Der Schauspieler Günter Lamprecht ist im Alter von 92 Jahren vor wenigen Tagen in Bonn-Bad Godesberg gestorben, wie seine Agentin Antje Schlag mitteilte. Lamprecht ist vor allem mit Fassbinder-Filmen und dem Berliner Tatort berühmt geworden. Er hinterlässt eine Frau, die Schauspielerin Claudia Amm und eine Tochter.
Noch im vergangenen Jahr war Günter Lamprecht im Fernseh-Film „Meeresleuchten“ zu sehen, in einer Folge von „Babylon Berlin“ spielte er den Reichstagspräsidenten Hindenburg. Seine erste Hauptrolle spielte er 1976 in „Das Brot des Bäckers“ und bekam dafür den Lubitsch-Preis. 1980 folgte dann die unvergessene Rolle des Franz Biberkopf in der Fassbinder-Verfilmung von Alfred Döblins Roman „Berlin Alexanderplatz“, für die er beim Münchner Filmfestival als bester Darsteller ausgezeichnet wurde. Im Jahr darauf spielte er in „Das Boot“, es folgten dann rund 150 Film- und -Fernsehrollen sowie 70 Rollen in Theaterstücken.
Günter Lamprecht kam in Berlin zur Welt, gelebt hat er überwiegend im Rhein-Sieg-Kreis in NRW, wobei er selber das Ruhrgebiet als seine zweite Heimat bezeichnete. Der Schauspieler unterstützte politisch die SPD und engagierte für Umweltorganisationen. 1999 entging er nur knapp dem Tod, als er zufällig zu einem von mehreren Opfern eines Amokläufers im bayerischen Bad Reichenhall wurde. Seine Erlebnisse in der Nazi-Zeit beschäftigten ihn sein Leben lang. Über seine Jugend in Berlin schrieb er ein bemerkenswertes Buch „Und wehmütig bin ich immer noch„. Hier hat er die ersten zwanzig Jahren seines Lebens in Berlin, das Drama dieser Stadt – das Elend und die Gewalt der Berliner Hinterhöfe, den Nazi-Wahnsinn, die Bombennächte des Zweiten Weltkriegs, die Schwarzmarktzeit nach 1945 und die Wiederauferstehung Berlins eindrücklich beschrieben.
Zum 90. Geburtstag von Günter Lamprecht widmete ihm unsere Autorin Marianne Bäumler eine persönliche und liebevolle Erinnerung, die wir hier noch einmal veröffentlichen.
GÜNTER LAMPRECHT ZUM 90. GEBURTSTAG
Von Marianne Bäumler
WER KENNT IHN NICHT? Als Kapitän im Antikriegsfilm „Das Boot“, den armen Franz Biberkopf in „Berlin Alexanderplatz“, den mürrisch melancholischen Kommissar Markowitz im Tatort und viele viele andere gute Fernseh – und Kino-Filme, neben zahlreichen Theater-Rollen:Günter Lamprecht – ein großes Talent deutscher Schaupielkunst – wird am 21. Januar 2020 90 Jahre alt.
Wir gratulieren herzlich und erinnern uns an seine wunderbare Fähigkeit, den Figuren auf dem Theater und in den Filmen eine Aura zu verleihen, die Leib & Seele so einzigartig in aller Widersprüchlichkeit zum Leuchten bringt. Gerade jene trotzige Traurigkeit der „Erniedrigten und Beleidigten“ unserer Welt hat Günter Lamprecht jahrzehntelang unnachahmlich gestaltet. Und es ist klasse, dass es technisch möglich ist, sich diese Erlebnisse in Bild & Ton immer mal wieder zu Gemüte zu führen.
Lieber Günter, wir sind so froh, dass es dich gibt!
Bildquelle: Marianne Bäumler
Arbeiterlied von Alfred Döblin, 1930
morgens früh aus dem Bette raus,
in die Strümpe rin,
die Hosen an,
morgens früh kaltes Wasser ins Gesicht,
Brot ins Papier,
die Kanne in die Hand,
in die Elektrische, in die Untergrund,
und in die Fabrik, und in die Fabrik,
und in die Fabrik.
Ah, das geht so Tag um Tag,
Tagschicht, Nachtschicht, Nachtschicht, Tagschicht.
Frühling, Sommer, Herbst und Winter,
Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag,
Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Sonnabend.
Und am Sonntag schläft man aus, aus, aus.
Ah, das geht so Tag um Tag,
Ah, das geht so Jahr um Jahr,
Ah, das geht das Leben lang,
Rücken krumm, Schläfen grau, Schädel blank,
Ah, das geht so Tag um Tag.