Das hätte ich mir auch nie erträumen lassen, einmal einen USA-Präsidenten quasi auf eine Linie mit einem russischen Diktator namens Putin zu stellen. Aber so ist es gekommen, Donald Trump will einen Deal mit dem Kreml-Herrscher, Geschäfte machen, mit Friedensbemühungen hat das wenig bis nichts zu tun. Einen Diktatfrieden hätte man so etwas früher genannt, nur ist der Diktator in diesem Fall der Amerikaner, der seinem russischen Kollegen, darf man sagen, die Schmutzarbeit abnimmt und die Ukraine zwingen will, dem zuzustimmen. Der Aggressor wird belohnt, das Opfer muss zahlen. Diese Verkehrung der Tatsachen hatte sich ja schon spätestens beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyi im Weißen Haus abgezeichnet, als Trump schließlich den Gast rauswarf. Je länger man einen Trump als US-Präsidenten erlebt, je mehr könnte man zum Fan von Ronald Reagan werden.
Wer es damals nicht glauben wollte, hat es jetzt schwarz auf weiß. Der US-Präsident macht mit Putin einen Deal, ohne dass er mit dem Ukrainer gesprochen hat. Motto: Vogel friss oder stirb. Und während wir uns noch die Köpfe heiß reden, lässt der russische Präsident weiter Teile der Ukraine bombardieren, private Häuser in Schutt und Asche legen, es kommt wieder zu Toten. Und immerhin wird Trump mit den Worten zitiert: Stopp, Wladimir! Oder so ähnlich. Man muss es auch gar nicht genau wissen. Trump vertritt ohnehin nicht die Interessen der Menschen in Kiew, sondern er sieht nur seine eigenen Geschäfte dort, will seltene Erden ausbeuten lassen für Amerika, und im übrigen denkt er daran, mit den Russen ins Reine zu kommen. Also Geschäfte zu machen, einen Deal oder deren zwei. Der Dollar rollt und mit ihm der Rubel. Und weil Trump den Kreml-Chef so schätzt-vielleicht beneidet er diesen sogar, dass der noch leichter als er ohne Parlament regieren, heißt diktieren, Kriege führen kann ohne Widerspruch-, sollen ja wohl auch die Sanktionen aufgehoben werden. Natürlich muss das so kommen, schließlich hat Trump Selenskyi verantwortlich für den Krieg gemacht und nicht Putin. Wenn es nicht so ernst wäre und schon so viele Tausend Tote gegeben hätte- über eine Million Soldaten sollen auf beiden Seiten gefallen sein- könnte man darüber lachen.
Es wäre eine Kapitulation
Frieden pervers, überschreibt die SZ ihren heutigen Leitartikel. Das ist es. Denn es ist ja kein ausgehandelter Frieden mit der überfallenen Ukraine, es ist ein schmutziges Geschäft des Ami mit dem Russen. Einfach widerlich. Es wäre eine Kapitulation, nichts anderes, käme es so. Die 2014 von Putin annektierte Krim soll russisch bleiben, hat Trump noch einmal nach Bekanntwerden eines Friedensabkommens namens Deal bekräftigt. Einfach so. Punkt. Die besetzten Gebiete in der Ukraine soll das überfallene Land ebenfalls abtreten an Russland. Trump will Kiew auch nicht in die NATO aufnehmen. Und selbst wenn Selenskyi und Co alles schlucken würden, was die beiden Herrscher da vereinbart haben, hat er keine Sicherheit, dass sich Putin damit endgültig zufrieden gibt. Die profane Wahrheit sei, schreibt der Autor des SZ-Kommentars weiter, „dass Trump die verblutenden Ukrainer weit weniger beschäftigen als sein Handicap beim Golf“. Der Amerikaner will sich aus Osteuropa zurückziehen, um sich auf die Zukunft und den Konflikt mit China zu stürzen. Und wenn bei allem noch der Rubel/Dollar rollt, macht es das doch nur noch schöner.
Ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg, der für Moskau zu einem Bombengeschäft werden könnte, wenn man mal außen vorlässt, dass in diesem von Putin selbst angezettelten Krieg knapp eine Million russischer Soldaten gefallen sein sollen. Und wenn dann nach einem Waffenstillstand ein paar Monate die Waffen schweigen, könnten sich Russlands Truppen wieder erholen, es könnte sein Waffen-Arsenal aufgefrischt haben und sich dann den Rest der Ukraine schnappen. Wer will das verhindern? Amerika ist mit anderen Deals beschäftigt, Europa diskutiert noch, wie man die ganze Aufrüstung organisieren will, wer wie viele Soldaten stellen muss aus den Reihen Europas, um Russland Paroli zu bieten. Wir reden in Europa noch über Kosten, über die Anteile der Europäer an ihrer eigenen Verteidigung, hier in Deutschland streiten wir über Wehr-oder Dienstpflicht, lehnen die ersten jungen Männer schon einen Dienst an der Waffe ab, dabei hat sie bisher niemand aufgefordert, selbiges zu leisten.
Als wäre Deutschland es nicht wert, dass man es verteidigte! Als hätten wir hier nichts zu verlieren! Dabei sind es hohe, höchste Werte, die wir haben, die uns die Amerikaner beigebracht haben, nämlich Demokratie, dieselben Amerikaner, die jetzt durch ihren Präsidenten diese Werte verraten. Demokratie, Freiheit, Pressefreiheit, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, nicht zu vergessen freie Wahlen, Unabhängigkeit der Justiz. Und über allem steht in unserem Grundgesetz: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Und trotz allem erklärt so ein jüngerer Zeitgenosse, dass er dafür sein Leben nicht hergebe. Fehlt nur noch der Spruch: Lieber rot als tot. Dem sage ich laut und vernehmlich: Niemals. Niemals. Niemals.
Erst Kiew, dann Moldau, das Baltikum
Übrigens: Und wenn Putin nach einer Eroberung der Rest-Ukraine wieder Lust und Kraft dazu hat, wird er sich die kleine Moldau schnappen. Dafür reichen ein paar Hundertschaften, Panzer, Bomben, Drohnen. Und weg ist das unabhängige Ländchen. Und wie sieht es dann eigentlich mit dem Baltikum aus? Nur weil es in der NATO ist, gibt es doch keine Garantie, dass man Estland, Litauen und Lettland mit aller Macht verteidigt gegen einen möglichen Angriff der Russen. Mit der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern? Die Bundeswehr würde es allein nicht schaffen, sie hat zu wenige Soldaten, ihre Panzer stehen auf dem Schrottplatz, ihre Flugzeuge fliegen nicht, die Gewehre sind kaum tauglich.
Wer erinnert sich noch an die Flucht der Amerikaner und der anderen-auch der Deutschen- aus Afghanistan? Wer das gesehen hat, wird eh nicht mehr daran glauben, dass die Amerikaner irgendeinem außerhalb ihres Hoheitsgebietes helfen werden. Fluchtartig haben sie das Land verlassen vor den Taliban. Mein Gott, war das erbärmlich. Die Afghanen schrien vor Angst und mussten fast alle zurückbleiben in ihrer Heimat, wo die Taliban auf sie warteten, um mit ihnen abzurechnen, weil sie für die Amis und die Deutschen und die anderen gearbeitet hatten. Es passt ins Bild, dass die CDU diese Flüge mit Afghanen nach Deutschland heute ablehnt. Wohl aus Sicherheit. Oder weil wir schon zu viele Flüchtlinge aus Kabul und Umgebung haben? Dass die mal für uns gearbeitet haben und die Amis, geschenkt, oder? Trump jedenfalls juckt das alles nicht. Er will Amerika great again machen. Und überhaupt: Wo ist der Deal, sein Deal oder der seiner amerikanischen Milliardärs-Freunde?
Dass sich Trump und Putin so gut verstehen, mag damit zusammenhängen, dass sie ähnliche Typen sind, zum Beispiel notorische Lügner. Der Russe hat von Anfang an ein falsches Spiel bezüglich der Ukraine gespielt. Er hat immer wieder die Welt-Öffentlichkeit und auch seine eigenen Landsleute belogen, dass Russland sich wehren müsste gegen den Nachbar. Gegen die Neonazis in Kiew. Der Riese gegen den Zwerg. Putin kann man einen Verbrecher nennen. Er ist verantwortlich für all die Verbrechen, die seine Soldaten in der Ukraine angerichtet haben. Die Bilder von Buchta sind nicht vergessen. Frauen wurden vergewaltigt und abgeschlachtet wie Vieh, Kinder wurden entführt. Und dieser Verbrecher, der einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat, soll jetzt für diese Verbrechen noch belohnt werden. Dass sein Außenminister Lawrow davon spricht, bei dem Friedensplan-er meint den Deal- müssten noch einiges Sachen justiert werden- es klingt wie Hohn.
Das Recht des Stärkeren
Wir müssen uns endlich daran gewöhnen, dass Trump es nicht gut meint mit Europa. Er hat mit der NATO nichts mehr im Sinn. Sehen wir das endlich ein! Der hilft nicht der Ukraine und nicht dem Baltikum, nicht Polen, nicht uns, der denkt nur an sich, an den Deal, den Dollar. Der Stärkere hat nach Trump immer recht, die Stärke des Rechts spielt keine Rolle. Deshalb wirft er der Ukraine und Selenskyi vor, sie hätten, weil sie das viel kleinere und militärisch völlig unterlegene Land sind, der Atommacht, der einstigen Weltmacht Russland nie die Invasion ins Land verwehren dürfen, sie hätten quasi Putins Armee mit Fahnen bejubeln müssen. Der Mann im Kreml träumt von der Wiedergeburt der alten Sowjetunion. Und Trump stimmt ihm zu und wirft Kiew vor, dass man sich gewehrt habe gegen den übermächtigen Gegner. Diese Argumentation ist so schräg, so falsch, so niederträchtig, es ist die Gedankenwelt eines Amerikaners namens Trump.
Donald Trump ist keiner von uns. Wenn es den Westen noch geben sollte mit all den Werten, über die ich oben geschrieben habe, Trump gehört nicht dazu. Der lacht uns eher aus und fragt uns nach dem Deal, dem Sinn dessen, was wir da von ihm wollten. Die Europäer müssen das endlich begreifen, sie müssen sich, wir alle müssen uns zusammenschließen, die Demokraten des Westens, es wird dauern, es wird viel Geld kosten, viel Mühe und Überredungskunst, aber nur zusammen haben wir eine Chance, uns gegen das imperiale Russland zu verteidigen. Es geht um die Friedensordnung auf diesem Kontinent, die Putin vor gut drei Jahren angegriffen hat mit der Invasion der Ukraine. Diese Friedensordnung will Putin zerstören. Unsere Art zu leben, frei zu diskutieren, frei zu wählen und zu reisen. Putin darf sich nicht durchsetzen mit diesem infamen Plan, den er einen Frieden nennt, was er auf keinen Fall ist. Man kann nur hoffen, dass Europas Staaten dem entgegentreten. Es geht nicht nur um die Ukraine, es geht um Europa. Und das müssen wir allein schaffen, das Amerika von Trump hilft uns dabei nicht mehr. Europa muss sich aufraffen, um den Frieden zu sichern.
Bildquelle: kremlin.ru, CC BY 4.0