Seoul. Trotz anhaltenden Drucks von den USA will Südkorea die Olympischen Winterspiele in Peking, die im Februar kommenden Jahres ausgetragen werden sollen, nicht boykottieren. Anders als das Nachbarland Japan plant Südkorea, eine Delegation von Diplomaten nach China zu senden, teilt die englischsprachige „The Korean Times“ mit.
Vielmehr will Südkorea sogar seine strategische Partnerschaft zu China weiter ausbauen. Ziel hinter dem südkoreanischen Nichtboykott der Winterspiele ist, dass Seoul damit China als wichtigen Verhandlungspartner in Bezug auf Nordkorea und sein gefürchtetes Atomwaffenprogramm gewinnen will. China kommt in dem innerkoreanischen Konflikt, der seit knapp 70 Jahren andauert, eine Schlüsselrolle zu. So bekommt Nordkorea mit seinem diktatorischen Machthaber Kim Jong-un nebst politischer auch immer wieder finanzielle Unterstützung aus China. Ohne Devisen aus China ist das bitterarme stalinistisch geführte Regime kaum überlebensfähig, sagen Experten.
Südkorea signalisiert Peking mit dem Festhalten an der Entsendung von Diplomaten zu den Winterspielen, dass es sich gegen den langjährigen Bündnispartner, die USA, stellt. Diese hatten von seinen Partnern gefordert, die Winterspiele diplomatisch zu boykottieren. Ob Südkorea den Druck aus Washington bis zum Beginn der Spiele standhält?
Im Gegenzug erhofft sich Südkorea, dass China auf Nordkoreas Diktator Kim Jong-un gezielt einwirkt und ihn an den Diskussionstisch zurückbringt.
Dahinter steckt das Ziel, dass Südkorea Peking mehr und mehr in den innerkoreanischen Friedensprozess einbinden möchte, um so irgendwann den anhaltenden und festgefahrenen innerkoreanischen Konflikt endgültig zu beenden und um so weiter Stabilität in die Region zu bringen.
Da Südkorea Gastgeber der vergangenen Olympischen Winterspiele war, schickt es sich an, auch bei den nächsten Spielen diplomatische Präsenz zu zeigen und sich als guter Ex-Gastgeber zu präsentieren.
Dass die Haltung gegenüber Peking derzeit generell eher positiv ist und auf Annäherung steht, liegt sicher auch daran, dass Seoul weiß, dass China bei einem Boykott zurückschlagen könnte. Und das könnte Koreas Wirtschaft und den Handel nachhaltig treffen.
Zudem haben Südkoreas Präsident Moon und Chinas Xi Anfang 2021 das zurückliegende Jahr als koreanisch-chinesisches Kulturjahr ausgerufen. Ob relevante Partnerschaftsprojekte tatsächlich daraus entstanden sind, ist aber fraglich.
Mehr noch: Das Komitee für zukunftsorientierte Entwicklung in den Beziehungen von Korea und China hat kürzlich einen Zukunftsreport über gemeinsame Visionen für die künftige Zusammenarbeit herausgearbeitet. Vor diesem Hintergrund stehen die Zeichen in Seoul und Peking eher auf Annäherung als auf Boykott. Allerdings steht noch nicht fest, ob auch eine Regierungsdelegation mit nach Peking reisen wird.
Bildquelle: Von beijing2022.cn – ,gemeinfrei