Vor der Landtagswahl am 14. Mai sieht sich die nordrhein-westfälische SPD im Aufwind. Mit 700 neuen Mitgliedern war der Januar ein Rekordmonat. „So viele Eintritte hatten wir seit 20 Jahren nicht“, sagt Parteisprecher Marcel Atoui dem „Blog der Republik“ und nennt zwei Namen, die er für ausschlaggebend hält: Schulz und Trump. Der SPD-Sprecher spricht von „Begeisterung“ und von dem „Ansturm“, den der frisch gekürte Kanzlerkandidat Martin Schulz auslöst.
500 statt der erwarteten 150 Menschen kamen, um ihn in Herne zu erleben, wenige Tage danach tritt der Hoffnungsträger aus Würselen in Bocholt auf. Im mitgliederstärksten Landesverband seiner Partei hat der kommende SPD-Vorsitzende ein Heimspiel. Das Timing vor der NRW-Wahl könnte für Ministerpräsidentin Hannelore Kraft günstiger nicht sein. Im November, als Donald Trump zum neuen Präsidenten der USA gewählt wurde, entschlossen sich in NRW 500 Menschen zum Eintritt in die SPD. Die für viele schockierende Wahl des Rechtspopulisten politisiert und aktiviert offenbar. Belastbare Folgerungen lassen sich aus den Beobachtungen nicht ableiten, und zu einer Trendumkehr wird es bei den seit Jahren rückläufigen Mitgliederzahlen in den großen Volksparteien allein aufgrund der demographischen Entwicklung nicht kommen.
Bei einem Durchschnittsalter von um die 60 Jahre sterben mehr Mitglieder als neu hinzukommen. Die Bilanz für 2016 weist ein Verhältnis von 3300 zu 6000 aus. „Wir streben mehr Eintritte als Austritte an“, sagt der Sprecher der SPD, der auf die 2014 gestartete Kampagne „Fundament stärken“ hinweist. Dazu gehört, dass die Neuen in ihren Ortsvereinen aufgenommen und eingebunden werden. „Da passiert viel Gutes“, sagt Atoui und erwähnt die Mitgliederbeauftragten, die Systematisierung der Betreuung und die neue Dynamik des Sich-Kümmerns. Ob jedoch von den neuen Mitgliedern aktives Engagement zu erwarten ist, steht in den Sternen. Die Parteistrategen halten sich mit Deutungen zurück, solange sie nicht wissen, ob die Trends anhalten. Hat die Wahl von Donald Trump die Menschen wachgerüttelt und ermuntert, die Demokratie nicht ihren Feinden zu überlassen? Kann Martin Schulz die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen?
Das Bollwerk gegen Nationalismus und Rechtspopulismus habe drei Buchstaben, SPD, sagte er bei seiner Nominierung im Willy-Brandt-Haus. Wird diese Überzeugung die neuen Rechten hierzulande stoppen? Wahljahre sind traditionell Zeiten, in denen sich mehr Menschen als sonst zum Mittun in einer Partei entschließen. Die Demokratie lebt vom Mitmachen, und die Parteien sind ein konstitutives Element. Ihr Image aber ist ramponiert, Politikverdrossenheit war präziser gesagt stets Parteienverdrossenheit. Politisches Engagement konzentrierte sich auf einzelne Anliegen und drückte sich in Form von Kampagnen aus. Schwer vorherzusagen, ob hier ein Umdenken einsetzt, das von Dauer ist, den demokratischen Parteien wieder Zulauf beschert und die Demokratie insgesamt stärkt. Die Chance dazu besteht jetzt. Vorausgesetzt, die Parteien haben verstanden, dass sie für die Menschen da sind und nicht umgekehrt.
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