Die deutsche Wirtschaft ist international außerordentlich konkurrenzfähig. Der Blick auf die Entwicklung des Außenhandels spiegelt dies deutlich wider: 2014 wurden Waren “made in Germany“ im Wert von über 1.100 Mrd. € exportiert. Im 1. Halbjahr 2015 waren es fast 600 Mrd. €. Rund 70 % der Ausfuhren gingen in europäische Länder, gut 60 % allein in EU-Partnerstaaten.
Der Blick nach China zeigt, dass im vergangenen Jahr deutsche Produkte für gut 74 Mrd. € dort verkauft wurden, im 1. Halbjahr 2015 für 36 Mrd. €. Dies sind gerade einmal rund 6 % aller deutschen Exporte.
Nach wie vor der größte Markt der Welt
Angesichts dieser Zahlen erscheinen die Sorgen, die nun landauf, landab manche deutsche Unternehmer, Politiker und Wissenschaftler über die wirtschaftliche Entwicklung in China äußern, ohne Zweifel stark übertrieben. Das “Reich der Mitte“ ist mit seinen etwa 1,4 Mrd. Einwohnern gewiss ein großer und verlockender Markt. Die chinesische Volkswirtschaft hat sich in den letzten Jahren auch außerordentlich dynamisch entwickelt. Dem Schwellenland von einst ist der Sprung auf ein höheres Niveau gelungen. Die Raten des wirtschaftlichen Wachstums lagen in der Vergangenheit bei gut 7, ja 8 % und höher. Jetzt wird für das laufende Jahr bestenfalls eine Steigerung des chinesischen Bruttoinlandsproduktes um 6,9 % erwartet. Von einem dramatischen Einbruch ist China damit noch meilenweit entfernt. Nur zum Vergleich mag angemerkt sein, dass das wirtschaftliche Wachstum in Deutschland eher bei 1,7 % denn bei 1,8 % in 2015 liegen wird und alle Experten angesichts dieser mageren Zahl verkünden, der Aufschwung gehe hierzulande weiter.
Vor einem gigantischen Umstrukturierungsprozess
China ist nach den USA inzwischen die zweitgrößte Wirtschaftsnation der Welt. Das Land steckt in einem gewaltigen Umstrukturierungsprozess. Die Billig-Produktionen von einst gehen zurück, chinesische Massenwaren lassen sich nicht mehr konkurrenzfähig fertigen. Vielmehr muss auf hightech, auf höherwertige Produkte, auf industrienahe Dienstleistungen usw. umgesteuert werden. Die Umweltprobleme sind zu lösen. Die Herausforderungen der Urbanisierung stellen hohe Ansprüche an Staat und Wirtschaft, damit die vielen Millionen-Städte auf Dauer lebensfähig bleiben können und nicht im Smog ersticken. Zudem wird jeder kluge Rechner schnell begreifen, dass 6 oder 7 % bei einer bottom-up-Kalkulation noch ein gewaltiger Zuwachs in realen Werten bedeutet, denn die chinesische Volkswirtschaft hat inzwischen ein beachtliches Volumen erreicht.
Neue Chancen für deutsche Firmen
Die deutschen Firmen müssen sich auf die Umstrukturierung der chinesischen Volkswirtschaft einstellen. Diese ist von der Führung in Peking gewollt und wird mit großem Engagement auf allen Ebenen betrieben. Das betrifft den Energiesektor ebenso wie den gesamten Umweltbereich, wo Öko-Produkte mehr und mehr Vorfahrt erhalten. Qualitatives Wachstum, das die volkswirtschaftlichen Kosten reduziert, ist das große Ziel. Um dies zu erreichen, sucht China Verbündete – auch in Europa. Einige chinesische Städte wollen gerade mit deutschen Städten Allianzen schließen und eng kooperieren. Foshan, eine Millionen-Metropole in der Provinz Guangdong, geht dabei pionierhaft voran. Jammern ist bekanntlich der Gruß der Kaufleute. Doch die Klagemauer bietet für dynamische Unternehmer keinen guten Standort. Die chinesischen Wachstumsraten werden in Zukunft geringer ausfallen. Die Exporte nach China werden damit wohl auch nicht mehr mit der Dynamik der Vergangenheit laufen. Doch neue Chancen tun sich auf – vor allem für jene, die mehr auf Qualität denn auf Quantität setzen. Es gibt also keinen Grund, jetzt Trübsal über Stellen nach dem Komma bei den Zuwächsen des chinesischen Bruttoinlandsproduktes zu blasen.
Bildquelle: Wikipedia, Daniel Berthold, CC BY-SA 3.0