Nun soll also sondiert werden, um herauszufinden, ob ein gemeinsamer Politikentwurf für eine neue GroKo der Verlierer möglich ist. Dabei wird deutlich, dass die wahrnehmbare öffentliche Zurückhaltung der CDU in einem Gegensatz zu den dicken Backen der CSU steht. Ganz eindeutig, die kleine „Bayernpartei“ (siehe dazu auch den ersten Kommentar) plustert sich auf, um rechts wenig Platz zu lassen. Der AfD-Schock jedenfalls treibt das Gespann Söder/Seehofer an, „die rechte Flanke zu schließen“. Erneut erweisen sie dabei dem rechtskonservativen ungarischen Ministerpräsidenten Orban die Ehre, der solidarische Flüchtlingspolitik in Europa verweigert. Wie gern wären die Christsozialen bereit, ihm auf seinem Weg völliger mitmenschlicher Abstinenz nachzueifern. Dem könnten in der CSU strategische Überlegungen folgen, die an die Substanz der Union gehen könnten.
Was aber bedeutete das für die Bildung einer Koalition mit der SPD? Der rechte Fahnenträger der CSU, Alexander Dobrindt, Vorsitzender der dezimierten CSU-Landesgruppe im Bundestag, ist ausersehen, die Geduld der Sozis zu testen; wird er rechtzeitig zurückgepfiffen werden, oder soll am Rechtsschwenk der CSU die Bildung einer neuen Regierung scheitern? Wackelt da der Schwanz mit dem Hund, oder folgt die CSU insgeheim einem Plan, dessen Raffinesse gerade darin bestehen könnte, ihren Handlungsspielraum nach rechts zu erhöhen, der ihr als Mitglied einer schwarz-roten Bundesregierung aber nicht zur Verfügung stünde?
Rechtsnationaler Trachtenanzug
Das könnte einem Söder strategisch gefallen, der keine Schwierigkeiten hat, der CSU einen rechtsnationalen Trachtenanzug zu schneidern, der der AfD in Bayern Stimmen abjagen könnte. Aber würde das die Schlappe der Bundestagswahl vergessen lassen und der CSU die ersehnte absolute Mehrheit bei der Landtagswahl im Herbst bringen? Die daraus erwachsenen politischen Turbulenzen wären in ihrer Wirkung allerdings unberechenbar. Zumal bei einem Auseinanderbrechen der Union sich die Grünen an Stelle der CSU als Mehrheitsbeschaffer für SPD und CDU zur Verfügung stellen könnten. Das wäre vor allem für die SPD hilfreich, weil damit die von ihr geforderte Umkehr der Politik mit einem zukunftsfähigen Programm am ehesten zu erreichen wäre.
Bei solchen luftigen Überlegungen wird deutlich, was auch für die CDU/CSU auf dem Spiel stehen könnte, sollte die CSU der SPD in einer erneuerten GroKo nicht ausreichend Raum lassen wollen Mit einigem Geschick könnten die Sozialdemokraten daher programmatisch die Richtung bestimmen, mit der eine erneute schwarz-rote Regierung die Zukunft für Deutschland in Europa anpackt. Dabei wird es darauf ankommen, Fehler bei der Verteilung der Kabinettsposten nicht zu wiederholen. Dazu gehört auch die Besetzung des Finanzministeriums durch die SPD, und die Aufhebung des Diktats der schwarzen Null, ebenso wie das Außenministerium, damit der deutsch-französische Motor für Europa Fahrt aufnehmen kann.
SPD als erneuerte Volkspartei
Mit einer politischen Mission, die im Innern die Spaltung in Arm und Reich überwindet, Altersarmut vermeidet, Pflege endlich angemessen finanziert und Bildung ohne soziale Selektion für alle öffnet und für Schulen und mehr Lehrer die Kommunen angemessen alimentiert, könnte die SPD zurückfinden zu dem Dreiklang „Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität“, der gerade in der digitalisierten Zukunft neue Tiefe braucht. Erst recht dann, wenn die CSU nach rechts abdriftet. Damit könnte die SPD die ungeliebte GroKo nicht sterbend, sondern als erneuerte Volkspartei überleben.
Bildquelle: pixabay, User geralt, CC0 Creative Commons
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihr im Betreff genannter Artikel ist leider mißverständlich. Den die CSU ist mitnichten die Bayernpartei. Die Bayernpartei hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich (https://de.wikipedia.org/wiki/Bayernpartei) . Es gibt uns aber noch, wir treten zu Wahlen an und bspw. bei der letzten bayerischen Landtagswahl haben wir ein Ergebnis von 2,1% erzielt und lagen nur etwa 3.500 Stimmen hinter der „Die Linke“.
Wir werden nicht gerne mit der CSU in einen Topf geworfen, diese Partei hat mehrmals versucht, die Bayernpartei kaputt zu machen. Dies ist ihnen auch mit der Intrige um die sogenannte „Spielbankenaffäre“ (aufgrund der sich der damalige Bundesinnenminister Zimmermann den Spitznamen „Old Schwurhand“ gefallen lassen musste) auch beinahe gelungen. Aber eben nur beinahe.
Von daher wäre ich für eine Korrektur oder Klarstellung sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Harold Amann
Landespressesprecher