Ich hatte mir wirklich überlegt, ob ich mir das antun sollte: Am Sonntagabend empfing Talkshow-Gastgeberin Caren Miosga die BSW-Vorsitzende und Namensgeberin ihrer Partei, Sahra Wagenknrecht, zu einem Vier-Augen-Gespräch. Ich hatte die üblichen endlosen und ermüdenden Wagenknecht-Monologe befürchtet. Und wurde dann völlig überrascht – wie die neu-mächtige Parteichefin selbst. Dank dafür an Caren Miosga.
Von Anfang an machte die Journalistin klar, dass sie sich nicht auf die alte Wagenknecht-Taktik einlassen will, die auf welche Frage auch immer mit einer Suada wider die Politik der Ampel-Parteien antwortet. Mit einer endlosen Beschimpfungs-Orgie gegen deren Sozial-, Außen-, Impf-, Energie und Migrationspolitik.
Um es klar zu sagen: Es bräuchte ja tatsächlich einer linken Kritik an dieser Regierung. Man sollte die Opposition nicht allein der konservativen Union und schon gar nicht den Rechtsextremisten der AfD überlassen. Doch „links“ ist Wagenknecht längst nicht mehr – nur konservative Kreise behaupten das bis heute, um ihre fatal falsche Gleichstellungs-These von links und rechts zu begründen. Die BSW-Chefin hat sich längst von einer Linken in eine gnadenlose Populistin verwandelt, die immer weiter nach rechts driftet.
Zurück zu Miosga. Ihr gehe es mal nicht um das „Was“ in der politischen Haltung Wagenknechts, sondern um das „Wie“, sagte die Gastgeberin an einer Stelle. Immer wieder hatte Wagenknecht nämlich versucht, die Fragen Miosgas abzubiegen, hatte gar deren „unterirdische Diskussionskultur“ gegeißelt. Doch die sonst so konziliante Frau Miosga blieb auf Kurs – und brachte Wagenknecht völlig aus deren Routine-Konzept.
Punkt 1: Personenkult
Die Partei nach einer Person zu benennen – das grenze doch an Personenkult, so Miosga. Wagenknecht antwortete, nein, nein, das sei doch kein Personenkult. Es sei vor allem darum gegangen, dass die Wähler die neue Partei sofort auf dem Wahlzettel finden. Und dann zeigte Miosga eine ganze Palette von eher peinlichen Merchandise-Artikeln: Tassen, T-Shirts, Hoodies, Regenschirme oder Kühlschrank-Magneten – alle mit dem Wagenknecht-Konterfei. Keine andere Partei mache das so. Alles kein Personenkult? Der sonst so distanziert wirkenden Politikerin war das Thema Personenkult sichtlich peinlich.
Punkt 2: Die Sprache
Miosga zeigte Videos, um mit Wagenknecht über deren Sprache zu diskutieren: In einem der offenbar selbst produzierten Videos hatte diese die Grünen als „heuchlerischste, abgehobenste, verlogenste, inkompetenteste“ und deshalb „gefährlichste Partei im Bundestag“ verunglimpft. Ob die gefährlichste Partei nicht die AfD sei, fragte Miosga. Und stellte Wagenknecht so bloß.
Härter wurde es, als ein Redeausschnitt gezeigt wurde, in dem Wagenknecht den deutschen Regierungschef Olaf Scholz von der SPD als „Vasallen-Kanzler“ bezeichnete. Es ging um die Stationierung neuer US-Raketen in Deutschland. Der Ausdruck „Vasallen“ werde sonst von den Reichsbürgern und anderen Rechtsextremisten benutzt, um politische Gegner zu diffamieren, so Miosga und zeigte gleich noch einen entsprechenden „Vasallen“-Redeausschnitt des thüringischen AfD-Chefs Björn Höcke. Wagenknecht hatte ohne Hemmung die Rhetorik von Faschisten benutzt – da wurde eine Populistin entlarvt. Die BSW-Chefin hatte an dieser Stelle längst gemerkt, dass sie dieses Mal mit ihrer üblichen Taktik nicht landen konnte, bei jedem ihr unangenehmen Thema auszuweichen und stattdessen über ihre Gegner herzufallen. Ihr blieb nichts, als Miosga aufgebracht der „unterirdische Diskussionskultur“ zu bezichtigen.
Punkt 3: Wagenknecht und das Soziale
Vollends demaskiert wurde die Ex-Linke dann beim Thema Soziales. Sie setze sich verbal doch immer so sehr für die sozial Schwachen ein, sagte Miosga. Wann Wagenknecht denn zuletzt bei einer Tafel für Bedürftige oder in einer anderen sozialen Einrichtung gewesen sei? Es gebe Bilder von Wagenknecht mit Unternehmern – aber keines in einer sozialen Einrichtung. Man habe viel recherchiert, so Miosga. Und tatsächlich konnte Wagenknecht keinen einzigen Besuch in einer Sozialeinrichtung nennen, nicht im Osten, nicht in NRW, wo ihr Wahlkreis liegt. Vor etwa einem halben Jahr habe sie mal mit einem Betreiber einer Tafel gesprochen, sagte sie. Wie peinlich für jemanden, der ständig über arme Rentner redet und die Verelendung in Teilen der Gesellschaft anprangert.
Was bleibt von der Sendung:
Ich persönlich habe nie ein so entlarvendes Gespräch mit Wagenknecht gesehen. Es bleibt das Bild einer Frau, die völlig ohne jede Empathie und eiskalt ihre Politik betreibt. Und offenbar ohne jede Moral: In der Sozial- und Wirtschaftspolitik gibt sie sich links, weil sie hier große Unzufriedenheit bei vielen Menschen sieht. In der Flüchtlings- Umwelt- und Gesellschaftspolitik ist sie in weiten Teilen nicht mehr von der AfD zu unterscheiden. Hier sieht sie offenbar großes Hass- und Verhetzung-Potenzial.
Fazit: Wir sollten endlich damit aufhören, Wagenknecht als links zu bezeichnen. Die Hoffnung mancher Menschen, hier wachse eine linke Opposition zur Ampel heran, hat getrogen. Das sollten endlich auch die Vernünftigen unter ihren neuen Parteifreunden erkennen und Konsequenzen ziehen. Wagenknecht ist bestenfalls eine irrlichternde Populistin. Und schlimmstenfalls die künftige Bündnis-Partnerin der rechtsextremen AfD. Ausschließen wollte sie das am Sonntagabend jedenfalls nicht- trotz mehrfacher Nachfragen.
Miosga gebührt das Verdienst, diese sonst so maschinenhaft und aalglatt wirkende Politikerin aus der Fassung gebracht zu haben. Und sie ein Stück weit zu entlarven. Alle Achtung dafür.
(Die Talkshow kann und sollte man sich in der ARD-Mediathek anschauen.)
Endlich hat mal einer den Mut dieser Narzistin die Maske herunterzureissen .Hoffentlich finden sich noch mehr Jurnalisten die sich auf Populisten einlassen und sie entlarven.
Die Miosga ist unterirdisch!!
Was ist das für eine Journalistin?!?!
So parteiisch! Nur ihre Meinung zählt! Das ist kein neutraler Journalismus, aber typisch für die öffentliche rechtlichen! Nur eine Meinung zählt und das ist deren Meinung.
Frau Wagenknecht versucht immer und immer wieder die Standpunkte vieler Bürgerinnen und Bürger zu erklären, denn sie hat es verstanden.
Ich bewundere Frau Wagenknecht nach dieser Sendung noch mehr, denn sie lässt sich nicht unterkriegen, bleibt sachlich und freundlich. Danke Frau Wagenknecht, bleiben Sie standhaft und stark. Ich bin so froh, dass Sie BSW gegründet haben.
Frau Miosga ist gruselig.
Fand ich auch spannend. Aber was mir fehlte, war der Ausgleich. Warum durfte z.B. ein Politiker wie Thorsten Frei einfach abwiegeln, dass die CDU nicht mit den Stimmen der AfD Gesetzesentwürfe eingebracht und sogar Gesetzesänderungen erwirkt habe, obwohl diese klar mit AfD-Stimmen ergangen sind, ohne das Caren Miosga da ähnlich angriffslustig dagegen argumentiert und Frei dieser Salamitaktik überführt wie sie es bei Wagenknecht tat? Und warum hat sie nicht nachgehakt, dass für Herrn Bröcker die im Namen der us-amerikanischen Demokratie inkasso stehenden Millionen Tote im Irak und auch viele Tote in Afghanistan, absolut super zu sein scheinen, nur weil es „demokratisch entschieden“ worden war, da einzumarschieren? Warum macht er da so einen moralischen Unterschied und unterscheidet zwischen „demokratisch guten Angriffskriegen“ und den bösen anderen Angriffskriegen? Warum ist er nicht gegen alle Kriege? Von Caren Miosga keine Bitte um Klarstellung!
So bietet sich den BSW-Wählern und AfD-Anhängern sowieso wieder der Verdacht, dass wir es wieder nur mit Systemmedien zu tun haben, die nur die Perspektive der etablierten Parteien abbilden würden. So gut es war, dass Miosga Wagenknecht entzaubert hat, aber so schlecht war ihre Einbindung der beiden anderen Disku-Tanten und damit ein weiterer Tropfen auf dem Mühlrad der Empörung seitens der BSW- und AfD-Anhänger.
Die Sendung zeigt, was passiert, wenn man jemanden nicht leiden kann, der aber dauernd Richtiges sagt. Die krampfhafte Suche nach Dingen, die man Wagenknecht unterjubeln kann – Personenkult, Merchandising usw. – ging nach hinten los und wirkte eher hilflos gegenüber dem weitgehend sachlichen Auftreten der BSW-Vorsitzenden. Zu Recht ging der Vorwurf an Miosga, mit hervorgekramten kleinkarierten Argumenten und Wortklaubereien das Niveau der Sendung zu drücken, anstatt über Inhalte zu reden. Was dann noch folgte, war der unsägliche 3 gegen Wagenknecht Kampfring, den man aus unzähligen Talk-Runden kennt. Dass die sich da immer gut behauptet, spricht für sich und macht zugleich wieder mal deutlich, wie hier die Karten verteilt sind.
Der Titel ‚entlarvt‘ geht an Miosga und deren Team.
Lieber Lutz Heuken,
Gratulation zu diesem Treffer auf die „Zwölf“.
Frau Wagenknecht ist mindestens so gefährlich wie Höcke.
Hans-Christian Hoffmann
Da hat doch die Frau Miosga endlich einmal gezeigt, wozu sie fähig ist. Wurde sie unlängst noch für ihren harmlosen Plausch mit Herrn Chrupolla von der AfD heftig kritisiert (natürlich nur von den Linken), hat sie Sahra Wagenknecht nun so richtig entlarvt.
„Frau Wagenknecht hat noch an keiner „Tafel“ teilgenommen“, erfahren wir und sie betreibt „Personenkult“. Das sind Themen, die die Leute interessieren und den meisten Zuschauern auf den Nägeln brennen dürften. Nicht etwa so profane Dinge wie Renten, Wohnen, Bildung, Gesundheit, Pflege, Aufrüstung oder Frieden. Die sind ja ohnehin bei der Ampel bestens aufgehoben, wie die Wahlergebnisse für deren Parteien zur Genüge beweisen. Wer will da noch „die endlosen und ermüdenden Monologe“ der Frau Wagenknecht dazu hören.
Warum nur hat Frau Wagenknecht noch an keiner Tafel teilgenommen? Vielleicht waren ja an den Tafeln bereits alle Plätze besetzt; z.B. mit Politikern wie Lindner (gibt es auf Sylt eine Tafel?), Merz, Habeck, Söder, Klingbeil – oder gar Frau Baerbock; aber die achtet doch vielleicht zu sehr auf ihr Äußeres.
Uns was den „Personenkult“ angeht: vielleicht sollte auch die SPD umdenken; allzuviel fällt den Spitzen der Partei ja ohnehin nicht ein. Wie wäre es, wenn man das Attribut „sozialdemokratisch“, das ohnehin politisch entkernt wurde,, durch „Scholz“ ersetzt. Dann hieße die SPD „Scholz-Partei-Deutschland“. Kein sehr origineller Vorschlag, gebe ich zu.
Ob die Genossen sich das trauen würden? Müssten sie doch befürchten, dass sie bei der nächsten Wahl noch nicht einmal die 5 %-Hürde schaffen.
Ganz sicher bin ich indes, dass der Frau Miosga beim ZDF eine große Karriere bevorsteht. .
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Offensichtlich habe ich eine andere Sendung gesehen. Der Versuch von Miosga, Wagenknecht in irgendeiner Form zu stellen, der Focus schrieb sogar von einem Lehrstück, schlug fehl.
Aber soweit sind wir ja schon. Man sieht dasselbe und jeder interpretiert seine eigene Wahrheit. So auch geschehen nach der Wahl in Thüringen und Sachsen. Die Reaktionen interessanter als das Wahlergebnis. Die Gebräuchlichste: Wir erklären unsere Politik nicht gut genug. Was ja nichts anderes bedeutet als den Wähler blöd zu nennen.
Man kann Wagenknecht mögen oder nicht. Was aber nicht geht ist die „Alle gegen eine (n) – Talkshow – Mentalität“ im öffentlich – rechtlichen. Das hat mit Journalismus nichts zu tun sonder ist Meinungsmache. Und ist eine wesentliche Ursache des Aufstiegs der AfD. Will das keiner begreifen?
Vielen Dank für diesen Kommentar ! Ja, Carmen Miosga hat es geschafft der stets unaufgeregten und rhetorisch klug agierenden Frau Wagenknecht die entscheidenden Fragen zu stellen. Bravo! Zeitweise hatte ich durchaus Sympathien für S.W. aber spätestens seit ihren unsäglichen „Wagenknecht‘s Wochenschau “ Videos weiß ich wie Populismus funktioniert. Eine geniale Selbstdarstellerin und für mich keinesfalls wählbar. Sinngemäß lautet ihr Credo immer wieder: Alle Parteien sind unterirdisch, schlecht und inkompetent. Einzig und allein das BSW (also Frau Wagenknecht höchstselbst) werden die gesellschaftlichen politischen Herausforderungen unserer Zeit meistern. Ne, das ist keine seriöse Politik, das ist purer Populismus.
Ich muss zur Sendung von Miosga und Wagenknecht auch meine Meinung äußern. Frau Miosga wirft Frau Wagenknecht vor, nicht ein einziges Mal in irgendeiner sozialen Einrichtung bzw bei einem sozialen Verband gewesen zu sein. Das mag stimmen. Aber hat jemals so ein Besuch irgendetwas verändert oder verbessert? Nein. Es wird für die sozial Schwachen immer schlechter.
Lieber Thomas Schmid,
ich danke Ihnen für Ihren Tacheles-Kommentar zur fragwürdig ungenauen journalistischen Arbeit von Caren Miosga !
Ihre treffenden Be-Merkungen zur forcierten Ikone Sahra Wagenknecht sprachen mir so aus der Seele, dass ich sie über den blog der republik hinaus weiter verlinkt habe.
Aber – wie geht es nun weiter? Die umgänglichen Nettigkeiten der öffentlich rechtlichen Kolleg:innen gegenüber totalitären Demagogen – männliche und weibliche – wirken so unbedacht und so ungründlich. Gemeinsam ist – man redet sooo gern daher von Den Menschen, und warum? Sie ersparen sich „BÜRGERINNEN und BÜRGER“ auszubuchstabieren, als sei schon das ein Zuviel des Guten!
Aber – soviel Zeit sollte doch unbedingt sein, sonst wuchert ja auch die toxische Männlichkeit der akuten Potentaten uns Allen noch mehr kaputt ins globale Elend.
Um so mehr quatscht inzwischen alle Welt von „es braucht …“ Auch bescheuert ungenau, aber launig locker, oh je.
Ich erkenne den national weiten favorisierten Gemüts-Zustand des haltlosen Schäumens der genüsslich irrlichternden Demagog:innen, die permanent zwanghaft kolossal meinen auftreten zu müssen. In privaterer Nähe ist es besonders aussichtslos, argumentativ dagegen anzukommen; sich konstruktiv Gehör zu verschaffen dermaßen anstrengend und Kräfte raubend, dieses Fixiertsein auf beschworene Untergänge.
Die zynische Maxime von Steve Bannon: „Flood the zone with shit.“ – ein brutales Rezept aller Anti-Demokraten.
Die Lust von Fanatikern, die ja immer Bescheid wissen, die ja immer Recht haben MÜSSEN, ist von so irrationaler Wucht, das macht auch mich fertig und deprimiert zunehmend.
Als Grund fürs Vereinfachen kann ich vorrangig eine mentale und seelische Überforderung der großen Mehrheit der Erdbevölkerung erkennen. „Ich kann mich gar nicht entscheiden, ist alles so schön bunt hier …“ Too much, too many.
Der rasant entgrenzende Turbo-Kapitalismus schreddert die Kontexte, die noch Sinn und humanistischen Gehalt böten, an dem zu partizipieren sich kollektiv zu orientieren eine schöne und gute und wahre Freude mit sich bringen könnte.
ACH.Vielleicht hilft ja im Sinn von unserer aller Verantwortung als globale Familie das Wahr-nehmen vom FUTUR ZWEI:
„Wir werden gewesen sein.“