Die deutsche Industrie ist mit Optimismus in das Jahr 2021 gestartet. Nach einem Rückgang der Produktion um etwa 11 % haben sich die Perspektiven nun wieder aufgehellt. Die Industrie ist ein wichtiger Motor für die deutsche Volkswirtschaft: Rund 6,4 Millionen Menschen sind hierzulande in Industrie-Unternehmen beschäftigt; im letzten Jahr ging die Zahl der Arbeitsplätze nur um 2 % zurück, weil viele Firmen die Kurzarbeit als „Brücke“ nutzten.
Gespaltene Konjunktur
Hinter China, den USA und Japan rangiert Deutschland als viertgrößter Produzent von Industriegütern. Viele Betriebe des Handwerks und Gewerbes sind als Dienstleister von der industriellen Entwicklung abhängig. Mehr als 20 % der gesamten deutschen Wertschöpfung erfolgt in den Produktionsbetrieben. Deshalb hängt viel davon ab, wie sich die gesamte Konjunktur im laufenden Jahr entwickeln wird. Die Unsicherheit ist nach wie vor groß, denn niemand kann exakt voraussehen, wie sich die Pandemie in den nächsten Monaten entwickeln wird. Das gilt sowohl für das In- wie das Ausland. Die Risiken bleiben zunächst hoch, zumal in vielen europäischen Staaten die wirtschaftlichen Entwicklungen keineswegs übermäßig günstig erscheinen. Lediglich die positive Konjunktur in China und die anziehende Aufwärtsentwicklung in den USA stimmen viele deutsche Exportfirmen hoffnungsvoll: 30 % rechnen mit einer Zunahme ihrer Ausfuhren, 20 % jedoch mit weiteren Rückgängen, so lautete das Ergebnis einer aktuellen Umfrage.
IG Metall fordert 4 % und mehr
Der größte Sektor ist mit etwa 3,8 Millionen Beschäftigten die Metall- und Elektroindustrie. In diesem Bereich steht nun eine harte Tarifrunde an. Die Industriegewerkschaft Metall hat bereits zu ersten Warnstreiks mit „Autocorsos“ aufgerufen. Sie will mit den Arbeitgebern neue betriebliche Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung und zur Bewältigung des technologischen Wandels sowie Lohnerhöhungen mit einem Gesamtvolumen von 4 % vereinbaren. Allerdings weist der IG Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann darauf hin, dass „sich das Tarifvolumen von 4 % auch für die Arbeitsplatzsicherung einsetzen lässt, zum Beispiel für eine Viertagewoche mit Teilentgeltausgleich“ – vor allem für Betriebe, die in der Krise stecken. Immerhin gab es 2020 keine Tariferhöhung. Und von manchen Unternehmen – wie etwa bei Daimler und VW-, die mit der Kurzarbeiterregelung gut durch die Pandemie-Krise kamen und von den hohen staatlichen Prämien für Elektromobile profitieren, meldeten jüngst hohe Milliardengewinne. Bei den meisten anderen Firmen sind die Umsätze und Gewinne zum Teil eingebrochen, zum Teil gerade noch für das Überleben und die Sicherung der Arbeitsplätze ausreichend.
Metall-Arbeitgeber für weitere Null-Runde
Dennoch setzen die Arbeitgeber der Metall- und Elektroindustrie für das laufende Jahr auf eine weitere Null-Runde. Für 2022 bieten sie einen „Mix aus einer Einmalzahlung und einer Tabellenerhöhung“ an. Zudem weisen sie darauf hin, dass viele Firmen im letzten Jahr bis zu 30 % weniger Umsatz hatten und sich in einem tiefgreifenden Strukturwandel befinden. Zukunftssichere Arbeitsplätze in den Unternehmen wollen auch die Arbeitgeber schaffen, doch sie müssen mit den höchsten Arbeitskosten pro Stunde weltweit wettbewerbsfähig bleiben. Der Chef der Arbeitgeber, Stefan Wolf, droht zwar nicht eindeutig mit der Verlagerung der Produktion ins kostengünstigere Ausland, mahnt jedoch „günstigere Arbeitskosten und mehr Flexibilität“ an. Er steuert vernünftige Lösungen an und hält nichts von Streiks in diesen Corona-Zeiten: „Uns ist daran gelegen, eine gute Lösung zu finden“, so das Angebot des Arbeitgeberpräsidenten an die IG Metall-Spitze. Ob das gelingen wird, dafür müssten die Tarifpartner in diesem Industriesektor aufeinander zugehen und nicht aufeinander losgehen. Bei den meisten Arbeitern und Angestellten herrscht ohnehin nicht die große Streikbereitschaft. Die Sicherheit des Arbeitsplatzes hat für sie die höchste Priorität.
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