Was bleibt von Lützerath? Und was folgt nach Menschenketten, Sitzblockaden, Wegtragen, Räumen, dem Abriss der letzten 7 Häuser, dem Besetzen der Grünen-Parteizentrale? Dass die Grünen-Partei ein Problem mit den Klima-Aktivisten haben, war vorauszusehen. Das ist so, wenn man von einer Protestbewegung zu einer Partei wird, die gestalten, die regieren will, dann folgt dem zwanghaft die Übernahme von politischer Verantwortung. Die Grünen haben gemerkt, was die SPD schon mehrfach hinter sich hat: die Leute, die sie früher, als sie noch in der Opposition waren, auf die Bäume gejagt haben, werfen ihnen heute, da sie als Regierungspartei Kompromisse mit dem Energie-Giganten RWE geschlossen haben, Braunkohle-Briketts vor die Türen ihrer Parteizentrale.
Die Zukunft gewinnen
So ist das, aber daraus müssen die Grünen Konsequenzen ziehen und auch die Klimaaktivisten. Denn Lützerath hin oder her, das Thema ist so gut wie abgeschlossen, jetzt darf man sich nicht länger damit beschäftigen, was man verhindern wollte, sondern womit die Zukunft gestaltet werden soll. Sie alle, wir alle müssen die Kräfte darauf verwenden, in die erneuerbaren Energien zu investieren, das ist die Zukunft. Und die zu gewinnen, kann am Ende ein schöneres, weil sauberes Leben bedeuten, aber der Weg dahin ist nicht leicht. Und er bedeutet auch Verzicht.
Die Debatte ist eigentlich überfällig, sie hätte schon vor Jahren unter der Kanzlerin Angela Merkel(CDU) geführt werden müssen, aber die langjährige Regierungschefin begnügte sich allzugern mit dem feinen Titel „Klima-Kanzlerin“, ohne wirklich diese nötige Debatte anzustoßen. Sonst wären wir mit der Wind- und Sonnenenergie weiter, mit der Geothermie, mit Photovoltaik, um nur einige Bereiche zu nennen. Wir alle haben ja längst teils am eigenen Leib gespürt, wie die Klimaveränderung das Leben verändert, wie Überschwemmungen ganze Dörfer nicht nur bedrohen, sondern fast vernichten, wir haben gemerkt, wie Hitze und ausbleibender Regen zu Dürren in unseren Breiten führen, derer wir nicht mehr Herr werden können. Wir müssen darüber die Debatte führen, was wir bereit sind, für die Einhaltung der hoch gesteckten Klimaziele zu ändern. Es muss jedem klar werden, dass wir nicht mehr so weiterleben können wie bisher.
In Deutschland darf man gegen fast alles demonstrieren. Es herrscht Meinungs-, Versammlungs-, Pressefreiheit. Das ist ein weiter Raum, der allen zur Verfügung steht. Und das ist gut so. Es gibt im Grunde nur eine Einschränkung: der Protest muss gewaltfrei sein und bleiben, dazu gehört nicht, dass man Steine oder Molotow-Cocktails gegen Polizisten und Feuerwehrleute wirft. Wer gegen andere Personen Feuerwerkskörper abfeuert, muss wissen, dass er damit Menschenleben gefährdet. Das ist so und das ist strafbar. Das weiß ein jeder. Und wer so gewalttätig wird bei Demonstrationen, läuft Gefahr, als kriminell eingestuft zu werden, er beschädigt das hohe Ziel der überwiegenden Mehrheit der Demonstranten, die allein wegen des gefährdeten Klimas auf die Straße gehen. Und das Klima ist mehr als gefährdet, es wird erhitzt durch Menschenhand. Deshalb die Aktivistinnen und Aktivisten, deshalb kämpfen sie dafür, dass die Erderwärmung beim kritischen Wert von 1,5 Grad eingehalten wird. Sie kämpfen dafür, weil wir sonst unseren schönen Planeten zerstören und ihn unbewohnbar machen für unsere Kinder und Kindes-Kinder.
Weniger fossile Energie
Jedem ist klar, dass wir weniger Braunkohle verfeuern müssen. Je früher wir damit beginnen und je früher wir aus dieser Energie aussteigen, umso besser. Dass die Braunkohle klimaschädlich ist, wissen wir. Wir wissen, dass wir überhaupt weniger fossile Energie verbrauchen müssen. Drum sind wir ja auch ausgestiegen aus der Steinkohle, drum ist Gas eine Übergangsenergie, die wir aber brauchen, wenn es an Wind und Sonne fehlt. Wir wissen, was in der Vergangenheit alles falsch gelaufen ist und sollten uns dabei aber nicht zu lange aufhalten, anderen Vorwürfe zu machen. Besser wir handeln: also weniger Auto fahren, langsamer fahren, ein Tempo-Limit muss her, die Verkehrswende muss endlich umgesetzt werden. Wir müssen auch weniger fliegen. Es ist ein Unding, wenn man gerade in den Zeitungen liest, dass die meisten Flüge bei Strecken von 300 Kilometern gemacht werden. Da sind Züge doch besser, schneller, umweltfreundlicher. Nur sie müssen auch fahren, pünktlich, mit intakten Toiletten, mit Bistros, Restaurants. Lächerlich, Herr Verkehrsminister, wenn das nicht funktioniert.
Unser Leben wird sich ändern
Wir müssen auch weniger Strom verbrauchen. Wir gehen ja schon sparsamer mit Gas um, seit Putin uns den Gashahn zudreht oder selbige Energie zum Gold-Preis verkaufen will. Ja, wir müssen, auch da haben die Grünen schon vor Jahren den Finger in die Wunde gelegt, mehr Rücksicht auf die Natur legen, also weniger Naturflächen versiegeln, Flüssen mehr Platz geben. Es ist alles nicht neu, was hier gefordert wird. Es muss nur gemacht werden, ein Ende der Sonntagsreden wäre ein Segen, unser Leben wird sich ändern müssen. Das muss deswegen nicht schlechter werden, wenn unsere Umwelt und wir alle von diesen Veränderungen profitieren.
Nur muss jedem klar sein: ein noch so klug formuliertes Gesetz zum Kohle-Ausstieg allein erzeugt keine einzige Kilowattstunde Strom. Würden, so wie es die Klima-Aktivisten teils fordern, schon jetzt die riesigen Schaufelradbagger im rheinischen Braunkohlerevier ihren Betrieb einstellen, wäre das zwar gut fürs Klima, aber schlecht für die Republik, für die Industrie, die Arbeitsplätze, ja unser aller Leben. Wir müssen umsteigen auf andere Energien, die in Windparks und Solarflächen entstehen. Dazu braucht es dringend den Bau von Tausenden von Kilometern neuer Leitungen, auch in Bayern, Herr Söder. Ihr Amtsvorgänger, Horst Seehofer, war damals leider vor dem Widerstand der Bauern eingeknickt. Klimafreundlich, das sagt sich leicht, aber es kommt nicht von selbst.
Die Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten werden gebraucht, sie werden gebraucht, um Druck auf jene auszuüben, die sich gegen erneuerbare Energien stemmen, sie werden gebraucht, damit der Umstieg von der Braunkohle nicht ins Stocken gerät. Ich weiß, es ist leichter, gegen etwas zu protestieren. Aber hier gilt es, die Kräfte für etwas Neues zu bündeln, wenn Landesregierungen weiter gegen die Einrichtung von Windparks sind. Wer die Braunkohle überwinden will, muss sich für die Alternative einsetzen und das sind die erneuerbaren Energien, Das wird ein harter Kampf, der sich aber lohnt. Und wenn der gelingt, kann man sagen, dass sich der Widerstand in Lützerath gelohnt hat.