Wenn Bundeskanzler Olaf Scholz(SPD) am Montag mit den Sozialpartnern darüber diskutiert, wie wir mit der aktuellen Preisentwicklung umgehen werden, klingt das zunächst mal nicht dramatisch. Die bisherigen Entlastungspakete haben nicht ausgereicht, einige Maßnahmen wie der Tankrabatt waren Schüsse in den berühmten Ofen. Die Frage ist, wie wir die Schwachen der Gesellschaft entlasten, denn sie werden die Folgen der Inflation in den Preisen derart stark spüren, dass es wehtut, ja, man geht nicht zu weit, dass ein nicht zu unterschätzender Teil dieser Gesellschaft die Preise nicht mehr stemmen kann. Wenn einer wie der Verbraucherschützer Udo Sieverding im Interview mit dem Berliner „Tagesspiegel am Sonntag“ befürchtet, dass auf Besitzer von Einfamilienhäusern Mehrkosten für Gas in Höhe von bis zu 4000 Euro im Jahr zukommen könnten, dann läuten die Alarmglocken. Gas wird knapp durch Putins Krieg gegen die Ukraine. Und wenn der russische Diktator ernst macht und uns den Gashahn ganz zudreht, wird es eng. Und jeder Bürger dieser Republik hat spätestens in dem Augenblick, da Wirtschaftsminister Robert Habeck(Grüne) die Alarmstufe 1 ausgerufen hat, gemerkt, es könnte knapp werden im Winter. Wir werden Energie sparen müssen, Geld zurücklegen, um die steigenden Preise bezahlen zu können.
Wohlstand für alle, das klingt immer gut. Aber dafür ist jetzt die Zeit nicht. Immer mehr, das wird es nicht geben. Und wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften sich mit dem Kanzler treffen, wird es auch um die Verteilungsfrage gehen. Arbeitnehmer-Vertreter und Unternehmer werden gemeinsam überlegen müssen, wie wir die schwierige Lage meistern können. Gemeinsam, nicht gegeneinander. Scholz hat mit Blick auf die EU und die Nato auf den Gipfeln, die auch seine waren, davon gesprochen, man müsse, man werde sich unterhaken. Nie zuvor waren sich Europäer, waren sich die Vertreter des sogenannten Westens im Kampf gegen Putin so einig wie jetzt. Unterhaken, gemeinsame Lösungen finden. Zum Wohle des Ganzen. Das gilt im kleinen natürlich auch für die Bundesrepublik. Es wird erinnert an entsprechende Gesprächsrunden, an die konzertierte Aktion des damaligen Wirtschaftsministers Prof. Karl Schiller(SPD).
Man liest es schon in den Medien und hört es aus Sendungen in Funk und Fernsehen: Sparen ist angesagt, damit wir über den Winter kommen, nicht frieren. Wir sollen weniger heiß duschen, möglich, dass wir im Herbst und Winter etwas wärmere Pullover überziehen müssen, weil die Heizung niedriger gedreht wird. Wo bleibt eigentlich ein Tempolimit? Es kann doch nicht sein, dass sich die kleine FDP mit diesem großen Unsinn-freie Fahrt für freie Bürger- durchsetzt. Es wird appelliert an die Gewerkschaften, auf zu hohe Tarifforderungen bitte zu verzichten. Da möchte ich schon ein wenig lachen, denn die Gewerkschaften in Deutschland haben in schwierigen Phasen dieser Republik immer vernünftig gehandelt und ihre Leute nicht auf die Straße getrieben, um zu protestieren. Und wie verhalten sich die Arbeitgeber? Drohen sie mit der Verlagerung von Betriebsstätten ins billigere Ausland? Oder stehen sie zum Standort Deutschland? Gelingt es dem Kanzler, die unterschiedlichen Interessen auf einen Nenner zu bringen- zum Wohle des Ganzen?
Es ist ja wahr, dass alle gefordert sind. Es gibt Lieferengpässe, Energiepreise, die Firmen belasten. Andererseits sind einige Probleme bei der Bahn und der Fliegerei vielfach auch hausgemacht. Man hat den Eindruck, hier hat das Führungspersonal schlicht und einfach gepennt. Aktionäre erwarten Dividende, also Gewinne, Gewerkschaften fordern zu Recht einen Inflationsausgleich. Die Regierung, der Kanzler, die Tarifpartner müssen Lösungen schaffen, das erwarten die Verbraucherinnen und Verbraucher, die ja Wählerinnen und Wähler sind. Und die haben Zukunftsängste, Sorgen, ob sie die Heizung noch bezahlen können, das Auto mit den explodierten Preisen für Benzin und Diesel, dazu die Preise für Ernährung. Wer soll das bezahlen? Und ja, wieder mal geht es um die Gerechtigkeitsfrage. Beim Armutsforscher Butterwegge aus Köln kann jeder nachfragen, wie es steht um die soziale Gerechtigkeit in diesem Land. Soviel vorweg: Es steht nicht gut, die Menschen mit den geringen Einkünften haben immer weniger, die Reichen haben sogar ihren Reichtum während der Pandemie vergrößern können. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Steuersenkungen, Reduzierung der Mehrwehrsteuer, Steuerhöhungen zu Lasten der Starken? Kann der Staat noch mehr leisten oder ist er blank?
Churchills Blut-Schweiß-Tränen-Rede
Jeder Vergleich hinkt, die Zeiten sind andere als damals, aber einfach sind sie nicht. Und es lohnt sich, daran zu erinnern: Ich wurde bei einem Gespräch an die Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede des britischen Premierministers Winston Churchill erinnert, gehalten am 13. Mai 1940 vor dem britischen Unterhaus, mitten im 2. Weltkrieg, wenige Tage nach seiner Ernennung zum Premierminister. Vorausgegangen war eine Abstimmung, in der sich Churchill das Vertrauen in seine Politik von den Abgeordneten einer All-Parteien-Koalitionsregierung geben ließ, die die konservative Regierung unter Neville Chamberlain abgelöst hatte. Churchill schwor das Parlament und damit das Volk auf die Schrecken und Leiden des Kriegs ein. „I have nothing to offer but blood, toil, tears and sweat“. (Ich habe nichts anzubieten als Blut, Mühsal, Tränen und Schweiß)“. Um dann die Schwierigkeiten der Aufgabe zu beschreiben: „We have before us many, many long months of struggle and of suffering.“(Vor uns liegen viele, viele Monate (Kampf)Härten und Leiden). Er ging auf die Gefährlichkeit der Lage für Großbritannien ein: „0ne of the greatest battles in history.“ (Eine der größten Schlachten in der Geschichte). Churchill nannte ein Ziel: „You ask, what is our aim? (Sie fragen, was unser Ziel ist?) I can answer in one word: Victory. (Ich kann mit einem Wort antworten: Sieg) Victory at all costs.( Sieg um jeden Preis.) Victory in spite of all terror(Sieg trotz allem Schrecken).Victory however long and hard the road may be.(Sieg, wie lang und hart der Weg sein mag.) For without victory there is no survival“(. Denn ohne Sieg kein Überleben oder Weiterleben.)
Churchill redete nicht um den heißen Brei herum, er redete auch die Lage nicht schön, drückte sich nicht davor, die Leiden zu nennen und die Härten. Schonungslos beschrieb er den Ernst der Situation, in der sich sein Land befand. Das ist es, was diese Rede des britischen Premierministers ausmachte.
Vielleicht steht Bundeskanzler Olaf Scholz eine ähnliche Rede noch bevor, der Krieg in der Ukraine ist ja längst nicht zu Ende, die Opfer sind jetzt schon schmerzlich, die Zerstörungen von Städten in der Ukraine tun weh. Und die Auswirkungen des Kriegs hier bei uns? Scholz Wort vom Unterhaken gefällt mir, dass wir zusammenstehen müssen, dass die Gesellschaft zusammen bleiben muss. Wir müssen die Probleme gemeinsam lösen. Die Gaspreise schießen in die Höhe. Wie lange hält der Westen durch? Es darf Putin nicht gelingen, uns zu erpressen, den Westen zu spalten, die EU zu zerstören.
Es ist wahr: Wir haben etwas zu verteidigen, diese erfolgreiche Demokratie, das, was unsere Väter und Mütter nach dem Krieg auf und aus den Ruinen des 2. Weltkriegs aufgebaut haben. Es mag nicht alles glänzen, das stimmt, aber es ist das beste Deutschland, das es je gab, vor dem sich niemand fürchten muss, wir sind umgeben von Freunden und Partnern, ausgestattet mit der besten Verfassung, die wir je hatten. Ich weiß, nichts ist so gut, dass man es nicht noch besser machen kann. Aber zunächst mal gilt es, das, was wir haben, zu verteidigen. Ein Land in Frieden und Freiheit. Seit 1945. Das darf man in diesen Tagen sagen, man darf daran erinnern. Noch gibt es Zeitzeugen, die die Bilder des zerstörten Landes vor Augen haben. Vergessen wir das nicht. Putin ist ein Kriegstreiber, er darf den Krieg nicht gewinnen. Hat der Bundeskanzler gesagt. Besonnen und überlegt.