Na endlich! Die Sache wäre geklärt. Friedrich Merz, der christdemokratische Erlöser aus dem Sauerland, hat sie in bester Trump-Manier gelöst. So wie Trump bei seiner Inauguration seinen Vorgänger Joe Biden für alles Elend der USA verantwortlich machte, hat Merz am Donnerstagabend bei einem Wahlkampfauftritt in Dresden die Verantwortung für das elendige Erstarken der AfD klar adressiert. „Wenn wir das damals besser gemacht hätten“, so der Sauerland-Trump, „wäre die AfD 2017 nicht in den Bundestag gekommen.“
Wen er mit „wir“ meint? Sich jedenfalls nicht. Statt sich um Politik zu kümmern, gab er 2009 sein Bundestags-Mandat ab und verdiente bei dem weltweit agierenden Investmentgesellschaft Blackrock sein knappes Gehalt, das ihm dem Vernehmen nach gerade mal den Kauf von zwei Flugzeugen und eines Anwesens im als Armenviertel bekannten Tegernsee-Tal gestattete.
Merz Hände sind damit in Unschuld gewaschen. Mit „wir“ meinte er vor allem seine Vor-Vorgängerin im Amt des CDU-Vorsitzes, Angela Merkel. Eine Retourkutsche dafür, dass Merkel den Tabubruch, seine Komplizenschaft mit der AfD am Mittwoch im Parlament scharf verurteilte.
Aber mit „wir“ müssten sich natürlich auch all diejenigen in der CDU angesprochen fühlen, die damals die CDU-Kanzlerin stützten und zu großen Teilen heute auf Seiten von Merz stehen. Wenn man so will, ein Tritt ins Hinterteil der Spahns und Klöckners, der Kretschmers und Rheins, die vor allem im Füße küssen der jeweiligen Meinungsführer Übung haben.
Wenn all die Gefolgsleute der Macht nicht total deformiert wären, müssten sie wissen, was Merz tatsächlich von ihnen hält: Steigbügelhalter eines Systems „Merkel“, das ihn jetzt dazu zwingt, mit den Stimmen der „Nazi- Partei“ (Hendrik Wüst) Deutschland wieder auf Kurs zu bringen.
Ein Aufstand der Anständigen, von den Karrieristen Julia Klöckner oder Jens Spahn ist er nicht zu erwarten. Aber in dieser ehemals vielleicht christlichen Partei müsste es doch wenigstens einige geben, die sich gegen diese Schuldzuweisung des Trump- Verschnitts aus dem Sauerland wehren. Denn Merz hat nichts anderes getan, als die eigene Partei in toto für die Politik eines Jahrzehnts in den Senkel zu stellen und für den Aufstieg der AfD die Schuld zu gaben.
Doch statt eines mächtigen Aufstands der Anständigen – immerhin der ehemalige CDU-Kanzleramtsminister Peter Altmeier oder der schleswig-holsteinische CDU-Ministerpräsident Daniel Günther gehen auf Distanz zu Merz – kommen jene aus den Löchern, die immer schon wussten, dass die Merkel die Falsche war. Nicht zuletzt deshalb, weil sie ihre Karriere gestört hat. So hat Roland Koch, der ehemalige hessische CDU-Ministerpräsident und Mitglied des konservativen CDU-Männerbündler- Andenpakts, genüsslich gelobt, dass Merz endlich den Kurs von Merkel in der Ausländerpolitik korrigiert habe.
Friedrich Merz hat in dieser Woche nicht nur seine eigene Glaubwürdigkeit zerstört, indem er das Wort gebrochen hat, sich und seine Partei niemals von den Stimmen der AfD abhängig zu machen. Er hat nicht nur die Zusammenarbeit der demokratischen Mitte gegen die extreme Rechte aufgekündigt. Er hat – als Kollateralschaden – nebenher die eigene Partei und deren seit Jahren nach seiner Meinung verfehlte Politik verantwortlich dafür gemacht, dass er jetzt die Weidels und Höckes als Komplizen hinnehmen muss. Oder um es anders zu sagen: Merz büßt für die Fehler von Merkel. Gut, dass das von dem Sauerland-Trump mal klar gestellt wurde.
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