Wenn ARD und ZDF so etwas wie an diesem Mittwoch noch öfter machen, brauchen wir wirklich nicht mehr zwei öffentlich-rechtliche Programme. Dann haben jene Kritiker recht, die behaupten, eins reiche völlig. Und die Gebührenzahler könnten viel Geld sparen.
Das war der royale overkill: Geschlagene 4 (in Worten: vier) Stunden lang übertrugen ARD und ZDF parallel die verstaubten Trauer-Rituale der Engländer für ihre Queen, die doch schon seit vielen Tagen tot ist. Gezeigt wurden auf beiden Kanälen dieselben Bilder, wiederholt wurden in beiden Programme Belanglosigkeiten von irgendwelche Königshaus-Experten, die in den Tagen seit dem Ableben von Elizabeth schon vielfach erzählt worden waren und immer noch nicht wichtig sind. Dafür wurden die normalen Programme von ARD und ZDF leergeräumt. Was eigentlich gesendet werden sollte und in den Programmzeitschriften angekündigt war, flog raus. Vorfahrt für den fahnenbedeckten Sarg, der sich im Schneckentempo durch London schob. Vorrang für die Royals um King Charles und ihre Entourage, die sich in der Westminister Hall zum wiederholten Mal um den Sarg versammelten.
Seit Tagen im Deutschen Fernsehen „Trauer um die Queen“ „Trauer um die Queen“ und nochmal „Trauer um die Queen“. Wenn die Briten mit ihren überholten Ritualen der alten Dame auch über ihren Tod hinaus keine Ruhe lassen wollen, muss man vielleicht mal fragen, warum in Deutschland ARD und ZDF dermaßen angestrengt mitziehen müssen.
Die öffentlich-rechtlichen Sender kämpfen gegen den schlechten Ruf, ein veraltetes Programm für ein überaltertes Publikum zu machen. Aber seit dem Tod von Elizabeth II. scheinen sie massiv darum bemüht, genau diesem Ruf gerecht zu werden. NDR-Intendant Joachim Knuth warnte erst kürzlich vor einer „Sklerotisierung“ seines Senders. Genau dieser NDR jedoch verantwortet seit Tagen ein royales Rentner-TV mit einem Endlos-Abschied von der Queen, die doch längst verblichen ist.
In Großbritannien und dem Commonwealth hat die Diskussion darüber eingesetzt, ob die britische Monarchie jetzt nicht endlich abgelöst werden sollte; in der ARD aber erklärt uns die adlige Expertin Leontine von Schmettow royale Rituale, die auch mit ihren Erläuterungen nicht weniger sinnlos werden. Und für das ZDF war der Trauer-Mittwoch mit dem Leichenzug durch London so wichtig, dass als prominenter Moderator Chefredakteur Peter Frey höchstselbst eingeflogen wurde. „Als was wird Elizabeth in die Geschichte eingehen“, wollte er von irgendeinem Gesprächspartner wissen und hat damit gewiss die unbändige Neugier von Millionen Fernsehzuschauern gestillt. Besonders originell beim ZDF, dass der London-Korrespondent des Senders am Straßenrand stand und von dort noch einmal schildern sollte, was die Fernsehzuschauer bereits aus viel besserer Perspektive gesehen hatten. Aber wenn man bei vier gebührenfinanzierten Stunden Strecke machen muss, ist offensichtlich kein Einfall zu blöde.
Erst kommenden Montag soll der Leichnam der Queen beigesetzt werden. ARD und ZDF haben also noch reichlich Gelegenheit, uns mit immer den gleichen oder ähnlichen Bildern und Experten zu langweilen. Da möchte man den Briten zurufen: Bringt Elizabeth schneller unter die Erde, damit unser deutsches Fernsehen wieder zur Besinnung kommt und zu seinem Programmauftrag zurückfindet.
Danke lieber Christoph,
Joy