Wofür steht die SPD? Eine Frage, die am Rand der Landtagswahlen in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz 62 Prozent der Wahlberechtigten nicht beantworten konnten. Möglich, dass derzeit Covid 19 und diverse Mutanten alles zudecken, was jenseits des Kampfes gegen das Virus und Pandemie noch von Interesse sein könnte. Etwa die Frage, wie viele am Ende wohl von den Geschäften mit dem Schild im Aushang „derzeit geschlossen“ in den Innenstädten wieder öffnen oder Pleite gehen, und bevor dank genügend verfügbarer Impfstoffe und Schnelltests Normalität im Alltag wieder einkehren könnte.
Ob dann über die derzeit verbliebenen 16 Prozent jener Wähler/innen hinaus, die sich in Umfragen zur SPD bekennen, weitere bis zur Bundestagswahl folgen, hängt wohl auch davon ab, ob die SPD in der Lage ist, im Wahlkampf zu erklären, wofür sie steht.
Dafür gibt es einen Generalsekretär im Willy-Brandt-Haus, dessen einzige Aufgabe darin besteht, daran zu erinnern, warum die SPD als Partei auch über Corona hinaus nicht in Vergessenheit geraten sollte? Vielleicht auch, weil sie als Anwalt der Schwächeren und Benachteiligten dringend gebraucht werden würde, zumal dieser Teil der Menschheit täglich Zulauf hat, und sich an den Tafeln für die Armen einmal am Tage ein warmes Essen erhoffen. Es gibt ihn, den Generalsekretär, der sich in der Öffentlichkeit aber nur ungern zeigt oder bemerkbar macht.
Die SPD war als Juniorpartner in der großen Koalition lange Zeit eher unsichtbar. Das sollte sie schleunigst ändern an der Seite einer Union, die mit Angela Merkel als Kanzlerin auf Abruf beiträgt, die Union plan- und führungslos im Wahlkampf zu begleiten. Der Kanzlerkandidat der Union soll offenbar zwischen NRW-MP Laschek als Vorsitzender der CDU und CSU-Chef Markus Söder noch ausgewürfelt werden. Mal sehen, wer gewinnt. Das Gespräch dazu haben beide noch zu führen. Beide haben aber zuvor auch noch schwelende Brände zu löschen, die für die Union nicht weniger gefährlich scheinen als die Maskerade, die zum Austritt von korrupten Abgeordneten aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion führte. Es bleibt abzuwarten, ob noch weitere folgen werden.
Für die SPD wird sich die Frage stellen, welche Konsequenzen daraus zu ziehen wären. Es könnte notwendig sein, die Koalition noch vor Ende der Legislaturperiode aufzukündigen, sollten die notwendigen Verschärfungen der Regeln für Nebeneinkünfte und gegen Korruption von Abgeordneten erneut an der Union scheitern. Der Einstieg in das Wahljahr hat jedenfalls erkennbar gemacht, dass eine Mehrheit auch jenseits der CDU/CSU bei der Bundestagswahl im Herbst denkbar und möglich ist.
Und die AfD? Sie wird versuchen, aus dem Maskengeschäft einiger Abgeordneter der Union politisches Kapital zu schlagen. Daher wird allein mit Klarheit und Wahrheit gelingen, den Aufenthalt rechtspopulistischer Extremisten im Bundestag wieder zu beenden.
Bildquelle: flickr, SPD Schleswig-Holstein, CC BY 2.0
Mit Stand heute (19.01. – 11.00 Uhr) hat der SPD-Parteivorstand seit Jahresbeginn insgesamt 18 Presseerklärungen herausgegeben – sechs davon sind Terminankündigungen. Wenn ich es richtig sehe, werden Beschlüsse vom Parteivorstand in den Pressemitteilungen auch nicht bekannt gegeben. Letztes Beispiel: Die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Drohnenbewaffnung. Als Interessierter muss mensch FAZ und/oder SZ lesen, um etwas über die Positionierung der Parteispitzen zu erfahren. Mit Schweigsamkeit wird auch „Wahrheit und Klarheit“ geschaffen.