Der Stadt Köln steht ein heißer Sonntag bevor. Politiker, Polizei und Bürger schauen voller Sorge auf eine angekündigte Demonstration, bei der nach jetziger Schätzung 15 000 Türken die Rettung der Demokratie durch die Niederschlagung des Militärputsches feiern wollen. Der erklärte Held wird dabei Präsident Erdogan sein, der den Putschversuch nutzte, um die Demokratie in der Türkei noch weiter auszuhebeln.
Dass der Auflauf zu einer Machtdemonstration für den Autokraten im Präsidentenamt wird, dafür steht der Veranstalter, die „Union Europäisch-Türkischer Demokraten“ (UETD). Hinter ihr versteckt sich nichts anderes als eine Lobbygruppe für Erdogans Partei AKP, die in vielen europäischen Ländern für deren Interessen wirbt und in der Vergangenheit schon mehrere Wahlkampfauftritte für Erdogan in Deutschland organisiert hat.
Hannelore Kraft warnt
Dass auch jetzt wieder machtvoll Stimmung für Erdogans Verfolgung seiner Gegner in der Türkei gemacht werden soll, ist für die UETD nur eine „maßlose und unverschämte“ Kritik. Aber sehr wohl ist der deutschen Politik bewusst, dass die innenpolitischen Konflikte der Türkei durch den Arm der AKP gezielt in die türkische Gemeinschaft im Ausland verlagert werden und als Unterstützung für Erdogan zurück an den Bosporus gesendet werden sollen. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat deshalb eindringlich gewarnt, die Demo nicht zu nutzen, um die innertürkischen Konflikte in NRW auszutragen. Viele fürchten, dass das ein frommer Wunsch bleibt.
Für viele Kölner ist unverständlich, dass diese Provokation nicht verboten werden kann. In Leserbriefen und Netzwerken fragen sie, ob diese innertürkische Machtdemonstration wirklich durch das Demonstrationsrecht als selbstverständlich hingenommen werden muss. Sie fragen es umso mehr, weil dieses Demonstrationsrecht in der Türkei nicht viel gilt. Andererseits unterscheidet gerade die Selbstverständlichkeit dieses Rechts eine demokratische Gesellschaft von der autokratischen Gesellschaft, zu der Erdogan die Türkei gemacht hat. Dennoch sehen es besorgte Bürger in ihren Kommentaren als Unverschämtheit, dass der Arm der AKP hier ein Recht nutzt, das in der Türkei nicht gewährt wird, schon gar nicht, seit der Ausnahmezustand ausgerufen ist.
Polizei in der Domstadt angespannt
Und inhaltlich ist es von besonderer Brisanz, wenn in diesem Bekenntnis zu Erdogans Politik auf bundesrepublikanischem Boden eine Stimmung mitschwingt, die die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei für Volkes Stimme ausgibt.
Dass ausgerechnet Köln immer wieder zu Aufläufen für Erdogan genutzt wird, hängt auch damit zusammen, dass die UETD dort ihren europäischen Hauptsitz hat. Darüber hinaus ist die Anhängerschaft Erdogans unter den in NRW lebenden Türken signifikant hoch. Mehr als Dreiviertel der in NRW lebenden Türken wählten ihn bei der Präsidentschaftswahl 2014.
Die Sorgen vor Gewalt am Sonntag sind groß. Selbst wenn die UETD als Veranstalter beschwichtigt, ist die Kölner Polizei sehr angespannt. Zumal sich einige Gegendemonstrationen angekündigt haben. Vor allem aber scheint klar, dass eine solche Machtdemonstration die Gräben in der deutsch-türkischen Gemeinschaft eher vertieft als verringert. Das befürchten nicht nur deutsche Politiker wie der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka. Auch die kurdische Gemeinschaft in Deutschland geht davon aus, dass der Sonntag dazu geeignet ist, die türkische Bevölkerung in Deutschland weiter zu spalten.
Bildquelle: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)