Es ist wieder stiller geworden. Den Forderungen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, den Überlegungen von Außenminister Frank Walter Steinmeier nach einer Unterstützung der Kurden im Kampf gegen die Terroristen des Islamischen Staats (IS) mit Waffenlieferungen scheint eher Nachdenklichkeit gefolgt zu sein.
Die Bilder über das Leid der Jesiden im nördlichen Irak hatten weltweit eine militärische Unterstützung der Kurden als einzige Gegenkraft der IS-Kämpfer ins Gespräch gebracht.
Eine Versuchung, die emotional und humanitär verständlich, aber unter rationalem Aspekt höchst gefährlich ist. Bei allen Waffenlieferungen in diese aufgeladene Region kann man nicht sicher sein, von wem sie am Ende benutzt und wem sie tatsächlich helfen werden.
Die Interessenlagen im Irak selbst sind zwischen den einzelnen Volks-und Religionsgruppen schwer zu durchschauen. Die USA haben ihr Debakel erlebt, als sie zunächst den schiitischen Premier Maliki unterstützten und dann eher hilflos zuschauen mussten, wie er das Land in einen schiitisch dominierten Staat umwandeln wollte. Die Waffen, die man seinerzeit dem irakischen Militär zur Verfügung stellte, wurden von Maliki genutzt, um Kurden und andere sunnitischen Gruppen zu verfolgen.
Die Kämpfer der IS rekrutierten sich im Kampf gegen Assad in Syrien. Und wurden deshalb in ihrer damaligen Rolle nicht energisch bekämpft, sondern vom Westen, vor allem von Frankreich und Großbritannien, als Unterstützer gegen das Assad-Regime geduldet.
Viele der IS-Terroristen kamen über die Türkei in die Region oder erhielten von dort Nachschub. Heute wiederum unterstützt die Türkei eher zähneknirschend die Kurden im Kampf gegen die IS. Denn die Befürchtung hat zugenommen, dass die Brutalität und der Allmachtsanspruch der IS-Terroristen auch vor der türkischen Grenze nicht Halt macht.
Wo sich Interessenlagen und Koalitionen so schnell ändern wie in dieser Region, ist es wenig logisch, mit Waffenlieferungen Stabilität und Kontinuität erreichen zu wollen. Mehr als 800 000 Menschen stehen in dieser Region schon jetzt unter Waffen. Und wer den Kurden im Kampf gegen die IS Waffen gewährt, wird sie jenen schiitischen Gruppen, die ebenfalls die Bekämpfung des Islamischen Staats als ihren Auftrag definieren, kaum verwehren können.
Waffenlieferungen sind weder kurzfristig erfolgsversprechend und nachhaltig können sie erst recht nicht zu einer Befriedigung beitragen. Notwendig ist vielmehr ein Konzept, mit dem man die ganze Region einbindet in eine Strategie gegen die weitere Stärkung der IS. Dazu gehört, dass Deutschland und der gesamte Westen endlich ihre harmlose Haltung gegenüber einem Staat wie Katar aufgeben. Er ist kein Stabilitätsfaktor in dieser Region, sondern Geldgeber und Unterstützer der der IS.
Der Ruf nach Waffenlieferungen ist ein Ausdruck der Hilflosigkeit. Er darf nicht noch lauter werden, so lange die Frage nicht beantwortet ist, in wessen Hände die Waffen am Ende gelangen. Und wer ehrlich ist, wird auf diese Frage keine Antwort finden können.
Bildquelle: Wikipedia, Leopard-1, CC BY 2.5 Bukvoed