Parteien, die diesen Staat verhöhnen und anfeinden, die ihn bekämpfen und die parlamentarische Demokratie verachten, werden von eben diesem Staat, den sie abschaffen möchten, durchgefüttert. Diese Art der Hungerhilfe ist grotesk, sie ist absurd. Im vorigen Jahr bekam die rechtsextreme NPD rund 1,4 Millionen Euro Wahlkampfkostenerstattung aus der Staatskasse, die Republikaner-Partei fast eine Million, Pro Deutschland und Pro NRW wurden zusammen mit gut 180 000 Euro aufgepäppelt. Solange die NPD nicht verboten ist, hat sie ein Recht darauf, von der staatlichen Parteienfinanzierung zu profitieren. Und auch andere verwandte Gruppierungen dürften sich ihre nationalen Parolen, ihre fremdenfeindliche Hetze oder ihre antisemitischen Sprüche aus der Staatskasse, also aus Steuergeldern, bezahlen lassen. Im nächsten Jahr wird die am rechten Rand rührige AfD an dem legalen Geldsegen teilhaben.
Dazu passt die Meldung, dass im Europäischen Parlament in Brüssel zwei Anträge vorliegen, die Immunität, also den Schutz vor Strafverfolgung, des einzigen NPD-Abgeordneten Udo Voigt aufzuheben. Der ehemalige NPD-Vorsitzende, so wirft ihm nach Medienberichten die Staatsanwaltschaft Saarbrücken vor, soll im Januar bei einem Neujahrsempfang den Holocaust geleugnet haben. Das ist eine Straftat. Allerdings ist es in der NPD weit verbreitet, den millionenfachen Judenmord der deutschen Nationalsozialisten zu bestreiten oder herunterzuspielen.
Diese NPD, die von der Verfassung so wenig hält wie von manchen Gesetzen, ist immer noch nicht verboten. Und das verdankt sie, eine weitere Groteske, ausgerechnet dem Verfassungsschutz. Auch wenn die Bedeutung der NPD im ultrarechten Lager abgenommen haben mag und von anderen Kräften wie der Aktion für Deutschland und der unter verschiedenen Namen auftretenden Pegida-Marschbewegung wahrgenommen wird: der zweite Anlauf, die NPD zu verbieten und damit den Rechtsextremen eine organisatorische Basis zu entziehen, droht zu scheitern. Nachdem vor zwölf Jahren der erste Versuch kläglich misslungen war, weil nach Überzeugung des Bundesverfassungsgerichts zu viele V-Leute in die NDP-Führungsebene eingeschleust waren, wollen die Richter von den Antragstellern, also von den Ländern, Beweise sehen, ob sich der Verfassungsschutz tatsächlich aus der NPD zurückgezogen hat. Hat er?
Nutzlose und windige Leute
Im Umfeld der NSU-Terroristen haben sich zahlreiche nutzlose, windige, zweifelhafte oder gefährliche Leute herumgetrieben, die von Verfassungsschutzbehörden eingesetzt waren und bezahlt wurden. In mehreren Untersuchungsausschüssen des Bundestags und von Länderparlamenten sowie im Münchner NSU-Prozess kam heraus, dass diese Typen nichts oder gar nichts zu den Kenntnissen über den NSU beigesteuert haben. Im Gegenteil, sie führten ihre Auftraggeber an der Nase herum und festigten eher die Strukturen des rechtsnationalen Untergrunds anstatt sie aufzudecken. Als Konsequenz aus solchen Versäumnissen und Fehlern, aus Unfähigkeit und mangelnder Kontrolle bereitet die Bundesregierung nun ein neues Verfassungsschutzgesetz vor. Es soll unter anderem den Einsatz von V-Leuten regeln. V-Leute, das heißt: Vertrauensleute. Wie bitte? Vertrauen? Dieses Wort gehört nicht in die Graubereiche der Braunzonen.
Wenn anrüchige Quellen wie diese geschützt werden, indem sie gewisse Straftaten begehen dürfen, um nicht aufzufallen und entdeckt zu werden, solange ist ihnen nicht zu vertrauen. Wenn sie ungestraft den Hitlergruß zeigen oder sich an gewalttätigen Ausschreitungen beteiligen, sind Grenzen überschritten, was staatliche Stellen niemals billigen dürfen. Sonst macht sich der Staat strafbar. Und unglaubwürdig. Er hat die Nazis aktiv zu bekämpfen, er darf sie nicht stillschweigend dulden.
Bezahlte Demokratiefeinde
Wenn Zuträger aus dem rechtsextremen Spektrum bereit sind, Informationen freiwillig und unentgeltlich zu sammeln und weiterzugeben, kann das nützlich sein, wenn Fachleute den Wert dieser Auskünfte abgleichen und einschätzen. Bilanzen, welchen Nutzen die Spitzel bisher gebracht haben, sind niemals vorgelegt worden. Aus den Kassen der Demokratie bezahlte Demokratiefeinde im undemokratischen Umfeld – das war, ist und bleibt eine undurchsichtige Fehlentwicklung und behindert das Verbotsverfahren gegen die NPD. Insofern hat Thüringen, das auf den Einsatz von V-Leuten verzichten will, ein sinnvolles Beispiel gegeben.
Noch steht der Entwurf des schwarz-roten Bundeskabinetts nur auf dem Papier. Nach dem „Struck’schen Gesetz“ kommt kein Vorhaben so aus dem Parlament heraus, wie es eingebracht wurde. Dieses Verfassungsschutzgesetz mit seinen fragwürdigen, dehnbaren und interpretationsfähigen Bestimmungen müssen Opposition, SPD und Länder transparent gestalten und unzweideutig formulieren. Das Dunkelfeld muss belichtet werden.
Bildquelle: Wikipedia, Eigenes Werk, CC BY-SA-3.0
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