Die Nachrichten über die in Deutschland immer noch sehr engagierten ehrenamtlichen Unterstützer für Flüchtlinge sind längst aus den Schlagzeilen verschwunden. Stattdessen sind rechtsextremistische Übergriffe und Attacken gegen Flüchtlinge und Ihre Unterstützer in Deutschland an der Tagesordnung. Wir erfahren beinahe täglich über neue ganz konkrete Bedrohungen von Bürgermeistern, Angriffe auf Wahlkreisbüros von Politikern, gegen Helfer. Aber auch Journalistinnen und Journalisten werden bedroht.
Die Meinungs- und Pressefreiheit stand im Mittelpunkt der Berliner Eröffnungsveranstaltung des Vereins „Gesicht zeigen – für ein weltoffenes Deutschland e.V.“ anlässlich der Internationalen Wochen gegen Rassismus. Für Uwe-Karsten Heye, den Vorsitzenden des Vereins ist es jetzt mehr denn je an der Zeit, laut zu werden. US-Präsident Trump sei für Viele der Stichwortgeber für deren eigene demokratiefeindliche Agenda. Niemals nach dem 2. Weltkrieg habe es einen US-Präsidenten gegeben, „den die Neonazis und ihre rechtspolitischen Geschwader in Deutschland so begeistert begrüßt haben“. Das gelte auch für Marine le Pen, Geert Wilders, Viktor Orbán oder die polnische Regierungspartei PIS. Für Trump seien Journalisten „Volksfeinde“ die Lügen verbreiten. Bei uns werde „Lügenpresse“ skandiert und von „Systemparteien“ gefaselt. Der Präsident der Vereinigten Staaten spricht im Zusammenhang mit Journalisten von „Volksfinden“, die Lügen verbreiten. Nicht anders als der türkische Ministerpräsident, in seinem Kampf gegen Presse- und Meinungsfreiheit.
In der Diskussion „Populismus, Politik und Propaganda“ mit Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Marold, dem Bild-Blog Gründer Stefan Niggemeier, dem RBB-Journalisten Olaf Sundermeyer und der freien Journalistin Mely Kiyak wollte Moderator Marco Seifert wissen, wie man mit dem täglichen Beschimpfung durch das Publikum umgehe. Ein Teil ihres Publikums war immer schon gegen journalistische Arbeit, so die einhellige Meinung auf dem Podium. Nur heute, so Olaf Sundermeyer, sind sie „mutiger“ geworden. Direkte Konfrontation und Verunglimpfungen bei voller Namensnennung. Der RBB – Journalist hat aber die Erfahrung gemacht, dass mit einer sachlichen Antwort auf eine problematische, vorurteilsgeladene und hasserfüllte Email schnell deutlich werde, dass es dem Absender oft nur darum gehe, gehört zu werden. Das bestätigt Lorenz Marold, der feststellte, dass seine Antworten oftmals auch Dialog brächten nach dem Motto „Ja, wenn ich gewusst hätte, dass meine Mail gelesen wird, hätte ich mich so nicht ausgedrückt!“. Mely Kiyak hat ein Jahr lang jede Email und jede Zuschrift beantwortet. Zeitweise waren dafür drei Praktikanten beschäftigt. Heute aber schottet sich komplett ab. Kein Facebook, kein Twitter. Stefan Niggemeier, fragt nach dem „richtigen Maß“ auch in der Berichterstattung. „Wie viele sind es wirklich, die da gezielt in den sozialen Medien angreifen?“ Vielleicht werde da auch durch die Berichterstattung zusätzlich gepuscht.
Auch bei der Frage des journalistischen Umgangs mit der AfD wurde deut-lich, dass der journalistische Ansatz bedeutet, dass man sich mit einer Partei und ihren Vertretern, die mittlerweile in vielen Landtagen sitzt auseinandersetzen muss. Aber auch hier wies Olaf Sundermeyer auf Fehler in der Berichterstattung hin. Es sei falsch gewesen, die AfD überproportional in Talkshows auftreten zu lassen. Was Stefan Niggemeier zu der Frage brachte, ob es wirklich die Besetzung der Talkshows oder ob nicht das Format selbst das wirkliche Problem darstellt.
Auch wenn einem im Laufe des Abends durch die spitzen Zungen von Idil Baydar und Arnulf Rating manchmal das Lachen im Halse stecken blieb, war klar, dass der Appell von Uwe-Karsten Heye, „laut zu werden“ und für Presse – und Meinungsfreiheit Gesicht zu zeigen, im Publikum angekommen war – zum Beispiel mit aktiver Solidarität für die über 150 inhaftierten Journalistinnen und Journalisten in der Türkei oder die brotlos gewordenen Journalisten in Ungarn und Polen.
Vom 13.März bis 23.März finden die „Internationalen Aktionswochen ge-gen Rassismus 2017“ in der ganzen Bundesrepublik statt. Die Vereinten Nationen haben den „Internationalen Tag zur Überwindung von rassisti-scher Diskriminierung“ schon 1966 ausgerufen. Seit 1994 werden alle Initiativen und Aktionen zentral koordiniert. Welche Veranstaltung in Ihrer Nähe stattfindet, können Sie unter http://internationale-wochen-gegen-rassismus.de/ nachlesen.