„Die Grünen gehören nicht zu Bayern“, dieser öffentlich ausgesprochene Satz von Markus Söder hat für Toni Hofreiter, Grüner Bundestagsabgeordneter, persönliche Konsequenzen. Bei Markus Lanz berichtet er, wie er körperlich bedroht wurde, als er mit seinem Sohn unterwegs war. Die Zeiten, dass der charismatische Bayer ohne Begleitschutz Zug fahren konnte, scheinen vorbei.
Dieser Satz des bayerischen Ministerpräsidenten ist nur einer aus einem ganzen Repertoire von teilweise haltlosen Vorhaltungen. Die Grünen wollten die Menschen zu allem möglichen zwingen, z.B. Insekten zu essen, zu gendern, Lastenfahrrad fahren und anderes wokes Zeug. Nichts davon ist korrekt grüne Politik, aber die konservative Seele wird gestreichelt. Dass man dann selbst zur Verbotspartei wird und das Gendern verbietet, passt absurderweise zur Litanei: Den Grünen vorhalten, sie wollen bestimmen und diktieren, es selber aber tun. Wie verblendet die CSU dabei vorgeht, zeigt eine Rede von Söder am Tag nach der Wahl von Sachsen und Thüringen. Dass eine als in Teilen rechtsextremistisch eingestufte Partei mit einem Spitzenkandidaten, den man Faschisten und Nazi nennen darf, stärkste Kraft in einem Bundesland wird, ist für Söder nur eine Randnotiz. Er donnert ein Unvereinbarkeitsgebot mit den Grünen auch im Bund vom Rednerpult in Gillamoos. Armin Laschet, ehemals Kanzlerkandidat, und jetzt eher als Elder Statesman unterwegs, konnte es nicht fassen, im Gespräch mit Sandra Maischberger wird das mehr als deutlich.
Merkwürdig stimmt einen die ganze Strategie an, weil sie im Widerspruch zu konkreten Erfahrungen in einigen Bundesländern steht. Aktuell in NRW, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, bisher in Sachsen und Brandenburg haben die Parteien gut und weitgehend geräuschlos regiert. Diese Erfahrungen führen aber auch im Adenauer Haus nicht zu einem anderen Schluss. Auch Friedrich März und sein Lautsprecher Carsten Linnemann sind auf Anti-Grün-Kurs gegangen. Auch sie glauben offensichtlich, dass sie mit einer scharfen Abgrenzung zur Ökopartei mehr Wählerstimmen ziehen, als mit einer eindeutigen inhaltlichen Abgrenzung von der AfD. Die Statistiken der Wählerwanderungen bestätigen dies nicht, die Union holt keine Stimmen von rechts zurück. Merz relativiert inzwischen in öffentlichen Auftritten. Die Radikalität des Söderschen Nein zu Schwarz/Grün im Bund ist nicht seins, so ganz will er die Option nicht aufgeben. Was ihn allerdings sicherlich freut, sind die in Zustimmung halbierten Grünen. Dass sie teilweise aus den Parlamenten gedrängt sind, wie in Thüringen und jetzt in Brandenburg, hat auch für die CDU fatale Folgen: Die Möglichkeiten der Demokraten zusammenzuarbeiten werden schwieriger bis unmöglich.
Die Mutter des Grünenhasses ist die AfD. Deren Programme sind praktisch die negative Spiegelung grüner Programmatik. Klimawandel leugnen, Regenbogenfahnen verbieten, Windkraft erschweren, Photovoltaikanlagen auf Äckern verbieten, Gendern verbieten, Sexualkunde verbieten, Kohle verbrennen, Atomkraftwerke bauen, Verbrenner auf ewig zu lassen, die Aufzählung könnte ewig so weitergehen. Im bayerischen Landtagswahlkampf tauchte ein Plakat mit AfD-Logo auf, mit frei erfundenen angeblichen Grünen Zitaten. Schon im Bundestagswahlkampf versuchten Kampagnen aus dem AfD Vorfeld, den Wahlerfolg der Grünen zu schmälern. Die Ideen dahinter, so Experten, sollen aus Moskau kommen, die Grünen, immer schon Putin kritisch und einzige Gegner von North Stream 2, sind dem Despoten aus dem Kreml ein Dorn im Auge. Dass es ausgerechnet einem grün geführten Wirtschafts- und Energieministerium gelungen ist, trotz Embargo die deutschen Heizungen in den vergangenen Wintern nicht ausgehen zu lassen, nervt die Propaganda Abteilungen gewaltig. Also wird auf anderen Ebenen das Anti-Grün Thema bespielt. Zum Beispiel Schwule mit Pädophilie in Verbindung zu bringen ist eine solche Mär, die es bis ins Weltbild von Friedrich Merz geschafft hat. Und wenn man dem Rechtsaußen Kanal Nius, dem privat finanzierten Projekt von Ex BILD Chefredakteur Julian Reichelt folgt, sind die Grünen die Ausgeburt des bösen, bescheuerten und gefährlichen. Eine Kostprobe.
Warum ist das so, warum werden die Grünen zur Zielscheibe konservativer Kreise? CSU-Generalsekretär Huber nannte den Grund in der oben genannten Lanz Sendung: „Die Grünen seien der ideologische Kopf der Ampel.“ An der Analyse könnte was dran sein, die Grünen sind tatsächlich die Partei innerhalb der Ampel, die vielleicht am profiliertesten versucht, ihre Hauptthemen in Politik umzuwandeln. Sie scheint die einzige Partei, in der Klimapolitik noch eine Rolle spielt. Und das hat Konsequenzen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien heißt ja letztlich auch Mindereinnahmen für die Verkäufer fossiler Energieträger. Die Unterstützung der Wärmepumpe, der Green Deal zur Mobilität, bedeutet für Exxon, Gasprom und Co. einen massiven Schwund der Marktanteile. Kein Wunder, dass das nicht widerspruchslos hingenommen wird. Da scheint auch das absurdeste Argument tauglich, gegen z.B. die Energiepolitik zu argumentieren. So wollte die AfD Brandenburg weitere Windkraftanlagen verbieten, weil sie das ökologische Gefüge dauerhaft beeinträchtigt und die Turbulenzen, die Austrocknung fördern. (Programm Seite 35) Und natürlich will die AfD zum russischen Gas und Öl zurück, wer hätte auch etwas anderes erwartet,
So paradox es klingt, nie waren die Grünen staatstragender als heute. Klare Bekenntnisse zu Nato, zur EU, zu den internationalen Verpflichtungen, selbst zur Unterstützung der Ukraine und der Stationierung der Mittelstreckenwaffen. Und dennoch sind sie Ziel einer Diffamierungskampagne aus konservativ/reaktionären Kreisen. Grüne stehen heute synonym für unkontrollierte Zuwanderung, Klimahysterie, Verbrenner Verbot, Heizung Verbot, Spitzenpersonal ohne Uni-Abschluss, Gender-Gaga und Übersexualisierung von Kindern.
Nichts von diesen Punkten hält einer ernsthaften Überprüfung stand, dennoch ist es den Kampagnen-Machern gelungen, die Desavouierung der Ökopartei in vielen Köpfen zu platzieren. Und trägt Früchte: Die zunehmenden klimabedingten Katastrophenereignisse sind kaum mehr Thema des politischen Diskurses, es sollte im Interesse aller sein, dies nicht geschehen zu lassen.
„nie waren die Grünen staatstragender als heute“
Diese Aussage ist zutreffend und die große Gefahr für AfD CDU/CSU ergibt sich, dass die Grünen die soziale Ader noch nicht abgelegt haben.
Wer „Privat vor Staat“ als oberstes Gebot verfolgt und als Partei entsprechend schützt, muss konsequent Zusammenschlüsse, die staatstragende Strukturen des Grundgesetzes als oberstes Ziel verfolgen, ausgrenzen.
Seit 1970 waren es die DGB-Gewerkschaften. Mit der Zulassung der Pilotengewerkschaft (UFO) war der Damm der Einheitsgewerkschaft gebrochen. Der Heizer auf der E-Lok wurde wieder eingeführt. Derzeit werde Pflegekammern installiert, zur weiteren Zerschlagung von Ver.di. Wo sich der BSW verortet ist noch nicht ausgemacht.