Bayern lieben ihr Bier, was sie für einzigartig halten, streiten tun sie auch gern. Deshalb haben sie auch dem Grundgesetz 1948 nicht zugestimmt.
Die Schwaben interessieren sich mehr für das „Häusle bauen“ al s die gesamtdeutschen Belange. Und die Nordrhein-Westfalen haben genug damit zu tun, vergangene wirtschaftliche Bedeutung zurück zu holen und ihr „Bindestrichland“ zusammen zu halten. Sowieso ganz anders als der Rest der Deutschen sind die Berliner. Diese Verschiedenartigkeit gab es übrigens immer.
Georg Friedrich Freiherr von Fritsch, Sproß einer bedeutenden Adelsfamilien aus Weimar, hat in seinem spektakulären Buch „Der Liebe Unhold“, das erst siebzig Jahre nach seiner Erstauflage in England 2011 in deutscher Sprache erschien, das Deutsche Wesen treffend geschildert. Nach seiner Flucht vor den Nazis nach England, wo er unter dem angenommenen Pseudonym René Halkett vor allem journalistisch und als Maler gearbeitet hat, hat er seine Erinnerungen an die Kaiserzeit und die Weimarer Republik äußerst eindrucksvoll zu Papier gebracht. Bis weit in den ersten Weltkrieg hinein, so schildert er es, gab es überhaupt kein ausgeprägtes Nationalbewußtsein, sondern nur die regionalen Befindlichkeiten. Der Hegemon Preußen, der nach dem Krieg gegen Frankreich 1870/71 das zweite Deutsche Reich erzwungen hatte, bestimmte den Takt. Sein Buchtitel war auf Deutschland gemünzt und nicht auf Hitler. Dies war die Sicht von Außen mit der Kenntnis aus dem Lande seiner Herkunft.
Heute wundern sich die Westdeutschen darüber, dass in Ostdeutschland ein eigenes Bewußtsein gewachsen ist, was durchaus für Undankbarkeit gehalten wird. Dass auch das „Geschenk“ der westdeutschen Währung und die Aufbauhilfen diese Andersartigkeit nicht einebnen konnte, wird nicht begriffen. Integration darf nicht heißen, eigene Werte und Erfahrungen aufgeben zu müssen. Wir sollten uns auf beiden Seiten daran gewöhnen, Andersartigkeit nicht als Trennendes zu empfinden. Dies wäre der Beginn einer neuen Normalität.