Teil 4: Überblick über Handlungs- und Zukunftsperspektiven im Bereich Wasser
Um eine globale Wasser- und Ernährungskrise zu verhindern oder zumindest zu mildern, werden zurzeit folgende Optionen diskutiert:
1. Ausweitung der Anbauflächen für Regen- und Bewässerungsfeldbau
Nach Expertenmeinung kann die heutige Bewässerungsfläche weltweit um max. 50 % erweitert werden. Die Ausweitung der Anbaufläche steht jedoch grundsätzlich in Konkurrenz zum zunehmenden Flächenbedarf durch die weiter rasch fortschreitende Urbanisierung und die Abholzung von Regenwäldern u.ä..
2. Steigerung der Effizienz der Wassernutzung
• Reduzierung der Wasserverluste insbesondere in der
• Bewässerungswirtschaft („more crop per drop“) (Abb. 6)
• Steigerung der Wassernutzungseffizienz der Nutzpflanzen
• Integrative Bewirtschaftung des grünen und blauen Wassers (IWRM) mit Berücksichtigung der durch Klimawandel zunehmenden Variabilität des Niederschlags
• Internationales Krisenmanagement (Early Warning System für Dürren)
Abb. 6 ist als Beispiel für mögliche Ertragssteigerung in der Landwirtschaft eingeblendet. Die Graphik zeigt den Maisertrag unterschiedlicher Farmtypen in den Savannenländern Afrikas. Dies lässt sich jedoch nicht verallgemeinern, da in anderen Weltregionen gerade die Kleinbauern wesentlich für die Ernährungssicherheit sind.
3. Steigerung der Abwasserwiederverwendung (wastewater reuse)
4.Virtuelles Wasser und Wasserfußabdruck (Teil II)
a) Nationaler Wasserfußabdruck am Beispiel von Deutschland („Deutschland – Vizeweltmeister im Wasserimport“, nationaler Ansatz)
b) Wasserfußabdruck von Produkten („Wasser im Einkaufskorb“, individueller Ansatz)
c) Handel mit virtuellem Wasser (internationaler Ansatz)
5. Reduzierung der Wasserverschwendung durch Lebensmittelvernichtung (Teil III: „Wassersparen durch Lebensmittelrettung“)
6. Wasser als ökonomisches Gut, Privatisierung des Wassersektors (Teil IV)
7. Großtechnische Lösungen zur Kontrolle der blauen Wasserflüsse
• Flussumleitungen
• Speichersysteme
• Entsalzung von Meerwasser
• „Süßwasserlinsen“ (Festland, Ozeane)
Zur Umsetzung der Optionen 1 – 3 und 4c könnte eine neue „grüne Revolution“ proklamiert werden.
Die Optionen 4a und b sowie 5 stünden für die individuelle Verantwortung in einer globalisierten Welt und eine grundlegende Änderung des Lebensstils und Konsumverhaltens in den Industrieländern; hier geht es insbesondere um die Ernährung, da diese, wie gezeigt werden konnte, einen maßgebenden Einfluss auf den Wasserverbrauch hat.
Option 6 wird sehr kontrovers diskutiert; zur Vermeidung sozialer Ungerechtigkeit geht es in diesem Zusammenhang darum ein allgemeingültiges „ Menschenrecht auf Wasser“ einzuführen.
Option 7 beinhaltet technische Lösungsansätze, von denen einige gerade in den letzten Jahrzehnten vermehrt umgesetzt wurden (transnationale Flussumleitungen, Talsperrenbau). Sie stellen häufig einen starken Eingriff in den Wasser- und Naturhaushalt dar und sind im Hinblick auf Nachhaltigkeit der damit zusammenhängenden Bewirtschaftung des Wassers umstritten. Bei den großen Süsswasserfunden und ihrer möglichen Nutzung zur Lösung regionaler Wasserkonflikte spielt beim jetzigen Wissensstand das Prinzip Hoffnung eine große Rolle. Alle Lösungsansätze der Option 7 basieren auf einer gewissen Technikgläubigkeit und erfordern keine grundlegende Richtungsänderung bei der Bewirtschaftung der Wasserressourcen unseres Planeten.
Die aufgezeigten Handlungsperspektiven sollen nach Möglichkeit in speziellen Artikeln vertieft erörtert werden. In einem abschließenden Teil soll versucht werden, die verschiedenen Handlungsoptionen im Kontext einer nachhaltigen globalen Wasserbewirtschaftung kritisch zu bewerten. (Teil V: Ein neues Wasserzeitalter?).
Ausblick
Am Wasser, das wahrscheinlich als erste Naturressource knapp wird, wird sich exemplarisch zeigen, ob die Menschheit fähig ist, die wichtigsten Stoffkreisläufe des Erdsystems nachhaltig und gerecht zu bewirtschaften (Morgenschweis, 2010).
Quellen:
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