Am 22. Mai wird der Bundestag mit der Mehrheit von CDU/ CSU und SPD das Gesetz zur Regelung der Tarifeinheit beschließen. Die Initiatoren – allen voran Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles – wollen damit die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie dauerhaft sichern.
Angesichts der jüngsten Streikaktionen der Pilotengewerkschaft Cockpit und vor allem der Gewerkschaft der Lokomotivführer GDL findet dieses Gesetzesvorhaben große Aufmerksamkeit. Nicht wenige Fluggäste und noch mehr Bahnfahrer waren von den Eskapaden dieser Mini-Gewerkschaften, die den Flugverkehr und das Bahnfahren zum Erliegen brachten, massiv betroffen. So viel Streik hat Deutschland zuvor nie erlebt; auch die wirtschaftlichen Schäden sind beachtlich.
Aus den Reihen der Arbeitgeber rief man laut nach einer gesetzlichen Regelung, um solche Aktionen kleiner Gewerkschaften in Zukunft zu verhindern. Auch den großen Gewerkschaften, allen voran dem DGB, sind diese streiklustigen Mini-Hechte ein Dorn im Auge; auch sie pochten auf das Handeln des Gesetzgebers, wie es bereits im Koalitionsvertrag von CDU/ CSU und SPD vereinbart worden war.
Der Tarifpluralismus soll mit dem neuen Gesetz in geordnete Bahnen gelenkt werden. Dabei soll es verschiedene Stufen geben, die von der Tarifpluralität über Tarifgemeinschaften bis hin zur Einführung des Mehrheitsprinzips für den Fall, dass sich in einem Betrieb die Tarifverträge überschneiden, reichen. Auch die Rechte der Minderheitsgewerkschaften sollen berücksichtigt werden. Über die Verhältnismäßigkeit eines Streiks sollen im Zweifel die Gerichte und nicht der Gesetzgeber befinden – so wie es bisher schon üblich war.
In den Koalitionsfraktionen gibt es gegen dieses neue Gesetz zur Regelung der Tarifeinheit einigen Widerstand. Auch kluge Verfassungsjuristen warnen vor diesem Schritt, ebenso “alte erfahrene Tarifhasen“. So schrieb ein Experte, der früher lange Zeit als Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium diente, dass er das neue Gesetz für verfassungswidrig hält: “Es greift in die im Grundgesetz festgelegte positive Koalitionsfreiheit ein und tangiert negativ die Minderheitenrechte.“ So etwas habe sich bisher kein Gesetzgeber getraut. Zugleich, so der frühere Staatssekretär, “festigt dieses Gesetz die sozialistische Einheit von SPD und DGB und seinen Gewerkschaften… Ich nenne es deshalb Tarifrechtsstreitgesetz.“
So bleibt einmal mehr abzuwarten, wie das Bundesverfassungsgericht das neue Gesetz beurteilt. Geklagt wird auf jeden Fall, das haben einige Tarifgemeinschaften bereits angekündigt. Wenn Weselsky & Co. in Karlsruhe auch noch siegen würden, wäre das eine dicke Blamage für die Bundesregierung und gäbe den streiklustigen Mini-Gewerkschaften triumphalen Auftrieb.