Es gibt sie noch – die motivierten BürgerInnen, die sich in Gruppen zusammentun, zivilgesellschaftlichen Widerstand organisieren und aktiv sich öffentlich bemerkbar machen und sich vor Ort gerne engagieren.
Am langen Dreikönigs-Wochenende tagten wie jedes Jahr die beiden führenden Naturschutz-Verbände NABU und BUND in Radolfzell am Bodensee. Über 600 TeilnehmerInnen kamen für vier muntere Tage aus ganz Baden-Württemberg zu einem farbenfrohen Kongress zusammen, um gegenseitig über ihre Arbeit für eine relative Gesunderhaltung unserer Natur zu berichten, Informationen über die Klimakrise und ihre zunehmend schlimmen Folgen für Leib und Leben auf unserem Globus auszutauschen, neue Impulse in Seminaren zu erörtern, und in diversen Workshops auch mit sinnenfrohen Gruppendiskussionen eine lebendige und durchaus politische Debatte aufrecht zu erhalten. Die Stimmung hatte insgesamt etwas erholsam Analoges, die Jungen wie die Älteren, unterhielten sich locker im Foyer, informierten sich an diversen Ständen zu ökologischer Nahrung, und über das, „Was die Bäume sagen“, und auffällig wenige Leute waren mit dem notorisch starren Blick aufs i-phone zu sehen.
„Ich werde gewesen sein.“
Der Soziologe Harald Welzer brachte vor wenigen Jahren diesen frappierend klugen Gedanken in die alternative politische Debatte: „Wir werden gewesen sein.“, „sie oder er wird gewesen sein.“ Ja, es geht nicht nur einfach um unsere nahe Zukunft, vielmehr, es geht auch um „Futur Zwei“, die so genannte vollendete Zukunft! Wir ZeitgenossInnen sind nämlich verantwortlich für unser konkretes Tun und Lassen, Hier und Jetzt, also auch, welche ungesunde und öde Infrastruktur, welchen ökologischen Fuß-Abdruck und wieviel Gift wir unseren Nachkommen hinterlassen.
Dieses Jahr stand das Thema „Flächenverbrauch“ einleuchtend im Mittelpunkt der aktuellen Tagung. Obwohl nämlich hinsichtlich des Bevölkerungswachstums im Ländle kaum weitere überdimensionierte Neubauwohnblocks und Einfamilien-Häuschen auf der grünen Wiese benötigt werden, weisen die ach so geschäftstüchtigen Kommunen immer weitere Naturflächen als lukratives Bauland aus. Entsprechend werden neben all den hochpreisigen Immobilien Schnellstraßen in die Landschaft zementiert, und entsprechend brutale Fakten hingeklotzt, auch was die Abgasgifte und die Lärmbelastung betrifft, ist man da ja nicht zimperlich. Aufgrund einer oft intransparenten „Ernstfall-Logik“ wachstumsfixierter Kommunalpolitik begreifen die BewohnerInnen allerdings die einschneidenden Folgen für ihre Lebensqualität leider meistens erst, wenn die nervös machende Verdichtung in den Ortschaften sich zum kaum noch bezahlbaren Betonwahn Bahn gebrochen hat.
Um so wichtiger bleibt es, dass die BürgerInnen sich vor Ort in solchen jahrzehntelang bewährten Naturschutzverbänden wie BUND und Nabu zusammentun, wach sich weiterhin mit der doch in der Tat machbaren Nachhaltigkeit auseinandersetzen, sich gemeinsam Zugang verschaffen zu kommunalen Bau-Plänen, sowie die Zukunft der Wälder, Flüsse und Auen im kritischen Blick behalten. Immerhin gibt es ja inzwischen dieses bürgernahe „Informationsfreiheitsgesetz“, wo sämtliche Ämter zu Auskünften verpflichtet sind! Da erscheint es außerdem viel angenehmer, sich mit Gleichgesinnten kontinuierlich zu treffen, sich neben den Aspekten Flora und Fauna auch auszutauschen über die Eigentumsverhältnisse in Stadt und Land sowie die ressourcenschonende Energie-Versorgung. Die gerne von manchen Leuten beschworene Ausrede für ihre arg bequeme Passivität: „…da kann man nichts machen, is eben so, keine Ahnung…“ wirkt eigentlich ziemlich dürftig, wenn Kommunikation doch möglich ist, jeder auch die so genannten dummen Fragen in den Gruppen stellen darf – z.B. auch über den gewollt undurchsichtigen TTIP –Deal – , und alle die Informationen bekommen könnten, um sich gegenseitig zu ermuntern und zu ermutigen.
Am wunderbaren Erfolg der „Deutschen Umwelthilfe“ – DUH – vor über 40 Jahren hier in Radolfzell gegründet und inzwischen bundesweit aktiv – , die den maßlosen Betrug der Autoindustrie mit den uns alle gefährdenden Abgasgiften aufgeklärt hat, und weiter da dran bleibt, lässt sich ermessen, wie gut es tut, sich gemeinsam zu wehren.
Quellen:
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