Konservative Parteien übernehmen gerne rechtspopulistische Parolen für ihren Wahlkampf. Das ist in mehreren Ländern Europas allgemein üblich geworden. Es geschieht geradezu „schlitzohr-frenetisch“, indem markante, frappante Positionen
- sowohl übernommen werden, um ja keine Wählerstimmen zu verlieren,
- als auch als Abgrenzung dienen, für die Betonung einer Brandmauer.
Beides misslingt den Konservativen, bühnenreif in Österreich. Beides vertont treuherzig-unschuldig rechte Politik-Arien. Der Ratschlag für beides kam – wenn auch ohne Absicht – in Österreich vom Komponisten Johann Strauss, beschwingt in seiner Fledermaus:
„Spiel‘ ich die Unschuld vom Lande, natürlich im kurzen Gewande, so hüpf‘ ich ganz neckisch umher, als ob ich ein Eichkatzerl wär.’“
So ein Ratschlag kam nicht von Franz Josef Strauß. Der sagte 1987: „Rechts von der CDU/CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben“; und basta. Das ist bairische Zivilisation; so aus der Zitatedatenbank von Karl Valentin:
„Des ignoriern ma net amoi!“ – „I sag gar nix. Dös wird man doch noch sagen dürfen.“ – „Es riecht nicht alles gut, was kracht!“
Ganz anders Jens Spahn (CDU), der eine grob menschenfeindliche Abschiebedebatte pauschal für Syrer eröffnete, wenige Stunden nach Assads Flucht am 14. Dezember 2024. Die AfD will Syrer schnellstmöglich ausweisen, darüber wurde im Landtag Sachsen-Anhalt schon am 19. 12. heftig diskutiert. Da gab es von Jens Spahn also einen mustergültig vorauseilenden Faschismus.
Weitaus raffinierter Donald Trump: Er machte aus Anhängern SNAP POP einsatzbereite Randalierer, die sofort das Kapitol stürmten, und dabei die Risiken übernahmen. Es gelang ihm, wie gewohnt auf seiner Show Bühne. Dort spielte er weiter die vorauseilende Unschuld vom Lande, vorerst redete er ja nur. Das war vorauseilender Faschismus. So startete er den Einsatz „seiner Faschisten“. Schon bald kann er seinen Freunden, den verurteilten Straftätern, viele oder alle Jahre Gefängnis ersparen.
Am 8. Januar 2025 forderte Trump Grönland und Kanada in die USA aufzunehmen. Er drohte dafür Gewalt an. Von den Staaten der NATO forderte er 5% des BIP fürs Militär. Wir sollten uns nicht wundern, dass er einen nervösen Eindruck macht: 2024 beschrieb Yuval Noah Harari deutlich (NEXUS, S. 119):
„… wie die KI die Rolle von Bürokraten und Mythenerzählern übernehmen wird.“
Da hat Trump also nicht mehr viel Zeit, um sich gerade noch als Mensch in die Geschichtsbücher einzutragen. Überzeugen könnte er jedoch erst, nachdem er seine USA den heute lebenden Indianern zurückgegeben hat. Und wie könnte Putin mit Neandertalern über das Gebiet Europa verhandeln? Ein paar von deren Genen sind ja in unseren mit dabei. Aber solange wir Europäer nicht auf Bäumen leben, wird er uns „nicht mal ignorieren“.
Jedenfalls befindet sich die Menschheit in einer Vorstufe von Zivilisation. Vergleichsweise zivilisierter sind die meisten Tierarten, die instinktiv nur so viel „Revier“ erobern und verteidigen, wie sie zum Überleben brauchen.
Viel diskutiert wird: „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!“. Solche global üblichen Verbrechen, aus faschistischen Diktaturen heraus, werden täglich im Fernsehen deutlich gezeigt. Manche psychisch beeinträchtigten Menschen leiden unter ihrem eigenen vorauseilenden Revier-Instinkt, der sie spontan über gewaltbereite Vielversprecher jubeln lässt. Da haben sich schon viele „versprochen“.
Die Wahrheit ist, dass Bürger stark unter mangelnder Zivilisation leiden, sich dann aber mit vorauseilendem Instinkt (Zähne fletschen gegen Zähne fletschen) begnügen. Hingegen wäre eine natürliche und zugleich vernünftige Reaktion, wenn frustrierte Menschen, vor allem Jugendliche, es schaffen würden, konstruktive Veränderungen anzustreben. Das ging in der Evolution insgesamt brauchbar gut. Aber mit vorauseilendem Faschismus wird nur der größte Fehler betont.
Nicht alle Verbrechen sind verpönt. Dabei gibt es bemerkenswerte Unterschiede. Weltweite „präventive Gewalt“ in Gaza, Ukraine, Afrika usw. verletzt deutlich Menschenrechte, wird dabei von Staaten abwechselnd geleugnet und als „präventive Sicherheit“ gefeiert. Zwar gab es beim Menschen – ganz natürlich wie bei vielen Tieren – schon immer Kannibalismus, rituell, religiös und aus Überlebensgründen; aber dies wird derzeit politisch nirgends vorauseilend gepriesen oder gefordert.
Zum Vergleich dazu das Wort Pädophilie. Das Wort würde eigentlich „Freundlicher Umgang mit Kindern“ bedeuten. Aber die Realität ist drastisch verfremdet. Deshalb ist richtig, dass keine Partei es wagt, sich zum sexuellen Missbrauch, genannt Pädophilie, zu bekennen. Denn selbstverständlich ist sexuelle Gewalt das Allerletzte, was Kindern gut tun könnte. Zugleich ist Pädophilie „nur“ ein schädliches Symptom unter vielen anderen. Traumata und weitere Schäden resultieren aus den global breiten sozialen Übergriffen gegen Kinder, sei es durch körperliche oder seelische Gewalt, Verwahrlosung, fehlende Liebe usw. Viele Pädophile waren selbst Opfer von sexueller und anderer Gewalt.
Was politisch fehlt, ebenso wie bei der schwachen Brandmauer gegen Faschismus, ist eine wirksame Organisation gegen Gewalt und Verwahrlosung von Milliarden Kindern. Viele Täter meinen, ihre sexuelle Frustration könne durch erzwungene sexuelle Handlungen mit Kindern überwunden werden. Das ist völlig absurd, denn Unschuld eines Kindes kann niemals durch Missbrauch zu einer Art Konsumgut werden, durch das ein Täter sich selber eine Form von „Unschuldigem Sexgenuss“ verpassen könnte. So eine Wahnvorstellung schadet Opfern und zugleich Tätern enorm.
Duldung von Pädophilie verengt und verhindert wirksame Abhilfe. Währenddessen gibt es eine Fülle von wissenschaftlichen Handbüchern, wie man eigentlich mit Kindern umgehen sollte. Solche Ratschläge gibt es schon seit Jahrzehnten durch sachkundige und engagierte Frauen, wie zum Beispiel Alice Miller. So bei Empfehlungen zur Stärkung von Resilienz, wie durch den Neuropsychiater Boris Cyrulnik. Auf dem Umschlag des modernen Buches von Nicole Strüber: „Risiko Kindheit“ (2019) steht:
„Frühe Risiken prägen Gehirn und Psyche langfristig. Aber Auswege sind möglich!“ und: „Die Entwicklung des Gehirns verstehen und Resilienz fördern!“.
Eine kinderfeindliche Gesellschaft ist de facto faschistisch. Wenige Personen sind politisch verantwortlich. Die meisten Erwachsenen sind dabei „nur“ mit vorauseilendem Faschismus aktiv. Das muss durchbrochen werden. Das kann ohne Überwindung des eigentlichen Faschismus kaum gelingen. Denn wenn wir überhaupt eine friedliche und gerechte Zukunft anstreben, als Grundlage für ein Überleben der Menschheit, dann müssen wir alle mitnehmen. Davon sind wir weit entfernt.
Schon 1945 erklärten die Alliierten nach ihrem Sieg, dass es mit jeglicher Toleranz, sogar mit weiterem Bestehen von Nazis-Gruppen endgültig vorbei sei. Bald danach aber einigten sich Adenauer und Eisenhower darauf, die Soldaten der Nazis als „Experten“ gegen Stalin zu verwenden. Die NATO entstand. Allerdings wird niemand von jetzt auf gleich vom Faschisten zum Demokraten. Es gab immerhin Bemühungen, wie die „Innere Führung“ von Wolf Graf von Baudissin. Das sehe ich als einen Versuch, unter anderen auch Faschisten bei der Überwindung ihrer Vergangenheit zu unterstützen. Dann könnte man sie mit modernen Zielen gesellschaftlich neu integrieren. Begleitend muss dabei gewalttätiger Faschismus von Anfang an konsequent verhindert werden. Das wäre nach 1945 eigentlich möglich gewesen. Immerhin gab es Nazis, die selbst zwischen „gewalttätig“ (plump ohne Anlass) und „gewaltbereit“ („nachdem einer quatscht“, sprich gegen Nazis argumentiert …)“ unterscheiden können und wollen.
Ein biologisches Beispiel für die Überwindung von Rassismus: Ich meine, es sei problemlos akzeptabel, die alten Germanen mit ihrer Zivilisation zu lieben, indem wir vereinfacht gesagt „Krieg durch Sport“ ersetzen. Sogar Gene von Menschenaffen wie Bonobos und auch Schimpansen haben bewundernswerte Ansätze für Diplomatie, für zumeist friedliche und erfolgreiche Familien und Horden.
Ein modernes Beispiel für eine verantwortungsbewusste politische Aktion: Ein Workshop auf dem 38. Chaos Communication Congress in Hamburg 2024, hatte klare Ziele:
“Antifaschistische Arbeit ist vielseitig und wird von ganz unterschiedlichen Personen geleistet: Sie leisten Aufbau-, Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit, organisieren Demonstrationen und Blockaden, sammeln Informationen über Nazis und ihre Netzwerke und vieles mehr.
Technische Hilfsmittel können den Alltag dabei enorm erleichtern, werden aber aufgrund fehlender Fachkenntnisse nur selten eingesetzt bzw. bleibt das Potential oft ungenutzt.
Im Workshop wollen wir Einblicke und Hintergründe in antifaschistische Praxis geben und anhand verschiedener Use Cases erarbeiten, wie wir Antifas mit und ohne IT-Hintergrund Werkzeuge und Ideen an die Hand geben können, mit denen sie unkompliziert durchstarten können.“
Nur mit Gewaltfreiheit und Gerechtigkeit wird die Menschheit überleben können!
Im Rahmen eines – vorerst nur utopisch vorstellbaren – globalen Friedens, gäbe es gar keine Faschisten mehr, sondern nur noch „jetzt friedliche, frühere Faschisten“, Am besten wäre eine neue Bezeichnung, ein neuer Name anstelle von Faschisten. Aber wie könnte eine derartige Veränderung zielführend gelingen?
Da müssten und würden sich also dann auch die heutigen Formen von Faschisten irgendwie komplett umstellen. Das kann gelingen, indem sie selbst ihre eigene Identität erneuern. Dann könnten sie nämlich – zusammen mit Demokraten – in vorauseilender Umsicht selber die unerträglichen, sinnlos gewalttätigen Faschisten bekämpfen: Vor allem jene Arten von Faschisten, durch die viel vom Revier „Deutsches Reich“ verloren wurde. Seitdem haben Franzosen pro Person doppelt so viel wunderschönen „Lebensraum“, im Vergleich zu Deutschen (in einer modernen EU ist das weitgehend egal). Bis 1945 hatten nämlich viel zu viele Bürger in vorauseilendem Faschismus mitgemacht und all das Unheil von II. Weltkrieg und Holocaust überhaupt erst möglich gemacht.
Faschistische Praxis ist so schlimm, da hat Faschismus wohl auch als Bezeichnung keine lebenswerte Zukunft. Die Umstellung ist eine harte Herausforderung. Ich wäre als Zukunftsforscher gerne bereit mitzuhelfen, um mit Faschisten und für sie eine neue Identität auszugestalten, pragmatisch umzusetzen und dabei einen neuen, überzeugend klingenden Namen zu finden.
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