Es vergeht kein Tag, an dem Donald Trump nicht den Filzstift schwingt. Ein Dekret nach dem anderen unterzeichnete er großspurig unter den Augen wechselnder Fans, inzwischen sind es hunderte.
Bildungsministerium schließen, zehntausende Beamte entlassen, Entwicklungshilfe stoppen, Beiträge für internationale Gesundheitsprogramme einstellen – die Liste der Horroraktionen ist inzwischen lang und wird immer länger. Dass dabei schon mal etwas schiefgeht, wie die Entlassung der Fluglotsen, ist kalkuliert. Chaos hat immer auch etwas Gutes, wenn man den Widerstand geringhalten will. Die Betroffenen müssen sich quasi unmittelbar um ihr Leben kümmern, da bleibt keine Zeit für Widerstand. Auch die Gerichte kommen kaum nach, die vielen Anträge gegen die Willkürdekrete zu bearbeiten. Die Trumpschen Wahnsinnsideen der Agenda 2025 werden zum Teil gestoppt, zum Teil mit aufschiebender Wirkung. Aber die Botschaft ist gesetzt: Wir wollen dich nicht mehr, wir wollen nicht mehr zahlen, wir sind nicht mehr Teil von Gemeinschaften. WHO, USAID, Voice of America – kann alles weg.
Die Geschichte soll neu geschrieben werden, die Landkarten geändert, die Bündnisse gekündigt, alte Freundschaften beendet. Noch tiefgreifender ist der Eingriff in die Freiheiten: Universitäten und Forschungseinrichtungen werden die Gelder gestrichen, wenn sie nicht auf Trumps Kurs schwenken. Eine lange Liste mit verbotenen Wörtern wird verteilt; wer noch für Frauengesundheit oder über Rassismus forschen will, soll das woanders tun – nicht mehr in den USA. Über einen klaren Verfassungsbruch, wie etwa eine dritte Amtszeit, wird einfach geplaudert, als ginge es um Teesorten.
Dieser rechtsradikale Albtraum, der gerade in den USA vollzogen wird, wird sehr genau beobachtet. Von allen rechtsextremen Parteien in der Welt, auch von der AfD.
Viele Beobachter haben sich gefragt, warum die AfD nicht längst auf dem Weg von Marine Le Pen oder Giorgia Meloni ist, warum sie sich eher radikaler präsentiert, anstatt eine konservative Charme-Offensive zu starten.
Die Antwort liegt auf der Hand: Die Führung der AfD ist überzeugt, dass sie mit diesem Kurs gestalterische Mehrheiten erzielen wird. Und wer die Wahlen zum Bundestag anschaut, weiß, dass sie nicht mehr lange davon entfernt sind, den nächsten Schritt zu tun und in einem Bundesland eine absolute Mehrheit zu holen. In Sachsen-Anhalt wird 2026 gewählt, bei der Bundestagswahl erzielte die AfD dort über 40 %, das gleiche Szenario gilt für Mecklenburg-Vorpommern.
Manche Beobachter glauben nun zu wissen, dass Landtagswahlen anders sind, dass die Persönlichkeiten der Ministerpräsidenten viel ausmachen werden. Das ist so ein bisschen wie das Pfeifen im Walde, in der Hoffnung, dass die lauernden wilden Tiere einen nicht fressen. Wohlmöglich ein fataler Trugschluss. In einem Jahr wird die Politik der neuen Bundesregierung ausgerollt sein und es wird erkennbar werden, was von den Wahlversprechungen übrig geblieben ist, die vor allem die CDU/CSU gemacht hat. Die wirtschaftliche Situation in Deutschland wird sich noch nicht nachhaltig erholen, angesichts der Folgen der amerikanischen Handelspolitik für die Weltmärkte. Massive Unternehmenssteuersenkungen und ein nachhaltiger Bürokratieabbau wird es aller Voraussicht nach nicht geben.
Viel Angriffsfläche für die AfD. Sie wird die angeblichen Kartellparteien vor sich hertreiben, Fakten leugnen, Zusammenhänge verkürzen und verdrehen und immer weiter so tun, als hätten sie die einzig seligmachende Wahrheit.
Auch wenn – wie in der Weidel-Rede von Riesa, Windkraftverbot und ProfessorInnenrauswurf – die widerrechtlichen Verbotsfantasien postuliert werden, schmälert das den Erfolg der Rechtsextremen nicht.
Die demokratischen Parteien müssen sich schleunigst bewusstwerden, was da passiert. Das Verhalten zwischen Regierung und demokratischer Opposition muss sich massiv verändern. Jeder und jedem Handelnden sollte klar sein, dass die Rechtsextremen jeden Widerspruch, jede unsachliche Kritik, jedes Lästern nutzen werden, um das gesamte System lächerlich zu machen. Die politische Kultur zwischen den Parteien muss sich ändern, um den Rechten keine Vorlagen zu liefern. Eine Opposition wie die CDU/CSU in den vergangenen dreieinhalb Jahren kann sich das Land und das demokratische System nicht mehr leisten.
Auf die neue Bundesregierung kommt ebenfalls eine Menge Verantwortung zu. Die künftigen MinisterInnen werden ziemlich viel zu tun haben: Die Investitionen tätigen, die Genehmigungen beschleunigen, die aufkommenden Hindernisse beseitigen und das Ganze auch noch transparent kommunizieren. Es wird nur wenig Chancen geben, dass etwas nicht gelingt, das sollte jeder und jedem in Berlin klar sein.
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