Was ist los mit der FDP? Sind wir Wähler die etwas „Besseres Verdienenden“? Wie könnte eine bessere FDP aussehen? Jahrzehntelang erschien uns doch die FDP als eine für unsere Demokratie geradezu richtungsweisende Partei.
Aber schon 1994 gab es Zweifel. Da meinte zunächst der SPD-Kanzlerkandidat Rudolf Scharping, für „Besserverdienende“ solle eine Ergänzungsangabe festgelegt werden. Daraufhin formulierte FDP-Generalsekretär Werner Hoyer im Bundestagswahlkampf 1994: „Wir sind die Partei der Besserverdiener, weil wir wollen, dass alle besser verdienen“. Was öffentlich hängenblieb war salopp, die FDP sei die „Partei der Besserverdienenden“, sprich provokant gegen die Interessen sozial Schwächerer gerichtet. Die FDP versuchte sich zu wehren. Das blieb gefühlt zwischen halbherzig und hilflos.
Sollte die FDP sich vielleicht mal auf ihre ursprünglichen Werte besinnen?
Wenn ja, dann rasch: Gemäß https://dawum.de/Bundestag/INSA/2025-04-12/ ergab die Wahlumfrage zur Bundestagswahl von INSA: Die FDP fiel weiter vom Wahlabend mit 4,3 % auf nun 3,0% kurz danach. Wie krass fänden das wohl die Vorkämpfer einer liberalen Ökonomie? Fragen wir Adam Smith, geboren vor 302 Jahren, er war prägnant richtungsweisend. Der Soziologe Reinhard Blomert drückte es so aus:
„Für die FDP ist Adam Smith eine Art Säulenheiliger. Für die Vertreter des Vulgär-Kapitalismus ist der schottische Philosoph und Ökonom derjenige, auf den man sich guten Gewissens berufen kann, wenn man sein Gewissen bei der Mehrung des Vermögens abschalten will. Adam Smith ist der, der sagte, dass der Markt alles regelt, derjenige, der den Eingriff des Staates in die Wirtschaft ablehnte, weil die Wohlstandsmehrung des Einzelnen nicht behindert werden dürfe, denn nur so könne der Wohlstand aller gemehrt werden. So haben wir Adam Smith im Kopf.“
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Würde Adam Smith heute die FDP wählen? Ich vermute er wäre schier entsetzt, wie plakativ begrenzt, wie gedanklich eng die FDP ihre Werte sieht, sei es als Partei in Regierungsverantwortung, sei es explizit schon in ihren Wahlprogrammen. Nämlich etwa so:
„Kurz vor der Wahl Feb 2025: wir kämpfen für niedrigere Steuern, damit sich Leistung lohnt. Für eine starke Wirtschaft, die Arbeitsplätze sichert. Für eine freie Gesellschaft und innere Sicherheit, die Einwanderung konsequent kontrolliert und steuert. Für weltbeste Bildung, die jedem Aufstieg ermöglicht. Für einen schlanken Staat, der Eigenverantwortung ermöglicht statt durch Bürokratie blockiert.“
Nie gelang der FDP so eine Art „weltbeste Bildung, die jedem Aufstieg ermöglicht.“ Und immer sollte erst „mehr Geld erwirtschaftet“ werden, bevor die FDP endlich beginnen „könnte“, Armut wirkungsvoll zu bekämpfen.
Adam Smith hingegen hat zwar einzelne Ziele unserer FDP ausdrücklich betont – aber nie anders als in einem mit Sorgfalt ganzheitlich überzeugenden Konzept. Er wäre wohl bundesverfassungslos, wie strikt
– zunächst Lindner die Schuldenbremse mit Bezug auf Verfassung begründet,
– und danach für einen neuen Koalitionsvertrag ohne FDP jegliche Schludergrenze gelockert wird, mit Bezug auf dieselbe Verfassung. Weil zum Beispiel kaputte Infrastruktur, das sind hohe Schulden mit hohen Folgekosten.
Bereits in einer verkürzten Darstellung – https://de.wikipedia.org/wiki/Adam_Smith – fände die FDP genug Anregungen und Ermahnungen von Adam Smith für ein überzeugendes Wahlprogramm. Allein schon:
– sein ökonomisches Hauptwerk „Wohlstand der Nationen“ erschien 1776. Bereits 17 Jahre vorher (!) erschien sein philosophisches Buch: „Theorie der ethischen Gefühle“. Das war davor das Thema seiner Vorlesungen über Moralphilosophie. Später, in seinen ökonomischen Empfehlungen, achtete er auf Ziele wie Gerechtigkeit, Fairness, Soziales und politische Ausgewogenheit der Ziele.
– und er skizziert einen Rechtsstaat, der Rahmen setzt, insbesondere zu
# Schutz jedes (!) Bürgers vor Ungerechtigkeit und Unterdrückung
# Durchsetzung von Privateigentum, in einer Form (Liquidität, geringe Eingriffe des Staates) die Unternehmern einen Anreiz gibt, wirtschaftlich erfolgreich zu sein – mit Regeln, welche Wohlstand für ein Land, ausdrücklich auch bei Arbeitern fördern.
# Wobei der Staat bestimmte Aufgaben übernimmt, wie Landesverteidigung. Vor allem auch Bildung und Ausbildung, so stark, dass eine „Verdummung von Arbeitern“ wirksam vermieden wird;
# Fair kritisiert er zum Beispiel die Übergriffe in den Kolonien, so nennt er: „die Torheit, Gold und Silber nachzujagen, und die Ungerechtigkeit, den Besitz eines Landes zu begehren, dessen harmlose Eingeborene weit davon entfernt waren, jemals einen Europäer zu beleidigen“.
Bei solchem Bewusstsein würden Indizien von ausuferndem Privatleben zur Nebensache. Soll doch Lindner ein elegantes Auto haben – aber eine Obergrenze für Geschwindigkeit sollte bei bedrohtem Klima selbstverständlich machbar sein. Soll doch Kubicki auch mal auf eigene Kosten in der Karibik Urlaub machen – aber doch nicht auf einem für die Umwelt klar schädlichen Kreuzfahrtschiff.
Es ist menschlich, sich an Verschwendung zu gewöhnen und sie zu genießen. Obwohl, es ist möglich und empfehlenswert, Wohlstand zu haben und Risiken zu vermeiden. Denn zerstörtes Klima zerstört jegliche Möglichkeit von Ökonomie und von Freiheit. Für eine demokratische und ebenso für eine autokratische Regierung ist es schwer, den eigenen Bürgern solche Fakten zu vermitteln.
Das gilt weltweit und wird derzeit gezielt untersucht. 60.000 Personen werden dafür in 30 ganz unterschiedlichen Ländern befragt, siehe https://www.scripts-berlin.eu/
The Cluster of Excellence “Contestations of the Liberal Script (SCRIPTS)” is a research consortium that analyses why the liberal model of order has fallen into crisis despite its political, economic, and social achievements. Interdisciplinary research teams investigate why alternative concepts of social order are on the rise, how these contestations differ from earlier contestation, and what the consequences are for the global challenges of our time. In operation since 2019, SCRIPTS is hosted by the Freie Universität Berlin and unites eight major Berlin-based research institutes.“
Eigentlich wäre unsere FDP prädestiniert, die Gefährdungen der Freiheit zumindest in der BRD zu bemerken und zu beachten. Jedoch, indem die FDP selbst Fakten ignoriert, bleibt eine „Bessere FDP“ nahezu unmöglich.
Stattdessen betonte Marie-Agnes Strack-Zimmermann das Ziel: „die Steuern senken, damit der Mittelstand gestärkt wird und Arbeit sich lohnt (Tagesspiegel 24. 3. 2025, S. 7); und sie meinte, dass Jüngere die FDP übernehmen sollen. Ich meine ja, und wenn es grundlegend werden soll, dann bitte sehr junge Liberale. Wie ticken die?
Dazu kurz meine Erfahrungen als sehr junger Mensch. Zählen lernte ich, beim Kartenspielen mit Schülern, Zahlen waren aufregend. Die „6“ wurde meine Lieblingszahl, vor 75 Jahren. Da gab es nämlich in Bayern Wahlplakate mit „FDP – Liste sechs“, und versprochen wurde „Freiheit“. Das fand ich pubertär: „Super!“
Heute weiß ich, was ich mal ahnte: Schule ist unnatürlich. KI ist nicht mein Erziehungsberechtigter. Obwohl, es vermittelt zuweilen vage Hoffnung auf Freiheit. Um verwirrende Gesellschaftspolitik endlich mal zu verstehen brauchte ich eine Menge Geduld bei kindlichen Beobachtungen und kindischen Akademie-Studien. Als junger Mensch fühlte ich mich wie ein im Urwald gefangenes und eingesperrtes Tier. Obwohl, noch hatte kein Schüler den ich kannte, hatte irgendwas etwas verbrochen – aber jedem wurde diese bürokratisch sich verfestigende Art Gefängnis verabreicht.
Schule empfand ich damals als ein ultimatives Gegenteil von Freiheit. Die FDP hatte viel Zeit, Freiheit zu schaffen. Längst schon nach dem I. Weltkrieg waren etliche kriegs-geprägte Lehrer Berufs-Sadisten. Nach dem II. Weltkrieg waren Kultusministerien in sich erstarrt. Noch heute wollen etliche Politiker allzu penetrante Wettbewerbsfähigkeit reinzwicken. Milder, sogar menschlicher wäre womöglich bereits eine von KI betreute Kulturpolitik. Aber anstatt sich da mal für Freiheit zu engagieren kümmerten sich etliche Innerminister der FDP um Unfreiheit, hingebungsvoll für Migranten typisch für etliche Innenminister. Vielleicht hatte der vorbildlich freiheitliche Gerhard Baum zu wenige Lehrlinge. Eigentlich könnte eine pädagogisch gebildete FDP längst alle Schüler befreien und viel besser ausbilden.
„Das Geld muss in die Wirtschaft“, das lernte ich 1961 bei Ernst Jäger und Orchester, ebenso im gleichen Jahr bei Coaching Kursen zum Bestehen einer Prüfung im Fach Betriebswirtschaft, und eben bei der FDP. Gemeint war nicht die Kneipe. Oder doch?
Bildquelle: Wikipedia, Dirk Vorderstraße, CC BY 3.0 DEED