Der diesjährige Nobelpreis für Wirtschaft ist drei Wissenschaftlern für die Erkenntnis verliehen worden, dass es für den Wohlstand der Völker auf verlässliche Institutionen entscheidend ankommt, die in der Regel weit eher in Demokratien garantiert sind als in Diktaturen.
Als Demokrat und Europäer freue ich mich, dass solche Forschungsergebnisse die Überzeugung kräftigen, dass rechtsstaatlich-demokratische Ordnungen wohl überall vorteilhaft sind.
Mit diesem Text möchte ich dies mit eigenen Beobachtungen unterstreichen – vielleicht auch aus dem Wissenschaftsolymp auf vertrauteres Territorium bringen. Die Idee ist, Nachbar-Staaten miteinander zu vergleichen, die in derselben Klimazone mit ethnisch ähnlicher Bevölkerung und Vergangenheit liegen.
Dafür verwende ich Rangplätze auf anerkannten Indizes, die in Wikipedia zu finden sind, insbesondere den
- Demokratieindex DI des „The Economist“ (an der Spitze Norwegen),
- Human Development Index HDI der Vereinten Nationen (an der Spitze Schweiz)
- die Pro-Kopf-Kaufkraft KKP in US$.
Beachtet habe ich auch den Index der Pressefreiheit und den Korruptionsindex von Transparency International, aber nur in Ausnahmen zitiert. Letzterer könnte erklären, warum China (ähnlich Ruanda) trotz Demokratiemangel (DI-Rang 156) gute HDI- und Kaufkraftwerte erzielt,: er ist mit 75 relativ gut, besser als z.B. für Mexiko, Indien oder Brasilien d.h. zur rechtsstaatlichen Zuverlässigkeit gehört auch Korruptionsarmut, die mitunter auch von autoritären Regimen angestrebt wird!
Die betrachteten Nachbarstaaten sind geordnet nach der Differenz ihres Ranges im Demokratieindex
- Costa Rica, Nicaragua, Panama (ehemalige Kolonien Spaniens): Costa Rica hat den DI-Rang 17 (wie ein EU-Staat!) und HDI 64 gegenüber Nicaragua mit DI 143 und HDI 130. Hier ist die Kaufkraft in Costa Rica um 285% höher. Der südliche Nachbar Panama (DI 48/HDI 58) liegt dazwischen und hat wohl wegen der Kanalzone ein 58% höhere Pro-Kopf Kaufkraft als Costa Rica.
- Litauen und Belarus (gemeinsame Sowjetvergangenheit): Litauen hat den DI-Rang 39 und HDI 37, sein pseudo-kommunistischer Nachbar Belarus hat den DI-Rang 151 und den HDI-Rang 69 (schlechter als Russland mit 56). Litauen hat eine um 107% höhere Kaufkraft.
- Jamaika, Kuba: Jamaica hat den DI-Rang 45 und HDI 115 gegenüber Kuba mit DI 135 und HDI 85. Hier ist die Kaufkraft in Jamaica 37% höher, allerdings hat das kommunistische Regime in Kuba im sozialen und Bildungsbereich auch positives geleistet, was sich im besseren HDI-Rang widerspiegelt!
- Kolumbien und Venezuela (dito): Kolumbien hat den DI-Rang 55 und HDI 91 gegenüber Venezuela mit DI 142 und HDI 119. Hier ist die Kaufkraft in Kolumbien um 157% höher.
- Haiti und Dominikanische Republik (verschiedene Kolonialgeschichte auf der Insel Hispaniola): Die Dominikanische Republik hat den DI-Rang 61 und HDI 82 gegenüber Haiti mit DI 129 und HDI 158. Hier ist die Kaufkraft im demokratischeren Inselteil 700% höher.
- Ghana, Togo, Elfenbeinküste (deutsch-französisch-englische Kolonialgeschichte): Ghana hat den DI-Rang 65/HDI 145 (Togo 126/163, Côte d’Ivoire 105/166), ein eindrucksvolles Beispiel, zumal auch beim KKP-Wert Ghana zwar nur knapp vor Côte d’Ivoire liegt, aber 160% über Togo. Auch der Korruptionsindex ist für Ghana deutlich besser (Rang 72) gegenüber Côte d’Ivoire 99 und Toga 130!
- Sambia und Simbabwe (britische Kolonialzeit als Nord- und Südrhodesien): Sambia hat den guten DI-Rang 78 und HDI 153 gegenüber Simbabwe mit DI 122 und HDI 159. Hier ist die Kaufkraft im demokratischeren Sambia 37% höher.
- Jordanien und Syrien (osmanische Herrschaft, dann Völkerbundsmandate an England und Frankreich): Das Königreich Jordanien hat den DI-Rang 122 und HDI 99 gegenüber Syrien mit DI 163 und HDI 157. Auch hier ist die Kaufkraft in Jordanien wahrscheinlich höher, da Syrien ein gescheiterter, praktisch zerfallener Staat ist.
- Ruanda und Burundi (beides ehemalige deutsche und dann belgische Kolonien): Ruanda wird zwar autoritär geführt, aber ansonsten „ordentlich“ regiert; sein Rang im Korruptionsindex ist 54, der Burundis 161. Sein DI-Rang ist mit 117 deutlich besser als der Burundis mit 147, sein HDI-Rang ist 161 gegenüber 187 und sein KKP-Wert liegt 240% über dem Burundis.
- Kenia, Uganda: Kenia hat den DI-Rang 92 und HDI 146 gegenüber Uganda mit DI 99 und HDI 159. Hier ist die Kaufkraft im demokratischeren Kenia um 100% höher.
Es erübrigt sich, Nord- und Südkorea zu vergleichen, ist aber eindeutig: die pseudo-kommunistische Diktatur im Norden leidet Mangel in allem außer Waffen, der demokratische Süden lebt auf europäischem Niveau DI 22 und HDI-Rang 19.
Natürlich ist diese sehr schlichte Analyse keine Konkurrenz zu den Nobelpreisarbeiten; so ist immer wieder Kritik an den verwendeten Indizes laut geworden, etwa wegen der Ungenauigkeit der zugeordneten Werte und Rangplätze, wegen lange zurückliegender Vorteile jener Staaten, die früher entscheidend bessere Waffen und Schiffe besaßen, oder wegen der starken Rolle der Wirtschaft in der Definition des Human Development Index. Und doch sollte der Wert dieser Analyse darin bestehen, dass er konkret zeigt, wie vorteilhaft Demokratie für das Wohlergehen der Völker ist.
Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich über einen Wirtschaftsnobelpreis freue. Ich empfehle das Buch „Warum Nationen scheitern“, in dem bereits etliche historische Beispiele besprochen sind, u.a. ein Kapitel zu den sowjetischen 5-Jahres-Plänen.