Im Blick auf die kommenden Jahre hat der Kanzlerkandidat der SPD, Olaf Scholz, angekündigt, dass die weit über dem Durchschnitt Verdienenden und die herausragenden Vermögensbesitzer einen größeren Beitrag leisten müssten. Kleine und mittlere Einkommen sollten entlastet werden.
Das ist angesichts der neuen Schulden durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie verständlich. Und auch richtig. Denn die „alte“ Sozialdemokratie hat Ausgaben, Schulden und Finanzierung zusammen meist nicht aus den Augen verloren. Scholzens Ankündigung ist „Zukunftsmusik“. Anderes liegt näher.
In ziemlich genau sieben Monaten entscheiden die Wahlberechtigten in Deutschland über die Zusammensetzung des Bundestages und mittelbar darüber, welche Fraktionen die Regierung einschließlich der Regierungsspitze bilden werden. Parteien und deren Fraktionen bringen sich langsam in Position.
Die Bundesregierung für die Zeit zwischen 2021 und 2025 wird in den Bereichen der sozialen Sicherung vor ähnlichen Fragen stehen wie die Regierung Schröder-Fischer in den Jahren bis 2005. Diese vier Jahre bis 2025 werden extrem schwierig werden, es wird tiefe Enttäuschungen, Zorn und harte Auseinandersetzungen geben.
Mit Blick auf die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung wegen Minister Spahns Politik war am 19. Februar in der FAZ zu lesen: „Die durch dreizehn Gesetze und Vorlagen ausgelöste Kostensteigerung beziffern die Kassen zwischen 2019 bis 2022 auf rund 33 Milliarden Euro – „ohne Corona“, wie es ausdrücklich heißt.“ Die Auswirkungen der Corona-Pandemie ordnete die Zeitung so ein: „Insgesamt klaffe im laufenden Jahr in der GKV eine Finanzierungslücke von 16 Milliarden Euro. Diese könne nur durch noch höhere Steuerzuschüsse, durch den Abbau der Kassenrücklagen sowie durch die Erhöhung des Krankenkassenzusatzbeitrags um 0,2 bis 0,5 Prozentpunkte geschlossen werden.“
Im Bereich der Pflegeversicherung haben Bundesregierung und Gesetzgeber ausgabenwirksame Beschlüsse mit einem Volumen von sechs Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Es besteht zwar die Absicht, 1,8 Milliarden Euro über einen höheren Bundeszuschuss zu finanzieren, einen weiteren Teil durch Abbau der Pflege-Rücklage; aber ein Rest wird über höhere Beiträge zu decken sein. Zudem wird der Gesetzgeber kaum daran vorbeikommen, dem 2019 vorgelegten Gutachten des „Pflegepapstes“ Professor Heinz Rothgang zu folgen und die fachliche Personalausstattung der Altenpflege merklich zu erhöhen – allein schon der steigenden Pflegezahlen wegen. Auch das kostet Geld, Geld für unabweisbare Vorhaben. Wie die so entstehenden Kosten gedeckt werden, ist offen.
Die Realisierung eines einheitlichen, bundesweiten Tarifs für die in der Altenpflege Beschäftigten würde noch einmal einen Ausgabenschub von fünf Milliarden bewirken, ist von Pflege- Arbeitgebern zu hören. Derzeit sieht es jedenfalls so aus: Die Hauptlast steigender Ausgaben liegt auf den Schultern der Pflegebedürftigen – durch höhere Eigenanteile – und auf der kompensierenden Sozialhilfe.
In der gesetzlichen Rentenversicherung ist klar: Deren Beitragssatz wird von gegenwärtig 18,6 Prozent auf 20 Prozentpunkte 2025, steigen. In der Arbeitslosenversicherung ist eine Erhöhung des Beitrags von 2,4 um 0,2 Prozentpunkte 2024 bereits „eingepreist“, wie es heißt.
Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag festgelegt, dass während der laufenden Legislaturperiode die Summe der Sozialbeiträge 40 v.H. des beitragspflichtigen Einkommens nicht überschreiten solle. Es heißt, jeden Tag besuchten Regierungs- beziehungsweise Koalitionsvertreter diesen „40-Prozent-Patienten“, um ihn zu behauchen und beatmen, den Defibrillator stets zur Hand. Ende der nächsten Legislaturperiode würden dann jährlich 40 bis 50 Milliarden Euro mehr jährlich in die Sicherungssysteme fließen müssen. Keine Kleinigkeit in einer Zeit, in der gleichzeitig die Lohn- und Einkommensteuer neu austariert werden soll.