Immer wenn Boris Pistorius seine wehrpolitischen Vorstellungen der Öffentlichkeit präsentiert, kommt von Olaf Scholz eine Relativierung oder ein schlichtes Nein. Gerade eben bei den Diskussionen um eine wie auch immer geartete Wiedereinführung der Wehrpflicht. Er sehe kein zwingendes Personalproblem, sondern nur ein Motivierungsdefizit bei der Rekrutierung.
Begründet wird diese merkwürdige und allen Untersuchungen und Erkenntnissen zuwider laufende Diagnose nicht. Im Kabinett ist der Kanzler „Herr der Ringe“, nicht aber in der SPD und schon gar nicht im politischen Stimmungsbild der Republik. Offenbar spielen die überaus guten Zustimmungswerte für Boris Pistorius für die „Gegenvorstellungen“ des Kanzlers eine Rolle. Dabei mag wohl auch die perfekte Selbstdarstellung des Verteidigungsministers, der bei Helmut Schmidt in die Lehre gegangen zu sein scheint, eine Rolle. Ein kleiner Rückblick auf die Berichterstattung zu der jüngsten USA Reise von Boris Pistorius mit der ungewöhnlichen Ehrerbietung seines amerikanischen Kollegen für ihn gibt Aufschluss über eine sich anbahnende innerparteiliche Konkurrenz der beiden Akteure. Angesichts der besorgniserregenden Akzeptanzwerte der Bundesregierung, die der AfD helfen, sind solche Hahnenkämpfe schlicht kontraproduktiv. Dass Scholz es vorzieht, Christian Lindner gegen zwei Kabinettkolleginnen bei dessen aberwitzigen Spardogmen Beistand zu leisten, stärkt gewiss ich seine Position in seiner eigenen Partei.