Beim Spiel des 22. Spieltags der Fußball-Bundesliga Bayer 04 Leverkusen gegen Borussia Dortmund (0:1)ereignete sich ein Vorfall, den es in der fast 53-jährigen Geschichte der Bundesliga bislang noch nicht gegeben hatte. Was war geschehen?
In der 64. Minute verlor der Leverkusener Kießling in der Mitte der Dortmunder Hälfte in einem an sich überflüssigen Zweikampf leichtfertig den Ball und wusste sich nur noch dadurch zu helfen, dass der den Dortmunder Spieler zu Fall brachte. Den fälligen, unumstrittenen Freistoß führten die Dortmunder nach Angabe des Fernsehsenders Sky 5,8 m vom Tatort entfernt blitzschnell aus und schlossen den anschließenden Konter wie aus dem Lehrbuch mit dem Spiel entscheidenden 0:1 durch Stürmer Aubameyang ab.
Während sich die Leverkusener Spieler nach dem Spiel in erster Linie über den völlig überflüssigen Ballverlust und die Schlafmützigkeit der eigenen Mannschaft beim Dortmunder Konter aufregten, brachte Trainer Roger Schmidt von Bayer Leverkusen direkt nach dem Tor seinen Unmut über den „Fehler“ von Schiedsrichter Felix Zwayer – Ausführung des Freistoßes nicht exakt vom Tatort – an der Seitenlinie lautstark zum Ausdruck. Da er vorher den 4. Offiziellen schon mehrfach verbal attackiert hatte, wurde er von Schiri Zwayer auf die Tribüne verwiesen.
Schmidt kam dieser Anordnung aber nicht nach und versuchte gestenreich, den Schiri zu sich zu zitieren, um von diesem den Verweis persönlich ausgesprochen bzw. erklärt zu bekommen. Schiri Zwayer wies den Leverkusener Spielführer Kießling daraufhin eindringlich an, seinen Trainer zu überzeugen, auf die Tribüne zu gehen. Trainer Schmidt lehnte das Verlassen des Spielfeldrandes weiterhin ab und beharrte auf einen Dialog mit dem Schiedsrichter. Daraufhin unterbrach Schiri Zwayer das Spiel und schickte die Mannschaften in die Kabine.
Als Trainer Schmidt nach einigen Minuten zur Einsicht und zur Vernunft gelangt war und den Rest des Spiels in der Kabine zu verbringen bereit war, wurde das Spiel nach einer Unterbrechung von neun Minuten fortgesetzt und ordnungsgemäß zu Ende gebracht.
Trainer und Manager lagen daneben
Diese fast schon spektakuläre Unterbrechung gibt mir Gelegenheit, für einen Schiedsrichter mal uneingeschränkt Partei zu ergreifen, denn Schiri Zwayer hat in dieser ungewöhnlichen Situation und in aufgeheizter Atmosphäre alles richtig gemacht. Selbst die Ausführung eines Freistoßes fast 6 m vom eigentlichen Tatort entfernt entspricht einer gängigen, nie in Frage gestellten Praxis. Kein Schiri der Welt pocht auf die exakte Einhaltung des Tatortes, wenn sich die begünstigte Mannschaft noch in der eigenen Hälfte befindet. Wenn er das täte, würde man ihn der Erbsenzählerei und mutwilligen Spielverzögerung bezichtigen, mit Recht. Auch hinsichtlich des geforderten „Gesprächs“ liegt Trainer Schmidt völlig daneben. Dass ein Schiedsrichter den Trainer auf die Tribüne verweisen darf, ist unbestritten und soll ja durchaus vorkommen. Ansprechpartner des Schiris ist grundsätzlich der Spielführer, auch und vor allem, wenn es sich auf Vorkommnisse außerhalb des Spielfeldes bezieht, z.B. für geforderte Durchsagen durch den Stadionsprecher.
Geht man großzügigerweise davon aus, dass Trainer Schmidt über diese Regularien informiert war, wollte er wohl nur demonstrieren, wer in seinem Stadion als Platzhirsch anzusehen ist. Das geforderte, eventuell, wahrscheinlich gestenreich verlaufene Gespräch konnte doch nur dazu dienen, die Autorität des Schiedsrichters zu untergraben und in Frage zu stellen. Da hat der Schiri eben nicht mitgemacht.
Schiri Zwayer hat gezeigt, dass er das Regelwerk beherrscht und auch gegenüber einem Heimtrainer Rückgrat zu beweisen in der Lage ist. Trainer Schmidt hat mit seinem Verhalten die Grenzen der Sportlichkeit überschritten und seiner Mannschaft einen Bärendienst erwiesen. Die unsachlichen Tiraden von Rudi Völler nach Ende des Spiels sind wenig überraschend und haben eher erheiternden Charakter.
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