Mit der Persönlichkeit Donald Trumps haben sich schon unendlich viele Beobachter auseinandergesetzt, auch ich selbst. Zweck dieser Analysen war zumeist der Versuch einer Verhaltensprognose für die Zeit seiner Machtausübung. Da es sich bei den allermeisten Beiträgen genauso um Ferndiagnosen handelt wie hier bei meinen Aussagen, also um Meinungen ohne wissenschaftliche Beweiskraft, sehe ich keinen Grund, meine Schlussfolgerungen nicht in den öffentlichen Diskurs einzubringen.
Was also ist mein Bild dieses Mannes und was meine Erwartung?
Ich sehe da eine absolut egozentrierte Person, die in ihrer Performance 2 Oberziele verfolgt:
– die eigene globale Wichtigkeit tagtäglich unter Beweis zu stellen
– bestehende und selbst initiierte Konfliktfelder stets als Sieger zu verlassen.
Wenn man sich auf dieser Grundlage fragt, was kommen könnte, klingt manches fast selbstverständlich wie Satire – aber wer ist da überrascht?
Das erste Ziel ist schon jetzt tagtäglich zu beobachten. Möglicherweise gibt es in seinem Team Leute, die ihm jeden Tag einen Satz, einen Vorschlag. eine Beleidigung, eine Lüge, einen Tabu-Bruch oder jedenfalls etwas in dieser Art vorschlagen mit dem Ziel, Aufmerksamkeit und Aufregung zu erzeugen und in die Schlagzeilen und auf die Bildschirme zu kommen. Trump möchte die nationale und globale Agenda konkurrenzlos bestimmen; alle sollen über ihn reden – selbst wenn sie den Kopf schütteln.
Wir Normalmenschen in Kleinstaaten sollten uns also darauf einstellen, dass da nach den US-Ansprüchen auf Grönland, Panama-Kanal und Kanada, auf 5%ige Rüstungsbudgets, nach Forderungen auf Abriss europäischer Windanlagen und Kauf amerikanischen Fracking-Gases noch vieles kommt wie zum Beispiel die Forderung, Ramstein als exterritoriales US-Territorium abzutreten und Leute wie Starmer und Scholz ins Gefängnis zu stecken und Alice Weidel zur Kanzlerin zu machen.
Zum Handwerk des Trump-Teams wird auch das Streuen von Gerüchten gehören, die Trump in den Mittelpunkt stellen, z.B. Scheidungsgerüchte oder Nobelpreisnominierungen. Wäre es für Trumps Griff nach Grönland wegen nationaler Sicherheit nicht vorteilhaft, ein Gerücht in die Welt zu setzen, Russland verfolge dort militärische Interessen? Ein Dementi aus Moskau wäre leicht zu entkräften, da Moskau stets lügt, bis es angreift. Für die Boulevardpresse und entsprechende TV-Sender wird das Gerücht wochenlang Substanz liefern, dass zwischen Donald und Giorgia M. mehr ist als eine Staatsaffäre. Apropos Friedensnobelpreis: Trump könnte öffentlich beklagen, dass der Preis unangemessen niedrig sei; Musk könnte dann „spontan“ eine Verdreifachung der Preisdotierung anbieten. Das würde wiederum wochenlang alle Medien beschäftigen mit der Frage, ob da nicht der Friedens-Nobelpreis Trump-würdig ausgestattet werden soll. Und natürlich stehen Mengen von vorschlagsberechtigten Personen bereit, Trump auf die Vorschlagsliste zu setzen – natürlich erst, wenn zu seinem 2. Oberziel entsprechende Heldentaten vollbracht wurden.
Heldentaten! Siege! Was könnte das sein?
Da Trump nur wenig Zeit zu brauchen behauptet, um den Ukrainekrieg zu beenden, wird er sich alsbald mit Putin treffen. Nach intensiven Gesprächen auf allen Ebenen könnte es dann zu einem bilateralen Entscheidungstreffen kommen. Trump könnte es insbesondere im Nachhinein als genialen Schachzug preisen, Putins Einladung nach Jalta gefolgt zu sein. Denn das geheim vorverhandelte Ergebnis wäre ganz nach Trumps Geschmack – ein Riesenerfolg seiner „Kunst des Deals“: Putin behalte nur die Krim, verzichte aber auf die Ukraine und – das wäre dann seine, Trumps, historische Großtat – auf alle Ansprüche auf amerikanisches Territorium einschließlich Grönland und Nordpol – so jedenfalls Trumps Darstellung für seine jubelnden Anhänger nach dem Treffen. Im Interesse der Menschen, des Friedens und geschichtlicher Gerechtigkeit werde die Ukraine Teil von Belarus und damit der russischen Diktatur entzogen bleiben.
Trump dürfte nach einem solchen Erfolg dänische Proteste ignorierend auch darauf hinweisen, dass MAGA so seine buchstäbliche Erfüllung finde, da Grönland die USA um 2 Mio. km² größer machen werde. Amerika werde sicherer und die Amerikaner könnten wieder ruhig schlafen wie damals, als er in Singapur Kim Jong-on als Freund gewonnen habe.
Eine andere Großtaten könnte die Wiedervereinigung Chinas sein, von Trump als weiteres Beispiel eines genialen Deals vermittelt. Die geniale Lösung wäre ein Kompromiss: Taiwan übernähme Festlandchina und Xis politische Organisation die Regierung dieses neuen China. Nach der Einigung könnten die Freunde Don und Jing-ping eine gemeinsame Kreuzfahrt durch Trumps Panamakanal ankündigen, die beide nach Taipeh bringen würde.
Da würde der Ruf nach dem Friedensnobelpreis nicht länger auf sich warten lassen.
Genial könnte auch Trumps Lösung des Palästinakonfliktes sein. Trump könnte in Gaza einen neuen Golfplatz anlegen lassen, auf dem er sich mit Freund Netanjahu treffen würde. Donald würde Bibi mit seiner Autorität und seinem sprichwörtlichen Charm von der Zwei-Staatenlösung überzeugen. Man könnte übereinkommen, den Palästinenserstaat östlich des Euphrat im Nordosten Syriens einzurichten, sobald Erdogan das Gelände von dort lebenden Terroristen gesäubert hat.
Im Lichte, ja im Glanz solcher Erfolge könnte es auch Trump auffallen, wie logisch Australien und Neuseeland Teile eines pazifisch orientierten Amerikas wären. Wer will ausschließen, dass dieser Gedanke in einer seiner nächsten großen Reden auftaucht? An diesem Blog-Beitrag wird es nicht gelegen haben – dazu ist Trump selbst, sein Freund Musk und das Team MAGA viel zu kreativ, den Stoff zu finden, aus dem man dem Präsidenten einen Caesaren-Mantel weben kann. Trump soll kürzlich gesagt haben – und ich hoffe, dass mein Zitat ihn nicht versehentlich abwertet – er sei der Mittelpunkt des Universums – wir dürfen erwarten, dass er das noch bewiesen wird!