Für die Journalisten der Bonner Republik war er eine Institution. Sechzehn Jahre, von 1982 bis 1998, immer montags, mittwochs und freitags, saß er vor der legendären braunen Wand der Bundespressekonferenz, um die Politik von Arbeitsminister Norbert Blüm zu erklären. Ludger Reuber, immerwährender Ministeriumssprecher in der konservativ-liberalen Koalition, hatte dort seinen Platz – ganz links auf der Bank der Sprecherinnen und Sprecher der Kohl-Aera.
Kein Produzent von Sprechblasen. Ein zugewandter Mensch, der in der Sozialpolitik zu Hause war wie kaum ein zweiter. Einer, dem man anmerkte, dass es ihm am liebsten war, wenn er mit den Fragen der Bonner Journaille auf offener Bühne bei diesen regelmäßigen Treffen nicht behelligt wurde. Er klärte sie lieber und erfolgreich vorab in Zweiergesprächen. Ein Sprecher, der sich nicht als Redner verstand. Einer, der sich auf der einen Seite stets der Loyalität zu den politischen Entscheidungen seines Ministers verpflichtet fühlte, auf der anderen Seite für kritische Fragen der Journalisten Verständnis hatte, ihnen niemals von oben herab oder zensierend begegnete.
Ludger Reuber war ein Glücksfall für Journalisten, vor allem aber für seinen Minister. Der Tausendsassa und Vielredner Blüm hatte einen besonnenen, uneitlen, uneigennützigen Öffentlichkeitsarbeiter an seiner Seite. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk hat Reuber einmal gesagt, in all den Jahren als Ministeriumssprecher habe er sich nie von Journalisten hintergangen gefühlt. Dieses Kompliment muss zurückgegeben werden: Unwahrheiten, Täuschungen waren seine Sache nicht. Wenn er schwieg, war das Schweigen redend.
Für den am 6. Juli 1937 im sauerländischen Attendorn geborenen, gelernten Industriekaufmann ergab sich die spätere politische Karriere fast zwangsläufig über seinen katholischen Glauben. 1958 trat er in die CDU ein und engagierte sich in den CDU-Sozialausschüssen. Nach Stationen als Redakteur bei der Kolping-Zeitschrift in Köln und der Katholischen Nachrichtenagentur (kna) wechselte er 1976 hauptamtlich als Referent und Pressesprecher zu den CDU-Sozialausschüssen, dort auch verantwortlich für das Mitgliedermagazin „Soziale Ordnung“. Ein Titel, der auch Lebensinhalt für Reuber war. Die gerechte soziale Ordnung des Landes war für ihn mehr als eine parteipolitische Idee. Ohne sie war ein Zusammenleben für den Christsozialen nicht vorstellbar.
Der bekennende Katholik stand in seinen gesellschaftlichen Vorstellungen quer zu Parteilinien. Er war zwar Christdemokrat, in seinen sozialpolitischen Vorstellungen aber fordernder als manch konservativer Sozialdemokrat.
Ludger Reuber war ein Solitär im politischen Bonn. Er brannte für seine Arbeit, aber ohne Missionseifer. Ein Sprecher, der überzeugen, nicht überreden wollte. Ein Politikerklärer von hoher Profession. Wer das Glück hatte, ihn auch privat erleben zu dürfen, dem bleibt ein Familienmensch – Vater von vier Kindern – , ein herzlicher Gastgeber, ein talentierter Musiker, ein lebensfroher Optimist in Erinnerung. Ludger Reuber ist im März im Alter von 85 Jahren gestorben. Anfang April wird er in Bergisch-Gladbach-Refrath, seinem Wohnsitz seit den 60er Jahren, beigesetzt.
eine sehr treffende und verdiente Würdigung von Ludger, der fünf Jahre mein Chef war im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung war. Herzlichen Dank an Norbert Bicher für die Worte, die mich wirklich sehr berühren. Einen Aspekt möchte ich ergänzen, weil ich Ludger dafür unendlich dankbar bin: sein Vertrauen, auch und gerade, wenn etwas nicht optimal gelaufen war. Jetzt, drei Jahrzehnte später, kann ich ermessen, wie wichtig das war. Ludger hat mir als jungem Referenten und später als Referatsleiter mit seinem Vertrauen und seiner Empathie die Luft und die Flügel gegeben, die mich getragen hat, weit über meine Zeit im BMA hinaus. Auch in dieser Hinsicht war er ein Solitär. Sein Tod ist ein großer Verlust. Ich werde ihm immer dankbar sein.