiner handelspolitischen Irrfahrt sowie der Zerstörung des Westens und jener Weltordnung verursacht, die nach 1945 unter Führung der USA entstanden ist.
Gewinner werden insbesondere asiatische Staaten und einige gut organisierte Staaten des Südens sein, die sich raushalten und von der zunehmenden Unbeliebtheit der USA (und überhaupt des Westens?) profitieren können.
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