Zehn Jahre sind keine lange Zeit, sagt der, der auf ein goldenes Jubiläum von einem halben Jahrhundert zurückblicken kann. Zehn Jahre sind für uns, die den Blog-der-Republik einst in Berlin gegründet haben, eine lange Strecke. Ohne Sponsoren, ohne einen Lotto-Gewinn, ohne jede finanzielle Hilfe- allein auf uns gestellt, unsere Erfahrung, unseren Willen über unser Land zu berichten, die Fahne der Demokratie hochzuhalten, für die Freiheit der Meinung einzutreten, gegen Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung, ja: Für die Würde des Menschen, eines jeden Menschen gleich welche Hautfarbe er hat, Religion, woher er kommt, ob er arm ist oder reich. Und natürlich wollen wir nie und werden nie Tageszeitungen ersetzen, Radio, Fernsehen. Aber wir müssen nicht mit dem Mainstream schwimmen, können gelegentlich da, wo es angebracht ist, Zeitungen kritisieren. Das haben wir getan und zum Beispiel die von uns hochgeschätzte „Süddeutsche Zeitung“, die ich seit Jahrzehnten lese und die ich als Rentner abonniert habe, kritisiert, weil ich der Meinung war, dass sie ihren Kurs verändert hat, dass sie nicht mehr das halblinke Blatt ist, sondern im Grunde fast wie die FAZ konservativ ausgerichtet ist. Das habe ich angemerkt und werde es wieder tun, wenn die Berichterstattung über zum Beispiel die SPD meiner Meinung nach unfair geworden ist. Aber selbstverständlich habe ich die SZ nicht abbestellt, sie bleibt ein Lese-Vergnügen, ohne sie ist das Frühstück nur halb so schön.
Zehn Jahre Blog-der-Republik. Wir arbeiten ohne Honorar, das gilt für alle, auch für den Chefredakteur wie die Herausgeber. Und das wird auch so bleiben. Ganz einfach aus dem Grunde, weil wir keine Einnahmen haben. Hätten wir welche, würden wie sie ausschütten an die Autorinnen und Autoren. Sie kamen und gingen, einige starben leider, andere verließen uns, weil sie keine Lust mehr hatten, für dieses Medium zu schreiben oder keinen Sinn mehr darin sahen, sich im Blog-der-Republik zu äußern. Aber damit das nicht falsch verstanden wird: Wir machen weiter. Wir werden weiter über Minderheiten berichten, über die mangelnde soziale Gerechtigkeit, über Kinderarmut, über Alleinerziehende, die oft nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen. Wir beklagen, dass eine Partei wie die SPD diesem Thema nicht mehr genügend Zeit und Einsatz widmet, weil wir überzeugt sind, die Sozialdemokratie muss sich um soziale Probleme kümmern, sie war immer so etwas wie der Betriebsrat der Nation. Wenn sie ihren Kern vernachlässigt, ihre Wurzeln austrocknen lässt, besteht die Gefahr, dass sie verkümmert.
Juni 2014 klingt wirklich nicht weit entfernt. Aber irgendwie war die Welt da noch „in Ordnung“. Die russische Besetzung der Krim wurde vom Westen eher symbolisch sanktioniert. Gemetzel in Gaza, wie in der Ukraine wurden politisch wie medial weitgehend ignoriert. Von den über 20 Kriegen – mal von vielen anderen militärischen Konflikten und gewaltsamen Auseinandersetzungen innerhalb von Staaten abgesehen – des Jahres hat die deutschen Medien eigentlich nur Syrien etwas stärker beschäftigt. Weniger wegen der Grausamkeiten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit als wegen der Millionen Flüchtlinge. Angela Merkels „Wir schaffen das“ ein Jahr später, ist ein absolutes Highlight ihrer Regierungszeit, die in vielen anderen Bereichen lähmendes Nichtstun über das Land gestülpt hat. Wer die Infrastrukturmängel bei Bahn, Autobahnbau, Bildung, Renten- und Gesundheitssystem, dem jämmerlichen Zustand der Bundeswehr (bei gleichzeitiger Verschwendung von unfassbaren Milliardenbeträgen), der Ignoranz der Dynamik des digitalen Wandels, dem Hinterherhinken beim Ausbau der erneuerbaren Energien, das Zögern beim Kampf gegen die Klimawandel, die Vernachlässigung der Europäischen Perspektive und Abgrenzung gegen USA, China und Russland beklagt, der muss sich mal intensiv mit dieser – eindeutig zu langen – Regierungszeit und ihrer Folgen beschäftigen. Und viele Stimmen aus CDU und CSU, die gerade die Ampelregierung mit einer – medienunterstützten – bisher einmaligen Respektlosigkeit kritisieren, sollten ihre eigene Beteiligung an diesem multiplen Politikversagen mal reflektieren. Ein erheblicher Teil des Politikversagens ist übrigens in Bayern zu finden. Das „Wir schaffen das“ von Angela Merkel war aber eine uneingeschränkt lobenswerte Richtlinienentscheidung dringend gebotener Humanität, die übrigens in vielen Bereichen von Gesellschaft und Wirtschaft offene und engagierte Unterstützung fand. Es war aber insofern eine dunkle Stunde, weil die unzureichende Absicherung dieser Entscheidung innerhalb der „Christdemokraten“ durch eine aktive Politik der Integration und vor allem auch der Unterstützung der Kommunen als der Hauptträger der finanziellen Lasten sich als Katalysator für das Aufkommen der rechtsradikalen Kräfte in Deutschland erwies. Die AfD hat ohne eigenes politisches Programm, ohne ernstzunehmendes politisches Personal, nur mit Hass und Hetze sich seitdem als Krebsgeschwür der Demokratie erwiesen. Das ist uns Anlass genug, die Werte der Demokratie und des Grundgesetzes auch nach 75 Jahren mit allen Kräften zu verteidigen. Das alles ist in nur 10 Jahren passiert!
Wir berichten natürlich über den Krieg Russlands gegen die Ukraine, soweit wir das von hier aus können. Dabei sind wir eher kritisch gegenüber denen, die täglich ins Horn blasen, um Panzer und anderes Kriegsgerät für die Ukraine zu beschaffen. Unserer Meinung nach hat die Entspannungspolitik nicht versagt. Wir haben uns in Putin getäuscht, ja, er hat uns alle getäuscht. Ob wir zu leichtgläubig waren? Die, die heute auftreten, als hätten sie es immer schon anders und besser gewusst, ignorieren oder verdrängen, dass wir mit dem Fall der Mauer einen Gorbatschow hatten, der für Frieden und Entspannung eintrat, der in der Auflösung der Sowjetunion nicht seine größte Katastrophe sah. Wir haben gedacht, geglaubt, Putin würde vielleicht dessen Kurs fortsetzen. Ich gebe zu, Sonja Miekisch hatte Recht, als sie vor Jahr und Tag in einem Beitrag für die SZ die Politik des Westens gegenüber Putin kritisierte und u.a. daraufhin, dass wir alle übersehen hätten, dass Putin in den 90er Jahren die Stadt Groszny quasi eingeäschert hatte. Die tschetschenischen Kriege hatten wir in unserem Friedens-Taumel nicht mehr auf dem Schirm. Und dennoch bleibt es richtig und wichtig, trotz aller Enttäuschungen über Putin immer mal wieder mit ihm auszuloten, ob es nicht am Ende des Tages Gespräche über einen Waffenstillstand geben könnte. Denn der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist schrecklich, wie es alle Kriege vor ihm waren, er zerstört, tötet, sorgt für Hass.
Am 16. Juni 2014 haben wir uns noch vor dem Anstoß des ersten WM-Spiels der deutschen Nationalmannschaft die ersten Zugriffe auf unseren neuen Blog angeschaut. Die ersten hätten wir auch mit Handschlag begrüßen können, so wenige waren es. Meist „family & friends“. Bis heute sind es über 6 Millionen geworden, wenn man alle zusammenzählt. Monatlich sind es über 60.000. Das kann mit vielen anderen Blogs, schon gar nicht mit den „etablierten Medien“ mithalten. Aber: Wir arbeiten rein ehrenamtlich und nahezu ohne jede finanzielle Unterstützung. Mit einigen wenigen Spenden und einer verkauften Anzeige liegt unser „Budget“ unter 100 EURO im Monat. Eher ein Witz. Aber es ist für ein Projekt, das allen demokratischen Richtungen offensteht, sehr schwer, Unterstützung einzuwerben. Was heute zählt, sind „bubbles“ oder extreme Medien, die auf antidemokratische Millionäre oder Milliardäre als Sponsoren zurückgreifen können, die gerne ihre Schatullen für Hass und Hetze öffnen. Die USA lassen grüßen.
Aber auch das Ehrenamt kann einiges bewirken. Wir hatten in 10 Jahren über 100 Autor*innen, davon zumindest 60, die mehrere Beiträge geschrieben haben. Über 20 sind es, die regelmäßig für den Blog schreiben. Dazu kommen zahlreiche Gastautor*innen aus Politik und Wissenschaft. Wir wünschen uns da durchaus mehr Diversität. Mehr Autorinnen und vor allem auch jüngere Mitstreiter*innen. Auch das ist ein Teil unserer gesellschaftlichen Realität. Diese Art von ehrenamtlichen Engagement muss man sich leisten können. Da tragen Frauen und jüngere Menschen leider einen schwereren“ Rucksack“. Auch da hätten die 4 CDU-geführten Regierungen in diesem Jahrtausend deutlich mehr soziale und Gender-Gerechtigkeit schaffen können.
Bald 5.600 Beiträge sind es bis jetzt geworden. Fast 100.000 Kommentare hat es dazu gegeben. Aber nur ca. 1.000 haben wir davon veröffentlicht. Der Rest war Spam, Hetze, Beleidigungen und Drohungen. Alles aus der rechtsextremen Ecke. Auch das zeigt die Gefahr, die unserer Demokratie aus dieser Ecke droht. Hass und Gewalt, mehr haben AfD & Co nicht zu bieten. Das muss jeder Wähler vor sich verantworten.
Die meisten Besucher stammen – natürlich – aus Deutschland. Aber weitere Besucher aus ca. 140 Ländern haben uns bisher gefunden. Darunter auch der Vatikan und nahezu alle totalitären oder undemokratisch regierten Länder, außer Nord-Korea. Da müssen wir noch daran arbeiten. Dabei ist der Bereich der internationalen Politik bei uns eher schwach vertreten, leider. Aber für die überschaubaren Kräfte des Blogs warten so viele Themen darauf, mal auch aus anderer Perspektive beleuchtet zu werden.
Wir werden uns auch weiter mit den hiesigen Christdemokraten und Christsozialen beschäftigen, einer Volkspartei, die einen ihrer Kämpfer für die Interessen der Arbeitnehmerschaft, Norbert Blüm, der vor Jahr und Tag verstarb, schmerzlich vermisst. Auch der frühere Vorsitzende der CDU-Sozialausschüsse, der langjährige Bundesminister für Arbeit und Soziales, hat immer mal wieder für den Blog-der-Republik geschrieben. Ihm ging es stets um die vielen großen Sorgen der kleinen Leute. Wir werden die Zukunft der Union im Blick haben, die Frage, wer sie als Kanzlerkandidat ins Rennen um die Macht in Berlin führt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Markus Söder wird, ausgerechnet der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident, der dem letzten Kanzlerkandidaten der Union, Armin Laschet, im Kampf gegen Olaf Scholz die Tour vermasselte.
Die Grünen haben sich verändert, wir haben das beschrieben, dass sie nicht mehr die Friedens-Partei sind. Möglich, dass sie das das auch gar nicht mehr leisten können, seit sie in der Ampel-Regierung den Wirtschaftsminister und vor allem die Außenministerin stellen. Zugegeben, Robert Habeck und Annalena Baerbock haben es nicht leicht mit den Medien, vor allem die Zeitung mit den zu großen Buchstaben fährt so manche Kampagne gegen die Grünen-Spitze.
Wir kämpfen gegen die AfD. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hat sie eine „Nazi-Partei“ genannt. Recht hat er. Die Leute müssen wissen, was ein möglicher Kanzlerkandidat Wüst von dieser Partei der Ultra-Rechten, der Rechtsextremen und der Faschisten hält. Und dass er die Brandmauer, wenn er sie denn errichtet, auch politisch einhält. Keine Kompromisse mit der AfD, sie ist für Demokraten keine Alternative. Große Teile der Partei werden vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingeordnet. Sie will die Europäische Union zerstören, die Sicherheit in Europa garantiert, den Wohlstand sichert, für den Frieden arbeitet.
Der Blog-der-Republik hat zum 3. Oktober letzten Jahres einen Aufruf gestartet für die Demokratie, für unser Grundgesetz, das gerade seinen75. Geburtstag gefeiert hat. Viele Personen und Persönlichkeiten haben den Aufruf unterschrieben, Politiker von SPD, der CDU, der CSU, der FDP, den Grünen. Sie alle, wir alle hängen an unserer Demokratie, der Freiheit, sind überzeugt, dass wir ein besseres Deutschland nie hatten. Dafür treten wir ein, darüber werden wir weiter schreiben und dies auch kommentieren. Ad multos annos, pflegt man zu Geburtstagen zu sagen. Oder: Schaun wir mal.
Herzlichen Glückwunsch und herzlichen Dank , dass es den Blog gibt!
Super, schon 10 Jahre! Toll! Glückwunsch!
Ich hoffe sehr, es geht noch viel länger weiter…..
Vielen Dank dafür.