Wenn Populisten Parteien kapern – Der Trump-Spuk ist nicht vorüber
Die US-Fernsehanstalten haben Trumps Abwahl als erste bekannt gegeben. Kein nationaler Wahlleiter, keine neutrale Institution, kein überparteilicher Politiker, nein, es waren die Medien, die nach einer dramatischen Stimmauszählung Jo Biden zum Wahlsieger kürten! Trumps verhasste Medien – sogar Fox News war dabei – haben im entscheidenden Augenblick funktioniert, sie waren allein der Wahrheit verpflichtet. Sie haben an diesem Tag unter Beweis gestellt, wie wichtig sie als Behüter der Demokratie sein können.
Trotzdem glauben mehr als genug US-Bürger, Wahlergebnisse würden per Twitter vom Präsidenten verkündet. Trump ist es in nur vier Jahren gelungen, aus Millionen von Amerikanern blindwütige Eiferer zu machen, sie mit simplen Botschaften zu verführen. Wir Deutsche kennen unsere Geschichte und haben keinen Anlass zu hämischen Kommentaren über diese politische Radikalisierung. Trotzdem müssen bei uns alle Alarmglocken schrillen. Trump’s Präsidentschaft hat gezeigt, wie schnell es Populisten gelingt, eine demokratische Partei zu kapern, sie für eigene Interessen zu missbrauchen und gefügig zu machen. Es wird mit Spannung zu beobachten sein, ob und wie die Republikaner nach dieser Attacke wieder auf die Beine kommen.
Dass ähnliche Prozesse ebenfalls in Europa möglich sind, erleben wir nicht nur in Ungarn oder Polen. Und in Deutschland sollte niemand glauben, wir wären völlig immun vor solchen Versuchen. Das gilt auch für eine große Volkspartei, die in den kommenden Monaten einen neuen Vorsitzenden – und Kanzlerkandidaten? – sucht. Die CDU sollte die demokratiefeindliche Trump-Übernahme im Hinterkopf haben, wenn sie einen der drei Kandidaten wählt. Im Angebot ist ein Politiker, der eine leichte Neigung zu trump‘schen Attitüden vermuten lässt. Ein Friedrich Merz polarisiert gerne, schätzt forsche Sprüche und klare Kante. Ausgeglichenheit und Besonnenheit sind nicht unbedingt seine Attribute. Dass ausgerechnet die Junge Union hinter ihm herläuft, lässt nichts Gutes ahnen. Gewiss, Merz ist kein Populist, wer aber behauptet mit Leuten wie Trump „gut klar zu kommen“, könnte sich irgendwann anpassen.
Der Trump-Spuk ist noch nicht vorüber, auch wenn er seine Niederlage eingestehen sollte. Er wird weiter attackieren, wird evtl. mit Steve Bannon ein „Far-right Medienimperium“ gründen und damit die politischen Koordinaten auf dem Spielfeld der Demokratie verschieben. Und er wird zu allem Unglück in Europa seine Anhänger finden.
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