Ich war Anfang der Achtziger des vergangenen Jahrhunderts einer der vielen Friedensbewegten, die auf der Hofgartenwiese in Bonn demonstriert haben. Niemals hätte ich mir damals vorstellen können, dass Helmut Schmidt mit dem Doppelbeschluss richtig lag. Die Geschichte hat ihm Recht gegeben.
Bei aller Furcht und Sorge vor der Entwicklung bin ich doch skeptisch zur Berechtigung einer neuen Protestwelle gegen eine Nachrüstung. Ist es nicht so, dass Russland in Kaliningrad atomwaffenfähige Iskander Raketen stationiert hat, die in kürzester Zeit zum Beispiel Berlin ohne eine realistische Abwehrchance erreichen können. Sind nicht längst vor der Kündigung des INF Vertrages durch Trump im Jahr 2019 Raketen und den Tomahawk vergleichbare Marschflugkörper vertragswidrig von Russland in Richtung Europa installiert worden? Die europäischen Staaten haben dies natürlich gewusst, die Antwort aber, wie üblich, den USA überlassen. Und diese Antwort ist nun gekommen.
Aus der spärlichen Berichterstattung habe ich entnommen, dass die Stationierung der in Rede stehenden Waffen befristet sein soll, bis Europa entsprechende Systeme entwickelt hat. Die europäischen Staaten haben demnach die Möglichkeit, sich selbstständig „kriegstauglich“ zu machen. Wahrscheinlich werden die Staatenlenker wieder die Augen und Ohren verschließen. Deshalb stelle ich den Kritikern der Amerikaner die schlichte Frage: Warum sind wir so abhängig von den USA?
Und noch etwas:
Lässt sich ein atomarer Konflikt wirklich regional begrenzen? Oder folgt nicht doch auf die Ebbe unausweichlich die alles erfassende Flut? Schlachtfeld wird Europa im Fall einer Auseinandersetzung mit Russland in jedem Fall sein, gleichgültig ob als Vorposten in der militärischen Strategie der USA oder oder bei einem europäischen Konflikt. Erstschlagfähigkeit hin oder her. Am Ende droht Armageddon.
Diese Sicht ist nicht zutreffend. Sie blendet die Interaktion aus. die sich durch die Stationierung von ABM in Polen und Rumänien ergeben haben. Zusätzlich wird übersehen, dass die USA freie Hand im Pazifik gegenüber China erreichen wollen. Nicht zuletzt stellt sich die Frage des Enthauptungsschlages für Russland anders wie für die USA. Russland und China können gerne Kuba zu einem Stützpunkt für Mittelstreckenwaffen ausbauen. Das hätte eine ähnliche Bedrohungsdimension für die USA zur Folge wie die zukünftige Situation für Russland.
Ich habe weder eine konkrete Sicht zu der neuen Rüstungsspirale ( Siehe Überschrift des Artikels ) geäußert noch weitere mögliche Schritte der USA gegenüber Dritten angesprochen. Meine Bitte: Bitte genau lesen!
Die Stationierung amerikanischer Raketen in Europa dient der Verkürzung der Vorwarnzeit, um den russischen Hyperschallraketen, die, an der Nato-Grenze aufgestellt nur wenige Minuten bis Paris brauchen, etwas entgegenzusetzen. Die Empörung Russlands diehnt nur propagandistischen Zwecken, denn natürlich haben die Russen die Stationierung erwartet und befinden sich immer noch in der besseren Position. Für Amerika hat die Stationierung den Vorteil, dass sie atomar reagieren können, ohne aus Amerika selbst Atomwaffen abschiessen zu müssen. Europa und Russland würden völlig zerstört, die USA hätten aber die Option, nach einem solchen Schlagabtausch zu überleben.
Strategische Atomwaffen sind Vergeltungswaffen. Das getroffene Gebiet wird unbewohnbar. Wer Atomwaffen zuerst einsetzt, stirbt als Zweiter, vielleicht nur mit etwas geringerem Schaden. Wo diese Waffen hinfliegen, gibt es keine Kriegsziele mehr, nichts mehr zu erobern. Deshalb wird Putin sie nicht einsetzen, denn er will mit seinem Angriff Beute machen. Deutschland wird auch im Falle eines konventionelken Angriffs als Frontstaat mit schwersten Zerstörungen rechnen müssen. Aber eine Verteidigung ist für uns alle alternativlos, damit unsere Nachkommen in Freiheit leben können. Das verkennt Putin! Diese Alternativlosigkeit wird Europa im Falle eines russischen Angriffs zu einer eisernen Faust zusammenschweissen!