Während die verheerenden Brände in Los Angeles nicht zur Ruhe kommen, gelangt bei der Beurteilung der Ursachen und Folgen auch die Wasserwirtschaft in den Fokus. Ein kommunales Wasserversorgungssystem kann gar nicht darauf ausgelegt sein, derartige Brandbekämpfungen zu unterstützen. Aber es gibt auch noch andere Gründe.
Trotz des Reichtums kein ultimativer Schutz vor den Folgen des Klimawandels
In den letzten zehn Jahren herrschte in Kalifornien eine historische Dürre, die zu einer restriktiven Wasserpolitik geführt hat. Wasser wurde rationiert, Neuansiedlungen von vorhandenen Wasserressourcen abhängig gemacht und Verbote für die Gartenbewässerung oder die Poolbefüllung strikt kontrolliert. Kalifornien hat Bauvorschriften, die weit über die Schutzniveaus anderer US-Bundesstaaten hinausgehen. Kalifornien hat ein Wohlstandsniveau und eine Wirtschaftskraft, mit dem der US-Bundesstaat andere Nationen in den Schatten stellt. Und trotz allem kann sich der am besten vorbereitete und erfahrenste Staat, wenn es um Waldbrände geht, nicht schützen vor Folgen, die durch ein heißeres Klima noch schlimmer werden.
Die Dürre ist zwar ein anhaltendes Problem in Südkalifornien, aber sie war nicht die Ursache für die Wasserknappheit bei den Löscharbeiten in Los Angeles. Medienberichten zufolge, war die Wasserinfrastruktur wegen der Kapazitätsdefiziten und maroder Leitungen nicht in der Lage, die erforderlichen Löschwassermengen zu liefern. Während die City über ausreichend gefüllte Reservoirs verfügte, waren die Wassertanks und -reservoirs für hoch gelegene Gebiete wie den Highlands und die Pumpensysteme, die die Tanks befüllen, nicht in der Lage mit dem Wasserbedarf der Feuerwehr bei der Brandbekämpfung Schritt zuhalten. Zudem überforderte die Geschwindigkeit der Ausbreitung des Feuers den Wasserversorger, Los Angeles County Public Works, bei der Steuerung der Anlagen und des Leitungsnetzes. Schließlich war bei der Planung des Systems nicht vorhersehbar, dass – wie in den vergangenen Wochen – mehrere Brände nahezu gleichzeitig eine Schneise der Verwüstung schlagen würden.
Während die letzten beiden regenreichen Winter Südkalifornien etwas Erleichterung verschafft haben, hat das Jahr 2025 mit einer Rekordtrockenheit begonnen. Der Klimawissenschaftler Daniel Swain bezeichnet diesen Wechsel zwischen extremen Regenfällen und Dürren als „hydro-klimatischen Peitschenhieb“, der der die globale Erwärmung noch verschärfen und besonders gefährliche Bedingungen für Brände schaffen könne, auch wenn zahlreiche Reservoirs in Südkalifornien Füllstände aufweisen, die über dem Level des Vorjahres liegen – aber nicht alle und nicht dort wo sie für Löscharbeiten dringend benötigt werden.
L.A.’s Wasserversorgungssystem angesichts des infernalen Brandes überfordert
Städtische Wasserversorgungssysteme sind in den USA darauf ausgelegt, in erster Linie die Bevölkerung und die Wirtschaft mit Wasser zu versorgen. Wie auch hierzulande, wird in einem bestimmten Umfang auch die Brandbekämpfung in Siedlungs- oder Gewerbegebieten bei der Auslegung der Versorgungssysteme berücksichtigt. Dabei wird in den USA davon ausgegangen, dass die Feuerwehr mehrere Hydranten gleichzeitig anzapfen kann, um einen stetigen Wasserfluss für die Einsatzkräfte aufrechtzuerhalten. So soll maximal ein großes Gebäude oder eine kleinere Siedlung geschützt werden können. Großbrände der Industrie können damit ebensowenig bekämpft werden, wie infernale Waldbrände. Die Wasserversorgungssysteme können allerdings zusammenbrechen, wenn Waldbrände, wie in den Hanggemeinden von Los Angeles, zur gleichen Zeit mehrere Stadtteile verwüsten. Daher läßt die Wasserbehörde, das Los Angeles Department of Water & Power (LADWP), nicht ohne Berechtigung in einer Mitteilung verlautbaren, „das Wassersystem, das das Gebiet von Pacific Palisades und ganz Los Angeles versorgt, erfüllt alle bundesstaatlichen und staatlichen Brandschutzvorschriften für den Städtebau und den Wohnungsbau“. Das LADWP erklärte, das Problem liege letztlich darin, dass das städtische Wasserversorgungssystem nicht für den hohen Bedarf ausgelegt sei, der für die Bekämpfung eines massiven Waldbrandes erforderlich ist. Janisse Quinones, CEO und Chefingenieurin der LADWP, präzisierte das. So hätten die Wasserentnahmen in den niedrigeren Lagen der Stadt die schnelle Befüllung der Wassertanks in den höheren Lagen behindert. Die Wasserversorgung in den oberen Bereichen von Berggemeinden wie Pacific Palisades könne eine Herausforderung darstellen. Dort werde das Wasser in einem Reservoir gesammelt, das in drei hoch gelegene Speichertanks gepumpt wird. Jeder habe eine Fassungskapazität von etwa 5.000 Kubikmeter. Das benötigte Wasser fließe dann durch die Schwerkraft zu den Häusern und Hydranten. Wenn diese Speichertanks allerdings leer seien, weil kein Wasser mehr nachgesteuert werden kann, könnten die Löscharbeiten nicht mehr fortgesetzt werden. Das deckt sich mit Berichten, wonach Feuerwehrleute trockene Hydranten vorgefunden hätten, das Leitungsnetz in dem Bereich einen Druckabfall wegen der Überlastungen erlitten haben muss. Die Löscharbeiten mit Wasser aus Tankfahrzeugen war angesichts der immensen Wassermengen, die benötigt wurden, allenfalls eine kurzfristige Lösung, wie die Feuerwehr berichtete. Und, ja auch das gibt es: Vandalismus. In den Social Media kursieren Fotos von zerstörten Hydranten – ob diese tatsächlich in Kalifornien standen, tatsächlich mutwillig zerstört oder für die Reichweite des Posts oder Reels so „hergerichtet“ worden waren, kann natürlich nicht beurteilt werden. Aber auch diese Facette der Fake-News gehört leider mit dazu.
Wichtiges Wasserreservoir war leer wegen anstehender Instandsetzungsarbeiten
Für gewöhnlich greifen die Feuerwehren bei Bränden auf lokale Wasserreservoirs zurück, die die Wasserversorgung der Siedlungsgebiete sichern sollen. Aber auch hier gab es in L.A. eine fatale Verkettung von unglücklichen Ereignissen. Denn das Santa-Ynez-Reservoir, ein 500.000 Kubikmeter Wasser fassender offenes Speichersystem in der Nähe der Pacific Palisades, wurde gerade renoviert und war leer, als die Brände wüteten. Damit standen den Feuerwehren diese Wasserressourcen nicht zur Verfügung. Die Stadtverwaltung rechtfertigte die vorangegangene Außerbetriebnahme des Reservoirs mit Sanierungsarbeiten an der Abdichtung. Ein darin entdeckter Riss machte die Wasserversorgung anfällig für Verunreinigungen, berichtete die Los Angeles Times. Das veranlasste die Behörde, das Reservoir bereits im Februar 2024 entleeren zu lassen. Dass das Reservoir fast ein Jahr lang leer war, soll zum Teil darauf zurückzuführen gewesen sein, dass ein Unternehmen mit der Durchführung der Reparaturen beauftragt werden sollte und es erst im November 2024 zur Auftragsvergabe kam. Eine im Nachhinein fatale Verzögerung. Ungeachtet dessen ist es nach Ansicht von Experten und Medienberichten zufolge fragwürdig, ob die Wassermengen des Santa-Ynez-Reservoirs für mehr als eine Anfangsbekämpfung der infernalen Brände in Los Angeles ausgereicht hätten. Mittlerweile sind laut L.A. Times vom 22.1.2025 zahlreiche Schadensersatzklagen von betroffenen Immobilienbesitzern eingereicht worden. Da hilft es auch nur wenig, wenn die Feuerwehren auf das Wasser in den Privatpools der Hausbesitzer zugreifen konnten. Das dürfte im wahrsten Sinne des Wortes häufig nur der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein gewesen sein.
Trotz staatlicher Fördermittel ist die Wasserinfrastruktur in einem schlechten Zustand
Die Finanzierungsdefizite bei der Modernisierung der Wasserversorgungssysteme in den USA ist seit langem ein Thema, obwohl die Biden-Regierung mit dem Inflation-Reduction-Act öffentliche Zuschüsse für die Wasserinfrastruktur bereitgestellt hat. Traci Park, Mitglied des Stadtrats von Los Angeles, zu dessen Bezirk das besonders getroffene Gebiet Pacific Palisades gehört, beklagte, dass die Wasserversorgung der Stadt zu den am stärksten unterfinanzierten Infrastrukturen gehöre. „Es gibt überall Umweltkatastrophen, die auf unsere Wasserleitungen warten„, sagte sie und fügte hinzu, dass einige ein Jahrhundert alt seien. „Während unsere Stadt gewachsen ist, haben wir die Infrastruktur, die wir dafür brauchen, nicht modernisiert und erweitert.„
Kontaminierte Wasserqualität birgt erhebliche Gesundheitsgefahren
Die Brände hinterlassen auch noch andere Schäden, die mit Wasser zu tun haben. Die extremen Temperaturen in Folge der Brände lassen Kunststoffe schmelzen. Diese können auf unterschiedlichen Wegen insbesondere durch beschädigte Rohrleitungen aus Kunststoff in das Leitungsnetz eindringen. Dadurch können sich Dutzende von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) mit dem Leitungswasser vermischen. So wird das Karzinogen Benzol häufig nach derartigen Verunreinigungen gefunden.
Daher haben das Los Angeles Department of Water and Power und Teile des Los Angeles County an die Einwohner von Palisades, Altadena und benachbarten Gemeinden die Warnungen „Nicht trinken“ und „Nicht kochen“ für Leitungswasser ausgegeben. Vor Supermärkten bilden sich daher lange Schlangen, weil die Menschen aus Vorsichtsgründen auf abgefülltes Wasser in Kanistern und Flaschen zurückgreifen. Experten zufolge wird es Wochen dauern, bis die Versorgungsunternehmen das Ausmaß der Verunreinigung feststellen können, und Monate, bis die Sanierung abgeschlossen ist. Bis dahin könnte das Trinken, Baden oder die Verwendung von Leitungswasser in diesen Gebieten ungeahnte gesundheitliche Folgen haben.
Wie kann sich die Wasserwirtschaft auf derartige Katastrophen vorbereiten?
Mit Blick auf die absehbaren künftigen Folgen des Klimawandels in der Region, die erneute Großbrände befürchten lassen, sind Vorschläge zur Neuauslegung der Wasserversorgungssysteme an deutlich höheren Brandbekämpfungserfordernissen zu vernehmen.
Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom kündigte am Freitag an, er werde eine unabhängige staatliche Untersuchung des Druckverlusts, der Hydrantenausfälle und des leeren Reservoirs einleiten. Zudem wies er das Department of Water and Power (DWP) von Los Angeles an, eine „umfassende Überprüfung“ ihrer Bemühungen zur Sicherstellung der Wasserversorgung in Notfällen vorzunehmen. Auf der Suche nach Schuldigen kursierten in den sozialen Medien sehr bald Berichte über angezapfte und kaputte Hydranten, die vor brennenden Häusern standen, und riefen eine Vielzahl von Theorien über den Grund des Unglücks hervor. Auch der neue US-Präsident Donald Trump äußerte seine Sicht auf die Ursachen der Katastrophe, in dem er der Bürgermeisterin von Los Angeles als inkompetent bezeichnete und seinen Vorgänger Biden kritisierte, die Finanzmittel für die staatliche Krisenmanagementbehörde, die Federal Emergency Management Agency, gekürzt zu haben.
Die American Water Works Association (AWWA), der wasserwirtschaftliche Fachverband der USA will noch abwarten, bevor mit einer etwaigen Neuausrichtung der Wasserinfrastruktur begonnen werden kann. „Da die Brände immer noch brennen und Leben und Gebäude immer noch gefährdet sind, ist es noch zu früh, um abzuschätzen, welche Unterstützung von Wasserkollegen benötigt wird. Wir werden mit den lokalen Behörden und dem California Water/Wastewater Agency Response Network (CalWARN) zusammenarbeiten, um den Bedarf zu ermitteln, der von der gesamten Wassergemeinschaft gedeckt werden kann“, heißt es in einem Statement.
Soviel dürfte sicher sein, Los Angeles wird schon sehr bald, ein Wassersystem haben, dass mehr als nur die Bekämpfung von Siedlungsbrände unterstützen kann. Der Klimawandel und die damit einhergehende Trockenheit dürften Südkalifornien auch in Zukunft im Griff haben. Aber Los Angeles sieht sich noch zwei anderen Herausforderungen gegenübergestellt, für die Sicherheit erfolgskritisch ist. Im Jahr 2026 findet die Fussball-Weltmeisterschaft in L.A. statt und im Jahr 2028 die Olympischen Spiele.
Ausblick auf Deutschland: Natürlich wäre es jetzt spannend, darüber zu lesen, ob sich in Deutschland etwas auch nur annähernd vergleichbares ereignen könnte und wie die Wasserwirtschaft darauf vorbereitet wäre. Das interessiert verständlicherweise auch mich als Autor, denn mit jedem Beitrag lerne ich viel über den LebensraumWasser in seiner Vielfältigkeit. Daher habe ich eine Fachleute aus der Brandbekämpfung, der Klimaforschung und der Wasserwirtschaft angesprochen, die mir als versierte Quellen zur Verfügung stehen werden. Soviel sei vorweggenommen. In vielem ähneln sich auch hierbei die wasserwirtschaftlichen Systeme der USA und Deutschland. Auch hierzulande sind die kommunalen Systeme nicht auf derartige Brandkatastrophen vorbereitet, weil sie schlicht nicht darauf vorbereitet werden können. Wie sollte ein Wasserversorgungssystem ausgelegt und finanziert werden, das für ein hundertjährliches Ereignis wie in L.A. ausreichend dimensioniert wäre? Diese Fragen wird auch L.A: zu beantworten haben, denn es leben in der Region nicht nur „Stars“ und „Sternchen“, die höhere Wasserpreise nicht zu fürchten haben.
Aber vielleicht sind es in L.A. auch gar nicht die Wassersysteme, die angepasst werden müssen? Michele Steinberg, die Leiterin der Wildfire Division der National Fire Protection Association bracht die vielleicht aggressivste Art der Anpassung in die Diskussion. Die Behörden sollten damit beginnen, den Menschen in gefährlichen Gebieten mitzuteilen, dass ihre Häuser nicht geschützt werden können, wenn Waldbrände ausbrechen. Als Beispiel nannte sie die Hollywood Hills, die vor einem Jahrhundert ohne Rücksicht auf Waldbrände gebaut wurden und durch das Sunset-Feuer bedroht wurden. „Das ist kein Ort, an dem ich jemals Häuser bauen würde“, erklärte Steinberg. „Es ist nicht sicher.“ Es könnte notwendig sein, den Hausbesitzern in den Hollywood Hills, wo der durchschnittliche Verkaufspreis im November bei 1,8 Millionen Dollar lag, mitzuteilen, dass die Waldbrandgefahr so groß ist, dass sie nicht in der Lage sind, ihre Grundstücke zu schützen, so Frau Steinberg. Und dennoch beginnen nicht nur die Aufräumarbeiten, sondern auch die Aufbauarbeiten für die Neuerrichtung der zerstörten Häuser.
Quellen und Weiterführendes
- L.A. City Council seeks transparency on empty reservoir, dry fire hydrants, LA Times, 14.1.2025
- Here’s what really caused L.A. fire hydrants to run out of water, National Geographic, 10.1.2025
- L.A. fires may have brought cancer-causing chemicals into drinking water, Washington Post, 16.1.2025
- AWWA releases statement on Los Angeles wildfires, Water Finance & Management, 14.1.2025
- When L.A. fires broke out, the 117-million gallon Santa Ynez Reservoir near Pacific Palisades was empty. Here’s what we know, CBS News, 14.1.2025
- Los Angeles Department of Water & Power, Website
- Los Angeles County Public Works, Website
- L.A. Fires Show Limits of America’s Efforts to Cope With Climate Change, New York Times, 10.1.2025
- LA councilwoman whose district ravaged by wildfires looks to hold leaders accountable for empty reservoirs, FOX News, 14.1.2025
- Why fire hydrants ran dry as wildfires tore through Los Angeles, Washington Post, 10.1.2025
- The Truth Behind California Wildfire Misinformation, BlackLove, 17.1.2025
- Trump expects to tour California wildfire devastation next week, Reuters, 18.1.2025
- Wassernotstand und Rationierungen in Kalifornien. Droht ein Day Zero?, LebensraumWasser, 17.12.2021
- Wie die Kalifornier lernen müssen, mit dem Wassermangel umzugehen LebensraumWasser, 5.4.2015