An der Preisfront werden seit einigen Monaten immer neue Explosionen registriert. Die Importe von Rohstoffen und Energie, für Nahrungsmittel und Metalle sind immer teurer geworden. Die Frachtraten für diese Einfuhren stiegen so stark an wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Hohe importierte Inflation
Hier liegt schon eine der wichtigsten Ursachen für die Preissteigerungen, denn Deutschland ist nicht nur vom Export seiner Waren abhängig, sondern auch von den Importen. Diese höheren Preise schlagen sich insbesondere auch in den Kosten der deutschen Unternehmen, die marktfähige Güter produzieren, nieder. Obst, Gemüse, Kaffee, Tee und viele andere Lebensmittel, die im Ausland beschafft werden, sind ebenfalls viel teurer als noch vor Jahresfrist geworden. Hinzu kommt, dass viele Lieferketten unterbrochen sind, Schiffe in ausländischen – vor allem auch in chinesischen Häfen festliegen und der russische Krieg gegen die Ukraine zu großen Engpässen bei Mehl, Sonnenblumenöl, Kabelbäumen für die Autoproduktion und bei anderen Lieferungen führt.
Teure Lebenshaltung
Diese hohen Preissteigerungen sind in den letzten Monaten mit voller Wucht bei den privaten Verbrauchern angekommen. Statistisch fielen die Erhöhungen schon deshalb besonders stark aus, da die Preise für die Lebenshaltung in den Jahren 2020 und 2021 außerordentlich stabil waren, in einigen Monaten sogar unter Null lagen. Inzwischen sind sie explodiert: Die Inflation galoppiert weltweit, insbesondere auch durch Deutschland. Um satte 7 Prozent sind die Lebenshaltungskosten für die privaten Haushalte im letzten Monat nach oben geschossen. Das Ende der Fahnenstange der Preisexplosion ist noch nicht in Sicht. Vor allem drohen weitere Anstiege der Preise für Energie, Nahrungsmittel und Metalle.
Die Inflation steht bei den Sorgen, die sich die Menschen heute in Deutschland machen, an erster Stelle. Rund 40 Prozent der Bevölkerung gab dies bei einer aktuellen Umfrage an. Erst danach rangierten die Invasion der Russen in die Ukraine mit 34 Prozent, die Covid-Pandemie mit 8 Prozent in der Sorgen-Agenda. Fast ein Drittel der Deutschen befürchtet, angesichts der massiven Preissteigerungen die Ausgaben für ihre Lebenshaltung einschränken zu müssen. Vor allem die Menschen mit niedrigen Einkommen machen sich die größten Sorgen, dass ihr Geld kaum noch für Strom und Heizung sowie für die Lebensmittel ausreichen wird. Die Tafeln, die sich in vorbildlicher Weise für die Versorgung der ärmeren Bürgerinnen und Bürger mit dem Notwendigsten für den täglichen Konsum engagieren, kommen kaum noch nach: Die Zahl der Bedürftigen ist bereits wesentlich größer geworden, die angelieferten Waren reichen vorne und hinten nicht und das Spendenaufkommen lässt nur noch kleinere Beschaffungen zu.
Wenig wirkungsvolle Entlastungsmaßnahmen
Es sind jedoch nicht nur die Menschen mit geringen Einkommen, die sich derzeit über Wasser zu halten versuchen, sondern auch diejenigen mit mittleren Haushaltsbudgets, die sich um ihren durchweg bescheidenen, doch bislang bezahlbaren Lebensstandard sorgen. Auch sie werden von der kräftigen Verteuerung von Lebensmitteln, Energie, Dienstleistungen und vielem anderen hart getroffen. Die Entlastungsmaßnahmen, die jüngst von der Bundesregierung beschlossen wurden, sind für die meisten Menschen im Mittelfeld unserer Gesellschaft gerade ein Tropfen auf den heißen Stein. Das 9 Euro-Ticket wird nur denen helfen, die es nicht weit zur Bahn oder zum Bus haben. Der Kraftstoff-Rabatt reduziert zwar den Preis für Benzin und Diesel, doch profitieren davon vor allem SUV- und Limousinen-fahrer wesentlich mehr als andere mit bescheideneren Fahrzeugen. Ähnliches gilt auch für die anderen Entlastungsschritte, die seitens der Politik mehr oder weniger mit der Gießkanne ausgeschüttet werden. Rentner und Studenten, vor allem jedoch die Menschen mit niedrigen Einkommen profitieren entweder gar nicht oder nur in geringem Umfang davon. In der Summe sind es viele Milliarden Euro aus der Staatskasse, die auf Bedürftige wie auf Bezieher hoher und höchster Einkommen vergossen werden. Da der Divisor bekanntlich der Feind der Masse ist, reicht diese staatliche Wohltat für die wirklich Bedürftigen nicht aus. Für viele andere mit guten und superguten Finanzen ist sie kaum mehr als ein Trinkgeld, das sie bei ihren nächsten Restaurantbesuchen zahlen.
Wohlstand nur noch für wenige?
Die derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen machen eine Zeitenwende mit mehr Solidarität und Respekt erforderlich. Der Wohlstand wird kaum noch steigen. Doch muss heute viel mehr als in früheren Zeiten darauf geachtet werden, dass die Verteilung stärker die ärmeren, bedürftigen und einkommensschwächeren Menschen berücksichtigt. Die Soziale Marktwirtschaft sollte „Wohlstand für alle“ – und nicht nur für die Hälfte der Gesellschaft – bringen. Das tägliche Brot, die Wohnung, der Strom und die Heizung, sowie einiges andere sollten in unserem so reichen Land für alle, die dies aus eigener Kraft nicht bezahlen können, als Mindestwohlstand garantiert werden. Sonst könnte der Explosion der Preise die Explosion der Gesellschaft folgen.