Was haben Geheimdienste wie NSA, BND oder Verfassungsschutz gemeinsam? Ist es nur ihre mangelnde Kontrollierbarkeit in den Grauzonen der Ungewissheit? Und da der Westen nach wie vor mit moralischer Selbstgewissheit auf den Apparat der Staatssicherheit der DDR zu schauen pflegt, was unterscheidet ihre Dienste von der „Firma“ des ZK der SED oder von der Gestapo Hitlerdeutschlands, deren Überreste in Ermangelung demokratisch verlässlicher Agenten im BND von Nachkriegsdeutschland West zukunftsfähig blieben?
Was sie unterscheidet liegt außerhalb ihrer inneren Organisation und ist begründet im demokratischen Gemeinwesen, dem sie dienen sollen. Wenn man also so will, dienen sie dem aufgeklärten Gesellschaftsmodell, das auf freien geheimen Wahlen und Rechtstaatlichkeit basiert und auf Einhaltung der Menschenrechte pocht. Entsprechend sollte man erwarten, dass sie ihre Arbeit, die für das demokratische Gemeinwesens auch Sicherheit produziert, ebenso rechtsstaatlich zuverlässig verrichten, wie das Gesetz es befiehlt.
Davon hat sich der BND Meilen entfernt. Liebedienerisch gegenüber den Diensten der USA, scheint es ihm wichtiger zu sein, dort Ansehen zu gewinnen und sei es unter Bruch von Recht und Gesetz, das ihm jede Tätigkeit im Innern verbietet. Da wird offenbar großzügig hinweggesehen, wenn Erkenntnisse nur rechtswidrig zu gewinnen sind, sei es gegen Industriefirmen oder Politiker verbündeter Staaten oder die Ausspähung der Brüssler EU-Institutionen. Das ist ein Maß an Verselbstständigung, das sich jeder wirklichen Kontrolle entzieht.
Ähnliches berichten die Untersuchungsausschüsse des Bundes und der Länderparlamente, die das Verhältnis zwischen Verfassungsschutz und NPD und seines politischen Umfeldes im Zusammenhang mit der Nazizelle Nationalistischer Untergrund (NSU) zu untersuchen hatten. Der Untersuchungsausschuss nicht nur im Thüringer Landtag hatte Schwierigkeiten zu klären, wer da wen stützt, der Verfassungsschutz die NPD oder umgekehrt. Nur dem Schutz der Verfassung diente die Arbeit des Verfassungsschutz des Landes nicht.
Wir begehen in diesen Tagen den 70. Jahrestag des Endes des zweiten Weltkrieges und damit die Befreiung vom Terrorregime des Hitlerstaates. Die Vernichtungsmaschine in den Konzentrationslagern von Auschwitz, Buchenwald, Sachsenhausen oder Dachau gegen Juden, Sinti und Roma, gegen Kommunisten und Sozialdemokraten ruft uns erneut das „Nie Wieder“ in die Erinnerung. Dazu gehört dann doch wohl auch der Terror, der von der Geheimpolizei der Nazis ausgeübt wurde, und der im Reichssicherheitshauptamt in Berlin geplant und organisiert wurde. Grund genug wohl, höchst empfindlich zu reagieren, wenn Geheimdienste sichtbar aus dem Ruder laufen. Wer immer dafür die politische Verantwortung trägt, sollte vom Untersuchungsausschuss des Bundestages ohne Ansehen der Person ermittelt werden. Dabei sollte es dann auch nicht bleiben, wenn das Vertrauen in den Rechtstaat nicht Schaden nehmen soll. Das sind wir uns schuldig, wenn wir die Erfahrung aus unserer Geschichte ernst nehmen und die Aufforderung der Kanzlerin nicht nur dahin gesagt ist: „Wir werden nicht vergessen“.