Auf Markus Söder ist Verlass. Mögen viele geschockt und deshalb sprachlos gewesen sein von dem Ausmaß der Anschläge in Paris, bei dem immerhin über 130 Menschen von Terroristen einfach abgeknallt oder in die Luft gejagt und über 300 Zeitgenossen zum Teil schwer verletzt worden waren, ihm, dem CSU-Finanzminister nahmen die Attentate nicht die Luft zum Reden. „Paris ändert alles“. Das wusste er ziemlich schnell. Jetzt müsse die Zeit der unkontrollierten Zuwanderung endgültig vorbei sein. Also Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik, auch wenn die Kanzlerin gerade im ZDF-Interview ihren Kurs im Grunde bekräftigt hatte. „Jeder, der zu uns kommt, hatte einen Grund zu fliehen“. Früher hatte sie dazu noch betont, es gebe keine Obergrenze bei Asyl, gemeint der Artikel 16 GG: Politisch Verfolgte genießen Asyl. Auch der Bundesinnenminister Thomas de Maiziere(CDU) hatte vor einem Vermengen von Flüchtlingen und Terroristen gewarnt.
Das alles ficht Söder nicht an: Der Mann fackelt nicht lange. Wenn sich eine Gelegenheit bietet, verbal zuzuschlagen, dann tut er es. Dass er dabei danebenlangt, ihn scheint das nicht zu stören. Und wenn alle in sich gehen, geschockt von den Attentaten in Paris, die sich ja auch in Deutschland und anderswo abspielen könnten, dann steht er bereit, um die Ruhe und Einkehr zu stören. Die „Süddeutsche Zeitung“ zitiert den bayerischen Finanzminister mit den Worten: „Nicht jeder Flüchtling ist ein IS-Terrorist“. Nicht jeder Flüchtling.. Mehr muss man nicht sagen: Welch“ eine verbale Entgleisung gegenüber den Menschen, die vor den Terroristen in Syrien geflohen sind. Welcher Hohn. Nicht jeder Flüchtling… Söder sollte sich schämen. Aber das wird nicht passieren bei diesem Mann, der bewusst einen Zusammenhang herstellten wollte und will zwischen Flüchtlingen und Terroristen. Wir müssen die Grenzen dichtmachen, klar, erst die bayerischen und dann die Außengrenzen der Europäischen Union. Dass das nicht so einfach geht, Schwamm drüber. Wer wird denn in diesen Tagen so genau sein wollen. Der Stammtisch wird’s begreifen.
Seehofer distanzierte sich und greift an
Dieser Söder will den Generalverdacht gegenüber allen Flüchtlingen, gegenüber den Moslems. Zurückhaltung, Differenzierung war noch nie seine Stärke. Abwarten, bis sich die Lage ein wenig mehr klärt, bis man mehr weiß? Nicht für Söder. Nun könnte man versucht sein, diese Äußerungen Söders einfach zu vergessen. Wer ist schon Söder? Vorsicht, der Mann will Ministerpräsident in Bayern werden, Nachfolger von Horst Seehofer, und dafür hat er sich extra einen Pressechef aus der Chefredaktion der Bild-Zeitung geholt. Die Ergebnisse sieht man jetzt.
Seehofer würde man keine Träne nachweinen, gewiss nicht. Zumal der CSU- und bayerische Regierungschef seinen Finanzminister zwar zurückgepfiffen hat, es sei eine „völlig unangemessene Reaktion“, in diesen Stunden, in denen alle Demokraten zusammenstehen müssten, „die Kanzlerin in den Fokus der Kritik zu stellen“. Doch dann machte er deutlich, dass er so weit weg von seinem ungeliebten CSU-Parteifreund nicht ist. Seehofer griff zu einem kühnen Vergleich: Die Anschläge von Paris seien „der 11.September für Europa.“ Der 11. September 2001 New York: Terroristen hatten Flugzeuge gekapert und waren mit ihnen und den Passagieren in die Türme des World Trade Center geflogen. Die Folge: Tausende von Toten. Seehofer beließ es nicht dabei, sondern forderte die sofortige Verschärfung der Kontrollen an der bayerisch-österreichischen Grenze und zwar an allen Übergangsstellen. Und zu Seehofer gesellte sich inhaltlich Sachsens Ministerpräsident Tillich(CDU): „Eine unkontrollierte Einreise darf es nicht mehr geben.“
Mit Bezug auf Frankreich
Das alles wurde gerade mit Bezug auf die Ereignisse in Frankreich gesagt. Und das war auch gegen Merkel gemünzt. Hier wird bewusst mit der Angst argumentiert, mit der Angst vor den Fremden, unter denen sich Terroristen befinden können. Das kann sein, aber das mindert doch nicht das Recht auf Schutz für jene, die vor den Terroristen geflohen sind. Nach Europa, nach Deutschland, damit wir sie schützen. Frankreich, Europa, wir alle brauchen mehr Solidarität. Die Werte der westlichen Welt, dieser Wertegemeinschaft, Freiheit und Recht gelten gerade nach den tödlichen Anschlägen, jetzt erst recht. Jeder, der zu uns kommt, hatte einen Grund zu fliehen, hat die Kanzlerin vor ein paar Tagen gesagt und klar gemacht, dass wir diesen bedrohten Menschen helfen, ihnen Schutz bieten. Auch für sie, gerade für sie gilt, was in einem anderen Grundrecht, nämlich Artikel 1, Grundgesetz festgelegt ist: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Ich wiederhole es gern: Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben bewusst von der Würde des Menschen gesprochen, die sich eben nicht nur auf die Würde der Deutschen bezieht. Wenn wir hier einbrechen, erledigen wir das Geschäft der Terroristen. Flüchtlingsschutz ist Menschenrecht und Pflicht.
Bildquelle: Wikipedia, Freud, CC BY-SA 3.0
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