Der Auftritt der deutschen Fußballer bei der WM in Brasilien wird mehr und mehr zu einer Werbung nicht nur für den Fußball, sondern auch für Deutschland. Nicht nur, weil die deutschen Kicker so gut spielen und das Endspiel erreicht haben, nicht nur, weil sie das Fußball-Land der Welt schlechthin auf deren eigenem Terrain mit 7:1 geschlagen haben. Nein, es war die Art und Weise, wie Neuer, Hummels, Schweinsteiger, Özil und Klose und Co.. gespielt haben. Fair in fast jeder Beziehung, technisch auf hohem Niveau, schön anzuschauen, schnell, ballsicher und mit Respekt vor dem Gegner. Sie haben den fünfmaligen Weltmeister an die Wand gespielt, ja, sie haben die Brasilianer laufen lassen und mit Mitteln geschlagen, die eigentlich brasilianisch sind oder mal waren. Leicht, locker, schnell, mit technischen Finessen.
Man konnte als Zuschauer dieses Spiels nach einer halben Stunde Mitleid mit dem Gegner haben, aber Mitleid, das ist die Höchststrafe für Fußballer. Nein, weiterspielen, sie aber nicht lächerlich machen, sie nicht vorführen, was an diesem Abend möglich gewesen wäre. Wenn jemand schon am Boden liegt, sollte man ihm auf die Beine helfen und nicht noch zusätzlich drauf treten. Vielleicht haben sie die Brasilianer am Ende geschont, indem sie einen Gang zurückgeschaltet haben, aber das haben die Brasilianer nicht gemerkt, es war nicht Hochmut, der sie nicht mehr mit voller Kraft spielen ließ. Es war Rücksicht auf einen Gegner, der früher mal Vorbild war für die übrige Fußball-Welt. Die Deutschen gingen auf die Brasilianer zu, nahmen sie in den Arm, trösteten sie, auch den Trainer, der völlig niedergeschlagen war.
Scolari, Marcelo und die anderen haben ohnehin genug auszuhalten, die einheimischen Medien, die sie im Falle des Sieges in den Himmel gelobt hätten, sind über sie hergefallen. Brasilien trägt Trauer und man muss hoffen, dass diese Trauer nicht in Wut übergeht, Wut über die Regierung und all die Verantwortlichen, die ihnen diese teure WM mit ihren Milliarden-Dollar-Kosten eingebrockt haben, Kosten, auf denen sie sitzenbleiben und die sie abtragen müssen. Geld, das fehlt für den Bau preiswerten Wohnraums, für eine funktionierende Krankenversicherung, für Arbeitsplätze, für eine bessere soziale Absicherung. In diesem Land liegen die riesigen Unterschiede ganz dicht nebeneinander, wenige Reiche, die sich alles leisten können und die die Copacabana und den Strand von Ipanema als ihr Reich ansehen, die dort leben, als wäre es ihr Zuhause. Und gleich daneben die bettelarmen Brasilianer, die jetzt nicht mal mehr Hoffnung im brasilianischen Fußball finden. Ein Sieg hätte aber auch nur die Sorgen um ein paar Tage verdrängen können, denn die Folgelasten sind da. Die Probleme können auch durch die Gewalt und Macht der Militärpolizei nicht verdrängt oder weggeprügelt werden.
Wer einmal dieses reiche und von der Sonne verwöhnte Land erlebt hat, die fröhlichen Menschen, die gern lachen, wird die Bilder in Rio, Sao Paulo, an den Stränden, rund um die Favelas nicht vergessen. Fußball hat manchen kleinen armen Jungen zu einem reichen Fußballer mit Weltruhm gemacht, Pele als Beispiel, das aber nicht nur leuchtet, Garrincha, der Liebling der Nation, der an seinem Aufstieg und den Millionen, die er verdiente, scheiterte. Brasilien und Fußball, zwei Dinge, die zusammengehören, obwohl man sie trennen müsste. Panem et circenses, hier gilt der Spruch noch heute. Aber das Spiel ist aus, ein Traum ist geplatzt. Der deutsche Traum geht weiter.