„Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“, ist ein Adenauer Zitat, dass bis heute ein Leitmotiv der Oberen in der CDU zu sein scheint. Erinnern wir uns, vor nicht allzu langer Zeit versprach Friedrich Merz noch, die AfD im Wähler Zuspruch halbieren zu wollen. Er wollte mit den markigen Sprüchen gern Vorsitzender der Partei werden und dann nimmt man den Mund schon mal voll. Hat nicht geklappt, im Gegenteil, trotz der zunehmenden Rechtsorientierung der Union bleibt die Zustimmung für die Braunen einigermaßen stabil. Aber das ist Schnee von gestern. Interessanterweise scheint der Gedanke noch nicht ganz verloschen, denn in den aktuellen Statements der CDU ist klar zu erkennen, dass sie es mit einer deutlichen Positionierung rechts der Mitte versucht, verlorenes Terrain zurückzugewinnen. Die alberne Kampagne gegen 16.000 arbeitsverweigernde Bürgergeldempfänger weist in diese Richtung. Auch in Punkto Abschiebung krimineller Ausländer gibt es rhetorisch kaum einen Unterschied. Die Anfälle von Rechtspopulismus werden ergänzt durch Statements gegen Klimakleber und Grüne, um auch hier den rechten Stimmungsmachern zu folgen, ganz zu schweigen vom Gender Verbot in Bayern und Hessen. Nüchtern betrachtet kann man dies als Annäherungen an die AFD-Programmatik in manchen Punkten betrachten, gemeinsam politisch agieren mit dem rechtsextremen Verdachtsfall will man dann aber doch nicht.
„Mit mir wird es eine Brandmauer zur AfD geben, ließ sich Merz 2021 vom Spiegel zitieren. „Die Landesverbände im Osten bekommen von uns eine glasklare Ansage: Wenn irgendjemand von uns die Hand hebt, um mit der AfD zusammenzuarbeiten, dann steht am nächsten Tag ein Parteiausschluss verfahren an.“
Die markigen Worte des Vorsitzenden sind inzwischen ziemlich weich geworden. Denn es mehren sich die Fälle, in denen CDU und AfD gemeinsame Sache machen.
Jüngster Fall: In der Sachsen-Anhaltinische Gemeinde Muldestausee entmachten AfD und CDU gemeinsam den parteilosen Bürgermeister. Zuvor haben die gemeinsame Abstimmung im Dresdner Stadtrat und in der Saarbrücker Bezirksvertretung Burbach Aufsehen erregt. Diese Liste kann beliebig verlängert werden, seit 2019 zählen Beobachter über 100 gemeinsame Abstimmungen in Kommunalparlamenten. Für den CDU-Vorsitzenden ist das alles kein Problem. Er meint, dass es die Akzeptanz demokratischer Wahlen sei, wenn in Stadträten und Kreistagen gemeinsam abgestimmt wird. Seine Definition der Brandmauer im ZDF-Sommerinterview: „Es werde keine Beteiligung der AfD an einer Regierung geben“. Wie glaubhaft solche Aussagen sind, kann jede/r selbst beurteilen. Denn es war Friedrich Merz, der der CDU Thüringen die Erlaubnis gab, im Thüringer Landtag mit der AfD ein Gesetz zu verabschieden, gegen den Willen der dortigen Landesregierung. Es ging dabei um die Senkung der Grunderwerbssteuer. Politisch betrachtet ist eine Banalität, umso bedeutsamer, dass die CDU für solch eine Petitesse die Brandmauer mal eben ignorierte, mit ausdrücklicher Billigung des Adenauer Hauses. Für alle Demokraten bedeutet dies, in jedem Kontakt, die CDU daran zu erinnern, für was sie steht. Denn hier gilt ganz besonders: Nie Wieder – ist jetzt!