Nun werden also doch Panzer in die Ukraine geliefert, Schützenpanzer vom Typ Marder und das Patriot-Raketenabwehr-System. So hat es Bundeskanzler Olaf Scholz entschieden, nach den USA und Frankreich, die ihre Panzersysteme in den Krieg schicken, um die Ukraine zu stärken gegen den übermächtigen Gegner Russland. In enger Abstimmung mit den Verbündeten, gemeinsam. Scholz-Kritiker schreien Hurra, um die Reaktion hinterherzuschieben: Zu spät, zu zaghaft. Gerade so, als wären Waffen die Friedens-Bringer. Und sie begnügen sich natürlich nicht mit der kritischen Zustimmung für Scholz, sie fügen gleich die nächste Forderung hinzu: Nun müssten aber schwere Panzer vom Typ Leopard folgen. Darauf hätte ich wetten mögen, dass die üblichen Verdächtigen aus der Politik, den Grünen, der FDP, der CSU und natürlich Journalisten hier jubeln und nachlegen, ohne Skepsis, ohne jeden Zweifel, ob das der richtige Weg wäre. Bin gespannt, wie die nächste Forderung lautet.
Vor allem aus der FDP hört man fast nur noch Waffen-Geschrei, hier an der Spitze die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Strack-Zimmermann. Ob es da einen Zusammenhang gibt, dass die Freidemokratin aus Düsseldorf kommt, dort ihren Wahlkreis hat und die Waffenschmiede Rheinmetall dort ihren Sitz hat? Dass einer wie Kubicki dabei ist, wundert nicht. Der ist eigentlich immer dabei, wenn es gegen etwas geht. Merkwürdig die Nähe der Grünen zum Thema Waffen. Pazifismus, das war mal. Seit längerem hat sich hier Anton Hofreiter, eigentlich ein Linker unter den Grünen, mit an die Spitze derer gesetzt, die schwere Waffen für das allein seligmachende Programm halten, um den Russen Paroli bieten zu können. Auffallend, dass beide erwähnten Politiker von der FDP wie den Grünen bei den Regierungsämtern damals leer ausgingen. Was ich damit sagen will? Mich wundert es halt. Und mich wundert auch die Haltung der Grünen-Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt, Bundestags-Vize wie Wolfgang Kubicki.
Und dann wird vom Druck auf den Kanzler gesprochen, der zunehme. Und dem er nachgegeben habe. Warum eigentlich? Man mag Scholz für seine zaghafte, ich nenne es besonnene Haltung kritisieren. Aber dass er immer gesagt hat, es werde keine deutschen Alleingänge geben, er werde sich stets abstimmen mit den Verbündeten, also den USA und Frankreich, ist doch auch richtig. Warum soll es gut sein, zur treibenden Kraft bei Waffenlieferungen zu werden, zumal der Waffen-Bestand innerhalb der Bundeswehr eher Fragen aufwirft, welche von den Waffen denn überhaupt noch funktionstüchtig seien. Was kein Grund ist, die amtierende Verteidigungsministerin Lambrecht dafür verantwortlich zu machen. Das waren ihre tüchtigen Vorgänger/innen von der CDU und CSU.
Führungsschwäche bei Scholz? Wegen der Waffenlieferungen? Darüber kann ich nur müde lächeln. Mir ist in diesem Kreis von Hektikern und Alarmrufern ein ruhiger Kanzler, der abgewogen urteilt, lieber als die politischen Zirkusdirektoren, die ihren Wahlkampf im Lande mit Kritik an Berlin und an Scholz würzen wollen. Anders ist doch der CSU-Landesgruppenchef Dobrindt nicht zu verstehen, derselbe Dobrindt, der als Bundesverkehrsminister eine denkbar schwache Rolle gespielt hat und der sich darin gefällt, Reformdebatten über die deutsche Staatsbürgerschaft als Verramschen des Deutschen zu diskreditieren. Oder reden wir von Selbstbeschränkung. Und sehen darin Scholzens Unentschlossenheit? Passivität, Initiativmangel?(SZ) Richtig bleibt, dass derselbe Scholz immer wieder betont hat, die Ukraine unterstützen zu wollen und zwar mit Waffen, mit Geld, politisch, ihre Geflüchteten aufzunehmen. Und er hat stets betont, eine Eskalation des Krieges auf das Nato-Gebiet unbedingt verhindern zu wollen, eben einen dritten Weltkrieg.
Ungeachtet aller Kritik an Putin, den Kriegstreiber, darf die Kommunikation mit Moskau nicht aufhören. Und wenn es noch so schwerfällt, muss man immer mal wieder das Gespräch mit dem russischen Präsidenten suchen, um auszuloten, was geht. Das bleibt auf der politischen Agenda von Scholz und Macron, auch wenn ein Frieden oder ein Waffenstillstand nicht in Sicht sind. Und das heißt ja nicht, Putin nachzugeben oder einem russischen Diktatfrieden, sondern die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass es irgendwann genug sei der Opfer auf beiden Seiten. Man darf an die Worte des ersten SPD-Bundespräsidenten Gustav Heinemann erinnern: „Der Frieden ist der Ernstfall, in dem wir alle uns zu bewähren haben.“ Und nicht der Sieg.