Nius, der Skandalisierungskanal von Ex Bild Chef Julian Reichelt hatte es exklusiv. Ein Interview mit einem 64jährigen Rentner, der am frühen Morgen Besuch von der Polizei bekommen hat. Die Beamten suchten den Unterfranken auf, weil gegen ihn ermittelt wurde. Unter anderem wegen Beleidigung.
Denn der Social Media Nutzer hatte Robert Habeck einen Quatschkopf auf X genannt. Und dieser hat ihn und weitere gut 700 andere Hater angezeigt.
Und genau hier steigt Reichelt ein. Der Rentner darf vor laufender Kamera vom Polizeieinsatz erzählen. Und sich aufregen, er sei doch nur ein kritischer Bürger. Bei aller Berichterstattung wird als wichtig hervorgeholt, dass Robert Habeck die Anzeige persönlich gestellt hat.
In nachfolgenden Sendungen wird er als Politiker mit Glaskinn bezeichnet, es werden sogar Konsequenzen gefordert.
Was bei der ganzen „Berichterstattung“ keine Rolle spielt, ist die Einschätzung der Justiz. Denn jeder von uns kann Anzeigen schreiben und Strafanträge stellen, die Staatsanwaltschaft prüft das und entscheidet dann, ob denn ein Strafbestand vorliegt.
Im Beschluss steht eindeutig “ Die Staatsanwaltschaft bejaht das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung“. Denn es sei „strafbar als gegen Personen des politisch gerichteten Beleidigung nach §§185, 188 Abs.1. 194 StGB.
Das gegen den Mann wegen eines weiteren Postings mit antisemitischem Zusammenhang ermittelt wird, spielt in der Berichterstattung kaum eine Rolle.
Und natürlich regen sich alle rechten Influencer auf: Habeck verfolgt Kritiker, stellen Vergleiche mit totalitären Systemen und schürt so die immer benötige Empörung in der Bubbel.
Natürlich fehlt jeder Hinweis auf bestehende Gesetze, die die Meinungsfreiheit einschränken, wenn die Äußerung strafrechtlich relevant ist. Aber für solche Infos stehen NIUS und CO nicht.
Dabei hat die ganze Geschichte einen Hintergrund.
Robert Habeck, der grüne Wirtschaftsminister, gehört zu den Politikern, denen es immer auch um Stil und die Art und Weise der Auseinandersetzung geht. Er gehört nicht zu den Haudraufs der Republik und sieht sich da in einer Linie zu Angela Merkel. „Sie hat immer gewusst, was sich gehört“, sagte er ZDF und zielte auf Söder und Kretschmer, die er wohl anders einschätzen. Und er wehrt sich gegen Hass und Hetze im Netz, wie das auch andere tun, Agnes Strack Zimmermann z.B. hat schon 1300 Anzeigen geschrieben. Die Gesetze geben das her, die Paragrafen wurden von der großen Koalition verschärft, als einige Gerichte urteilten, PolitikerInnen müssten so ziemlich alles aushalten, was Hater so ausspucken. Wir erinnern uns, wie viele Kommunalpolitiker schon aufgegeben haben, weil sie Beleidigungen und haltlose Anwürfe nicht aushalten konnten.
Es ist im Moment gut sichtbar, wer sich um den demokratischen Diskurs kümmert und wer unter dem Deckmäntelchen der „Verteidigung der Meinungsfreiheit“ dem rechten Mob die Stange hält.
Übrigens, Habeck selbst betrachtet den „Quatschkopf Professionell“ als nicht so schweren Fall der Beleidigung. Warum die Staatsanwaltschaft Bamberg dies anders sah, kann man in deren Pressemeldung lesen. Die Wohnungsdurchsuchung stand nämlich im Zusammenhang mit dem bundesweiten Aktionstag gegen antisemitische Hasskriminalität im Internet. Das verschweigt die rechtsextremistische „Medien“szene natürlich mit gutem Grund.