Der Duden 2020 enthält 3.000 neue Wörter. In einer Mitteilung des Verlages heißt es: Unter den 3000 Neuaufnahmen befinden sich etliche Neologismen. Es sind zumeist Komposita, die aus vorhandenen Wörtern oder Wortteilen neu zusammengesetzt wurden, oder Übernahmen aus Fremdsprachen.
Die Hoch-Zeit der Bearbeitung des Wörterverzeichnisses fiel mit der Corona-Pandemie zusammen und so finden sich deren Spuren auch im Wörterbuch. Neu dabei sind Begriffe wie: Ansteckungskette, Atemschutzmaske, Covid-19, rückverfolgbar oder Social Distancing.
Auffallend sind die vielen Anglizismen, die vor allem durch Corona Eingang in unseren Sprachschatz gefunden haben. Das gefällt nicht allen. Eine Zeitungsleserin bezweifelte unlängst sogar den Sinn des Wortes Lockdown. Sie schrieb: Mich regt das Wort ‚Lockdown’ auf. Nicht nur, weil es mal wieder englisch ist, sondern auch, weil es so unzutreffend ist: Es wird doch niemand eingesperrt. Gibt es wirklich kein besseres Wort? Daraufhin antwortete ihr ein Sprachwissenschaftler, dass es sich dabei um ein Lehnwort aus dem Englischenhandelt und das Englische wohl auf absehbare Zeit eine Quelle für solche Lehnwörter bleiben wird, weil es die Sprache der globalisierten Welt ist.Im Englischen sei das Wort tatsächlich negativ besetzt, da es das Einsperren von Gefängnisinsassen in ihre Zellen während einer Gefahrensituation bezeichnet. Weil wir das Wort im Deutschen jedoch ohne diese Bedeutung verwenden, sehe er darin kein Problem.
Dennoch fragt sich: Haben wir keine eigenen Wörter für Home-Office, Home-Schooling, Hotspot, Superspreader, Inzidenz. Home-Cooking, Food to take away u.a.m. Uns wird empfohlen, unsere Resilience zu stärken, uns fit zu halten. Für all die, die nicht über das notwendige Equipment fürs Heimtraining verfügen, würde auch ein Werkzeugkoffer genügen. Auch damit könne man Übungen wie Dips für die Trizepts-Muskulatur machen; für die Beine werden Bulgarian Split Sqats empfohlen, für Mountain Climber Bizeps Curls als spezielles Armtraining. Sollte es zu Bodenkontakt kommen, empfehlen sich Putzlappen als effektive Tools. Für die Übungen werde kein Personal Couch benötigt.Den bräuchten eher Mütter, die wegen ihrer Mehrfachbelastung mittlerweile ihren Corona-Lockdown-Stress-Peak erreicht haben. Ob beschleunigte Impfungen dagegen helfen? All you can vaccinate!
Bis vor kurzem wusste ich nicht, was ein Teaching Burger ist? Dabei handelt es sich um Anschauungsmaterial für den digitalen Unterricht. Es gibt auch Coaches, die Schulungen im richtigen Umgang mit digitalen Tools anbieten. Sie geben Tipps für das Gelingen virtueller Meetings. Edutrainment nennt sich das. Digital first, Bedenken second fällt mir dazu ein; dieser selten dumme Wahlspot der FDP aus dem letzten Wahlkampf.
Es gibt viele social bots, die Hilfe anbieten. Sie gibt es noch nicht im live-stream, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis es die entsprechenden podcasts geben wird. Immerhin: Movies, Poetry Slams und die Gigs berühmter Bands können mittlerweile als gestreamte Performances abgerufen werden; ein Angebot zum chillen. Easy going poor für coole Hipster.
Da ich über kein Smartphone verfüge, entgeht mir natürlich vieles. Während ich offline bin, erlebe ich, wie andere ständig online unterwegs sind: im Straßenverkehr, in der Kneipe: überall sieht man User, die wahrscheinlich Tag und Nacht eingeloggt sind. Per Touchscreen checken sie ihre News; die meisten haben zahlreiche Apps gespeichert. Die Anzahl der Apps scheint einiges über die gesellschaftliche Bedeutung einer Person auszusagen. Einige arbeiten ständig an ihrer Performance. Als Belohnung winken ihnen Smileys und diverse Emojis. Die meisten User sind Follower, andere betätigen sich als Influencer.Vielleicht nimmt daher auch das Cyber-Mobbing dramatisch zu. Eine regelrechte Cancel Culture hat sich mittlerweile entwickelt. Gecancelt werden vor allem Politiker und Journalisten; neuerdings auch bekannte Fußballer, denen man Beleidigungen und Drohungen schickt oder Fake News über sie verbreitet.
Eine heftige Debatte ist seit einiger Zeit darüber entbrannt, wie wir es mit dem Gendern halten. Die Stadt Köln lässt zur Zeit einen Leitfaden für wertschätzende Kommunikation erarbeiten. Sie will klären lassen, ob künftig das Behördendeutsch durch das Gendersternchen bereichert werden soll. Eine Leserin (!!) des Kölner Stadtanzeigers befürchtet, dass dadurch die sprichwörtliche Ineffizienz der Verwaltung noch weiter zunehmen wird, wenn sich die Herrschaften auch noch mit diesem Blödsinn befassen müssen. Sie berichtet von ihren Erfahrungen mit einem Arztformular, das sie vor kurzem ausfüllen musste. Darin hieß es: Die/der gesetzliche Vertreter/in…..; Die/der Patient/in ggf. ihr/sein gesetzlicher Vertreter bestätigt mit ihrer/seiner Unterschrift…. Usw. Sie resümiert: Ich versichere, dass ich mich nicht wertgeschätzt, sondern ermüdet und verärgert fühlte.
Wie kam es überhaupt zu dieser Debatte? In einem Kommentar heißt es: Zugespitzt hat sich der Streit am sogenannten generischen Maskulinum, das bei Personenbezeichnungen wie Lehrer, Schlosser, Soldat, Spion in Erscheinung tritt. Dienen sie in der Grundbedeutung der Bezeichnung von Männern oder sind sie geschlechtsneutral in dem Sinn, dass sie gar keinen Bezug zum natürlichen Geschlecht haben, also weder auf männlich oder weiblich noch auf inter, trans, queer und so weiter fixierbar sind? Ist es so, dann wäre durch das generische Maskulinum auch niemand diskriminiert, gleichgültig, welche Geschlechtsidentität er persönlich hat.
Vieles deutet darauf hin, dass die Diskussion uns noch länger begleiten wird. Zu hoffen ist, dass sich auch viele Männer daran beteiligen.
Was gibt es sonst noch an News in diesen trüben Zeiten? Im Kulturteil meiner Zeitung wird mitgeteilt: Kölner Theater zeigt eine Aufführung im Split-Screen-Verfahren. Und: zu einem Relaunch der Fotomesse wird es wegen Corona in diesem Jahr nicht kommen. Damit fehlt der Stadt ein weiterer Event.
Im Sportteil ist zu lesen, dass ein Youngster mit einem Shootout zum Matchwinner wurde und sich immer mehr zum Top-Scorer entwickelt.Dabeiist er natürlich auf assists seiner Mitspieler angewiesen. Ohne diese Teamplayer geht es nun einmal nicht. Wieder mussten einige Entscheidungen vom Video Assistent Referee gecheckt werden. Der siegreiche Trainer versichert nach dem Match: Wir haben heute durch unser aggressives Pressing gewonnen. Seine Aussage bekräftigt er mit dem obligatorischen: Definitiv. Zum Thema Outing von Fußballern möchte er sich nicht äußern.
Leser beschweren sich, dass es zur Primetime zu viele Krimis und Quizsendungen gibt. Der Wohnungsverband warnt vor immer mehr Donut-Dörfern. Whistleblower leaken weiterhin Daten, auch wenn sie dafür eingesperrt werden können, wenn sie erwischt werden. Eine ganzseitige SALE-Annonce wirbt für Sneaker; immer mehr Banken bieten Ebay-Accounts an. Das Crowd-funding gewinnt an Bedeutung und Freefloating-Unternehmen haben eine Weshare-App entwickelt. Soweit einige Beispiele aus der täglichen Zeitungslektüre. Ob sie eine Bereicherung unserer Sprache darstellen? Die Sprache prägt unser Denken: Als Konfuzius gefragt wurde, was er als Erstes ändern würde, wenn ihm die Regierung anvertraut würde, antwortete er: Die Richtigstellung der Begriffe. Stimmen die Begriffe nicht oder werden sie unscharf oder beliebig, wird unser Verständnis der Wirklichkeit diffus; wir büssen die Fähigkeit ein, sinnvoll zu kommunizieren. Darunter leiden die zwischenmenschlichen Beziehungen und am Ende verliert gar die Demokratie.
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