Untersuchungsausschüsse einzusetzen, gehören zu den Rechten der Opposition, es reichen 25 Prozent der Abgeordneten des Bundestages. Dieses Quorum schafft die Union allein. Es ist die schärfste Waffe der Opposition im politischen Kampf. Und es ist nicht verwerflich, einen solchen U-Ausschuss zu fordern und ihn durchzusetzen. Im aktuellen Fall geht es um die Cum-Ex-Affäre, darum, die umstrittenen Vorgänge bei der Warburg-Bank und die Rolle des damaligen Hamburger Bürgermeisters, des heutigen Kanzlers Olaf Scholz aufzuklären.
Dass es sich dabei um einen handfesten Betrug handelt, unterschreibt ein Jeder. Es ist schließlich einer der größten Steuerskandale in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Beteiligten hatten sich von den Finanzbehörden Steuern erstatten lassen, die sie gar nicht bezahlt hatten. Bei diesem Deal wurden Aktien mit und ohne Dividendenanspruch( cum und ex) so lange hin- und hergeschoben, bis die Behörden den Überblick verloren hatten. Der Bundesrepublik entstand dabei ein Schaden in Milliarden-Euro-Höhe. Die Hamburger Warburg-Bank ist in diese Affäre verwickelt, die Opposition hegt gegenüber Scholz den Verdacht, politischen Einfluss genommen zu haben, um der in Rede stehenden Bank Steuernachzahlungen in beträchtlicher Millionen-Euro-Höhe zu ersparen. Scholz hat eingeräumt, sich mit dem Warburg-Bankier Christian Olearius getroffen zu haben. An Details will sich der Sozialdemokrat und Bundeskanzler heute nicht mehr erinnern, hat aber den Vorwurf, Einfluss genommen zu haben, zurückgewiesen.
Nun gibt es zu der Causa Cum-Ex schon einen Untersuchungsausschuss in Hamburg, der aber bisher keine Beweise zu Lasten von Scholz ans Tageslicht hätte befördern können. Es ist einigermaßen anmaßend, den Hamburger Politikern und Scholz-Kritikern quasi zu unterstellen, da sie ja nur Feierabend-Politiker seien und keine Voll-Profis wie in Berlin, seien sie nicht in der Lage gewesen, Scholz´Schuld zu beweisen. Und deshalb müsse nun der große Bundestag die Verschleierung der Affäre beenden und für Aufklärung sorgen. Das wirkt zudem lächerlich, zumal die Union die Attacken gegen Scholz erst fährt, seit sie nicht mehr mit der SPD die Regierung stellt(in der Scholz Bundesfinanzminister war und Angela Merkel Kanzlerin), sondern die harten Bänke der Opposition drücken muss. Die Rollen haben sich nach der Wahl im Herbst 2021 geändert, das sieht man auch am Verhalten von Grünen und der FDP, die einst Scholz mangelnden Aufklärungswillen vorhielten-aber das war vor der Wahl.
Bisher konnten die Kritiker von Scholz diesem die Einflussnahme nicht nachweisen. Sie lieferten Hinweise, Indizien, Unterstellungen, aber keinen Beweis. Damit ist die Unschuld von Scholz natürlich nicht belegt, aber auch das Gegenteil trifft nicht zu. Dass sich ein Hamburger Bürgermeister mit örtlichen Bankiers trifft wie mit anderen Unternehmern, Geschäftsleuten und Gewerkschaftern, Leuten der Gesellschaft und der Kirche, kann doch im Ernst niemand kritisieren. Solche Treffen sind normal und dass die Inhalte solcher Gespräche nicht auf den Markt geworfen werden, ist auch Alltag. Vertraulichkeit gehört dazu. Dass Scholz in diesem Zusammenhang Erinnerungslücken geltend macht, kann die Union kritisieren, weil es ärgerlich ist und der Beweisführung nicht dienlich, aber dies darf doch nicht dazu führen, dass man dem Kanzler unterstellt, er sage die Unwahrheit.
Der Untersuchungsausschuss des Bundestages, da gehe ich jede Wette ein, wird Scholz nichts nachweisen können. Warum sollte er sich im Bundestag plötzlich an etwas erinnern, was ihm in Hamburg und in Fragestunden des Reichstags nicht eingefallen war? Und es ist nun mal Gesetzesbrauch in Deutschland, dass man dem Angeklagten die Schuld nachweisen muss. Bis dahin gilt er als unschuldig. Aber darum geht es den Politikern der Union nicht. Sie werden versuchen, Scholz und andere mit Fragen zu bombardieren, die schon zuvor gestellt und beantwortet wurden. Und die nichts gebracht haben, außer, dass die Medien, Radio, Fernsehen, Zeitungen, das Internet darüber berichteten. So wird das wieder sein. Die Vorwürfe werden veröffentlicht mit Fotos der Betroffenen, mit Schlagzeilen, mit Kommentaren versehen. All dies soll dazu beitragen, die Glaubwürdigkeit des Bundeskanzlers zu untergraben. Im Herbst sind Landtagswahlen in Hessen und in Bayern, da will man den Boden bereiten für den Wahlkampf, damit die eigenen Leute gewählt werden und damit nicht durch einen Machtwechsel in Wiesbaden die Mehrheit im Bundesrat sich zugunsten der Ampel verändert. Darum geht es, Herr Merz, nur darum. Alles andere, und jetzt zitiere ich den Unions-Chef, wie er sich gegenüber Scholz geäußert hatte, nehme ich ihm nicht ab. Es ist Heuchelei.