Die Kündigung von Betriebsvereinbarungen, die angekündigten Massenentlassungen und mögliche Werkschließungen bei VW haben viele Reaktionen ausgelöst. Die Belegschaft ist zu Recht besorgt und fragt sich, wieso die angekündigten Sparziele nicht zumindest teilweise aus den Milliarden Gewinnen der letzten Jahre finanziert werden können. Viele sorgen sich um die Aussichten des Automobilstandortes in Deutschland insgesamt. Auch BMW revidierte seine Umsatz- und Gewinnprognose, da der Umsatz in China schwächelt und zudem Probleme mit einem Brennsystem aufgetreten sind. Die Bundesregierung beschließt zur Ankurbelung des Absatzes von Elektroautos eine Steuerermäßigung für Dienstwagen. Zudem wird in Richtung Brüssel die Notwendigkeit eines Industriestrompreises wieder ins Spiel gebracht. Die Diskussion, ob nicht weitere Maßnahmen insbesondere zur Senkung von Energiekosten erforderlich sind, nimmt Fahrt auf.
Was aber kommt von der AfD und von anderen rechtsextrem geneigten Kräften und Medien? Gibt es irgendeinen Vorschlag, irgendeine Forderung, die diskutabel wäre und den Kolleginnen und Kollegen helfen würde? Nichts von alledem. Was aber kommt ist eine Hetzkampagne. Eine kleine Auswahl aus dem Internet: „Konzerne sägen mit Ampel-Hörigkeit am eigenen Ast“, „Habeck hat VW getötet“ oder die Beschäftigten „können sich bei Habeck bedanken“. Und auch von der Union kommen durch den Parteivorsitzenden Friedrich Merz und seinem Vorstandskollegen Jens Spahn Tiraden und Beschimpfungen der Regierung, die sich kaum von der AfD und anderen Extremen unterscheiden. Das ist wie in der Debatte um Flüchtlinge und Asylpolitik inzwischen wohl Standard der CDU/CSU geworden.
Ein Bundeswirtschaftsminister muss sich natürlich hinterfragen und kritisieren lassen, wenn sein Arbeitsgebiet betroffen ist. Aber was hat er zur Krise bei VW beigetragen? Robert Habeck sagte schon 2019, also weit vor dem Eintritt in die Bundesregierung, dass das Konzept von VW, sich auf die Produktion teurer Elektroautos um 100.000 Euro zu konzentrieren, nicht tragfähig ist, weil die Zahl der Käufer begrenzt sei. Er hat Recht behalten.
Es wird zu Recht auf hohe Energiepreise verwiesen. Die aber gab es schon als die CDU/CSU mit der SPD regierte. Und die Energiekrise erreichte ihren Höhepunkt durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die jetzige Bundesregierung hat die jahrzehntelange Abhängigkeit von russischen Energielieferungen beendet. Durch den zügigen Ausbau der regenerativen Energiequellen und dem notwendigen Ausbau der Energienetze gibt es die Chance, dass die Preise tendenziell sinken. Dieses Jahr kommen schon weit über 50 Prozent der Energie aus regenerativen Quellen.
Wirtschaftsmedien ist genau das zu entnehmen, was von der AfD und den Rechten gern unterschlagen wird: die Krise bei VW ist nicht der Bundesregierung anzukreiden, sondern das Ergebnis von Fehlentscheidungen des Vorstandes, insbesondere bei der Umstellung auf Elektroautos. Beispielsweise startete VW 2011 die Produktion des kleinen E-Up als Auto für breitere Schichten, 2023 wurde die Produktion eingestellt. Die sehr viel teurere ID-Serie bringt sehr viele Modelle hervor, die sich schlecht verkaufen.
In einem Beitrag von „Business Insider Deutschland“ wird die Schieflage, die das Management zu verantworten hat, auf den Punkt gebracht: Lange Zeit wurde sich nicht nur auf die Premiumfahrzeuge konzentriert, sondern hier auch auf die Herstellung der besten Motoren. Dies ist aber weitgehend überholt, da die Wünsche der potentiellen Käufer sich vor allem auf digitale Angebote und gute Software richten. Hier aber hat VW große Probleme. Zudem braucht VW viel zu lange, um neue Produkte auf den Markt zu bringen –
5 Jahre. Die innerbetriebliche Bürokratie bremst den Fortschritt und verursacht hohe Verwaltungskosten.
Insgesamt hat die deutsche Automobilindustrie bei der Elektromobilität sehr spät, zu spät reagiert. Wer jetzt die Zielsetzung in der EU aufweichen will, ab 2035 die Herstellung von Elektroautos bzw. klimaneutralen Antrieben verbindlich vorzugeben, fällt in die alten Fehler zurück. Das würde Planungssicherheit zerstören und die Chancen auf den Weltmärkten minimieren.
VW macht 40 Prozent des Gesamtumsatzes in China. Dort wächst – wie in Indien – der Gesamtmarkt vor allem bei Elektroautos: der Anteil der Batterieautos an Neuwagen ist in China auf über 25 Prozent gestiegen, in den USA bei knapp 8 Prozent geblieben und in der EU auf 12,5 Prozent gesunken (nach Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer). So wächst der Kostenvorteil von China immer stärker und das Wachstum von VW ist schwach, gute Angebote bei der Elektromobilität fehlen. Einheimische Produkte werden zunehmend bevorzugt, überwiegend nicht im Luxussegment, mit sehr fortgeschrittener digitaler Technologie.
So zeigt sich: die Probleme liegen überwiegend im Unternehmen selbst. Schon 2023 kündigte VW übrigens den Sparkurs an. Ziele: 10 Mrd. Euro bis 2026 einzusparen und die Umsatzrendite von 3,4 auf 6,5 Prozent zu steigern.
Die Kampagnen gegen die Bundesregierung und Robert Habeck haben keinerlei Grundlage, sondern sind billiger Populismus. Sie schwächen am Ende das Land und die deutsche Automobilindustrie.
Bildquelle: Von Vanellus – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0