Wassersparen wird von vielen Verbrauchern als wichtiger Beitrag zum Umweltschutz angesehen. Auch wenn Wasserknappheit hierzulande weitgehend ein Fremdwort ist, so haben wir es doch gelernt mit Ressourcen sorgsam umzugehen. Neben dem “Verbrauch am Wasserhahn” kommt auch dem Wassereinsatz bei der Herstellung von Konsumgütern eine immer größere Bedeutung zu. Hierbei sind wir aber auf die Produzenten angewiesen, denn woher sollen wir wissen, wie viel Wasser im Laufe eines Lebenszyklus eingesetzt wird.
Vielen Verbrauchern ist zudem bewußt, dass ihr Wassersparen den in anderen Regionen der Welt unter Wassermangel leidenden Menschen nicht helfen kann. Leider kennen nur wenige den Einfluss ihres eigenen Konsumverhaltens auf die Trinkwasserverfügbarkeit in anderen Ländern. Dabei ist es vergleichsweise einfach, etwas zu tun: der Wasserfussabdruck offenbart den wahren Wasserverbrauch. In allen Produkten unseres täglichen Lebens ist Wasser enthalten, viel mehr als man auf dem ersten Blick glauben mag. Auf ihrem Weg von der Herstellung der Vorerzeugnisse bis zum fertigen Produkt wurde für Nahrungsmittel und andere Konsumgüter viel Wasser eingesetzt, dieses wird als “virtuelles Wasser” bezeichnet. Sei es für die Bewässerung von Reis, die Reinigung von Baumwolle oder die Bewässerung von Getreide zur späteren Fütterung der Rinder, überall steckt Wasser drin. In einer Tomate stecken 180 Liter virtuelles Wasser, ein Kilogramm Rindfleisch bringt es auf 15.000 Liter. Zwar beklagt mancher Fleischesser, dass sein Steak wässrig schmeckt, 3.000 Liter Wasser wird er in dem 200 Gramm-Stück dennoch nicht vermuten. Ein Großteil des Wassers ist ja auch nicht wirklich im Fleisch enthalten, wurde aber dem lokalen Kreislauf im Herkunftsland entzogen, wenn es beim Rindfleisch der Bewässerung des Futtergetreides für das Tier verdunstete oder bei der Herstellung eines T-Shirts nach der Färbung der Baumwolle ungereinigt in einen Fluss eingeleitet wurde. Im Ergebnis steht dies den Menschen vor Ort nicht mehr als Trinkwasser zur Verfügung.
Nur 50% des von Bundesbürgern verbrauchten virtuellen Wassers stammt aus Deutschland. Die andere Hälfte wird importiert. Und ein Großteil dieses Wasser entgeht dort der öffentlichen Trinkwasserversorgung. Tragisch dann, wenn Wasserressourcen fehlen oder Knappheit herrscht und Verteilungskämpfe im Gange sind. Bis zu 80% des verfügbaren Wassers nutzen in Ländern Südostasiens oder Afrikas die Agrarindustrien – nicht selten zu Lasten der Versorgung der Menschen, denen das zum Überleben wichtige Nass dann fehlt. Sie müssen dann weite Wege gehen oder ihr Wasser von Wasserhändlern kaufen. Natürlich versorgt die Landwirtschaft auch die Menschen vor Ort, häufig geht aber ein Großteil der Erzeugnisse in den Export – und mit ihnen das Wasser.
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Fast 5.300 Liter virtuelles Wasser verbrauchen die Deutschen täglich pro Person. Dagegen erscheinen die 122 Liter Trinkwasser, die täglich dem Wasserhahn entnommen werden, verschwindend gering. Wie man am Wasserhahn spart, weiss nahezu jeder. Aber wie spart man virtuelles Wasser? So einfach die Antwort auch sein, die Umsetzung wird schwer fallen. Man wird sich dafür interessieren müssen, woher die Ware stammt und wie die Anbau- und Produktionsbedingungen sind. Aber wo erfährt man jetzt das, was bei der Entscheidung hilft.
Beim ersten Schritt hilft der Wasserfussabdruck, also der persönliche Gesamtverbrauch. Um den Wassergehalt seines Konsumverhaltens zu messen, findet man bei “Waterfootprint.org” ein Berechnungsinstrument (siehe Wasserfussabdruck-Kalkulator).
Schwerer wird es beim nächsten Schritt. Man muss sich schon dafür interessieren, woher die Produkte stammen, wieviel Wasser darin enthalten ist und wieviel den Menschen im Herkunftsland zur Verfügung steht. Da fehlt leider noch die Unterstützung. Helfen würde eine Kennzeichnung des Wassergehalts und deren Herkunft. Dies sei an einem Beispiel von Schnittblumen dargestellt. Ein Großteil des Angebots stammt aus Kenia, dem weltweit führenden Exporteur von Blumen. Allein Deutschlands Wasserfussabdruck für Blumen aus Kenia betragt 1,4 Millionen Kubikmeter Regen- und Oberflächenwasser jährlich. Wichtigste Anbauregion ist der Naivasha-See mit mehr als 60 Blumenfarmen, die 70 Prozent zur Blumenproduktion des Landes beitragen und jedes Jahr mehr als 136 Millionen Euro Devisen einbringen. Trotz dieses volkswirtschaftlich positiven Beitrages brauchen die Farmen für den Blumenanbau jedes Jahr allein 120.000 Kubikmeter Seewasser. Der See leidet ökologisch unter einer nicht nachhaltig ausgerichteten Blumenindustrie, denn der Wasserstand geht mehr und mehr zurück. Doch Besserung ist in Sicht. Der Druck aus Europa zeitigt erste Erfolge: Immer mehr Betriebe stellen auf weniger wasserintensive Anbauverfahren um, oder schließen sich Vermarktungsorganisationen wie Fairtrade an, die effizientere Verfahren wie die Tröpfchen-Bewässerung unterstützen und Wassersparprämien zahlen. Aber wo erfährt man jetzt das, was bei der Kaufentscheidung hilft?
Vorschlag für ein Wassernachhaltigkeitszertifikat
Man könnte die Händler, Importeure und Hersteller befragen, wieviel Wasser eingesetzt wird und woher die Waren stammen. Dieser Weg dürfte sehr aufwändig sein und sich als beschwerlich herausstellen. Eine weitere Möglichkeit ist ein transparentes Bewertungssystem für den Wassergehalt von Erzeugnissen und deren Herkunft. Den Vorschlag zur Schaffung eines solchen Systems haben die Waterfootprint-Initiatoren Hoekstra und Chapagain in “Globalization of Water – Sharing the Planet`s Freshwater Ressources (2009) gemacht. Sie empfehlen, ein mit dem für nachhaltiges Forsten vergebenen FSC-Siegel vergleichbares Zertifikat auch für den Wassergehalt von Produkten zu vergeben. Nennen wir es einmal Sustainable Water Council (SWC). Dabei würde die Umweltsituation und die Wasserverfügbarkeit im Herkunftsland einbezogen werden. Hierfür würde sich eine Supranationale Organisation aus dem Umfeld der WHO oder Waterfootprint.org. eignen. Mit Hilfe standardisierter und objektivierter Verfahren würden Lebenszyklus-bezogene Wassermengen den einzelnen Produkten zugerechnet. Damit entstünde ein Wasserfussabdruck für das jeweilige Produkt. Der Jeanshersteller Levi Strauss & Co. bietet mit seinen Erkenntnissen aus einer Lebenszyklusanalyse den Konsumenten Daten über den Ressourceneinsatz bei der Produktion von Jeans-Hosen und beim Gebrauch.
Eine Verbindung mit der Herkunft der Produkte könnte zudem Knappheitsindikatoren berücksichtigen und in die Bewertung einfliessen lassen. So ist bekanntlich China Hauptlieferant von Baumwolle. Viele Regionen leiden dort unter Wasserknappheit. Diese regionalen Besonderheiten des Herkunftslandes würden dann in die Bewertung einfließen. Knappheit würde zur Abwertung führen. Damit können Konsumenten sich bewusst für bestimmte Erzeugnisse entscheiden und ihrer Verantwortung für die Wasserversorgungssituation in den Herkunftsländern gerecht werden. Dafür ist Transparenz eine wichtige Voraussetzung. Der Wasserfussabdruck in Verbindung mit der SWC-Kennzeichnung wäre hierfür ein sinnfälliges und ausbaufähiges Instrument.
Wassersparen ist also nicht nur am eigenen Wasserhahn möglich. Dank eines transparenten Systems über die Herkunft von Konsumgütern und den Wassereinsatz bei der Produktion kann sogar ein wertvoller Beitrag zur Bewältigung von Wasserknappheiten in Herkunftsländern leisten. Dann macht Wassersparen wirklich Sinn.
Bildquelle: Wikipedia, Roger McLassus, CC BY-SA 3.0