Der Islam gehört zu Deutschland, hatte mal ein Bundespräsident gesagt. Aber Christian Wulff war nicht der „Erfinder“ des Satzes, das war Jahre zuvor der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Er hatte 2006 zu einer Islamkonferenz eingeladen. Wörtlich erklärte der CDU-Politiker: „Der Islam ist Teil Deutschlands und Europas.“ Jahre später wiederholte Bundeskanzlerin Angela Merkel diesen Satz. Er blieb nicht ganz unwidersprochen, Gegenrede gab es von der CSU, aber auch der CDU. Aber die große Mehrheit würde Schäubles, Wulffs und Merkels Erklärung nicht bestreiten, wenn über die Religionen debattiert wird. In Deutschland leben zwischen 4,4 und 4,7 Millionen Muslime.
In unserer vielfältigen, bunten Gesellschaft, solle man den Islam aber weder verteufeln noch zelebrieren, erklärt Ahmad Mansour, der weiß, wovon er redet. Mansour ist in Israel als Sohn arabischer Eltern geboren(1976), in der israelischen Kleinstadt Tira. Er lebt seit 2004 in Berlin und ist deutscher und israelischer Staatsbürger. Als junger Palästinenser wäre er in Israel beinahe radikaler Islamist geworden, heute zählt er zu den eigentlichen Islamismus-Experten in Deutschland. Und weil er so offen über die möglichen Gefahren des Islamismus redet und darüber, wie besondere Gruppen versuchen, unsere Demokratie zu unterwandern, zählt Mansour zu den besonders gefährdeten Personen im Lande. Er genießt Personenschutz. Was ihm nicht gefällt.
Angriff auf unsere DNA
Der politische Islam, prangert Mansour an, sei ein „Angriff auf die DNA unserer Gesellschaft“. Aus Sorge, als islamfeindlich hingestellt zu werden, nähmen Politik und Gesellschaft die Gefahren für die Werte unserer Demokratie nicht ernst. Mansour wirft Politik und Gesellschaft vor, naiv und viel zu passiv darauf zu reagieren. Mansour hat viele Schriften verfasst zu Salafismus, Antisemitismus und zu psychologischen Herausforderungen und Problemen von Migranten muslimischer Herkunft. Er ist Geschäftsführer der Mansour-Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention(MIND).
„Das Schlimmste für den politischen Islam wäre ein europäisch geprägter Islam mit demokratischen Wurzeln. Deshalb brauchen wir gerade den.“ Sagt Ahmad Mansour, er fordert im Grunde einen wirksamen Kampf gegen Islamismus in Deutschland. Es gebe radikal ausgerichtete Islamisten, hat Mansour herausgefunden, die unter dem Deckmantel des persönlichen Engagements politische und wissenschaftliche Institutionen unterwanderten und dabei vorgäben, sich für Integration einzusetzen. Doch, warnt der Bestseller-Autor, wollten diese Kräfte dies überhaupt nicht, sie wollten vielmehr unsere Gesellschaft in ihrem Sinne umformen und unser demokratisches System verändern. Es seien falsche Freunde. Mansour zeigt die Versäumnisse der Politik auf und fordert von ihr, endlich zu handeln und entschieden für die Werte unserer Gesellschaft einzutreten. Er plädiert für konkrete Maßnahmen u.a. im Schulwesen
Natürlich stellen nicht alle Muslime in Deutschland eine Gefahr dar. Das behauptet Mansour auch nicht, er redet auch den Islam als solchen nicht schlecht, aber er warnt vor Fehlentwicklungen. Mansour berät u.a. die Polizei, er arbeitet an Schulen und hat viele Workshops geleitet. Er begleitet Familien mit radikalisierten Jugendlichen. Mansour betont, dass es d i e Muslime nicht gibt, man müsse differenzieren und eben den politischen Islam im Auge haben. Er kennt das alles, weil er in seiner Jugend zu den radikalen Muslimbrüdern gehörte. Unterwanderung sei ein langer Prozess, an dessen Ende aber schwere Probleme passieren könnten.
Ziel ist die Scharia
Das Ziel politischer Islamisten sei eine Staats- und Gesellschaftsordnung, in der nach den Regeln der religiösen Gesetze des Islam, der Scharia, regiert werde. Es sei jene Denkweise, die ein patriarchalisches Frauenbild vertrete, sexuelle Selbstbestimmung von Frauen von Grund auf ablehnte, Nicht-Muslime als Ungläubige bezeichne und Kritik an solchen Punkten sofort als generellen Angriff auf den Islam zurückweise. Vorstellungen von Toleranz, wie sie die deutsche Gesellschaft auszeichnet, kennten diese Vertreter des politischen Islam nicht, sie nutzten vielmehr die freien Strukturen unserer Demokratie, um sich und ihre Ideen auszubreiten, in der Polizei, in der Politik, in der Wissenschaft, in den Medien, in der Integrations- und Sozialarbeit. Die islamische Organisation DITIB sieht er als verlängerten Arm des autokratischen türkischen Präsidenten Erdogan. Dennoch gilt DITIB hier als Gesprächs- und Verhandlungspartner.
„Hier in diesem Land(gemeint die Bundesrepublik), in dem die Würde des Menschen laut Grundgesetz unantastbar ist, werden täglich Tausende von Frauen drangsaliert, geschlagen, eingeschüchtert und ihrer Freiheit beraut. Und eine relevante Anzahl dieser Frauen lebt in traditionell geprägten, migrantischen Milieus. Der Versuch, solche Taten unter Femizid zu verbuchen, ist nichts anderes als der Versuch der Verallgemeinerung und blendet genau solche religiösen und traditionellen Hintergründe aus.“ Schreibt Mansour in seinem Buch „Operation Allah“.
Der politische Islam, erläutert Mansour, kultiviere die Opferrolle der Muslime. Das merke man, wenn man Kritik an der radikalen Denkweise des Islam äußere. Das werde schnell als Islam- oder Ausländerfeindlichkeit angesehen, ein Vorwurf, dem man in Deutschland lieber ausweiche. Muslimische Frauen und Mädchen, die von Selbstbestimmung und Toleranz träumten, blieben weitgehend unbeachtet. Sie dürften keinen Sex vor der Ehe haben, sie dürften sich nicht in jene verlieben, die sie wirklich mögen, viele sind gezwungen, ein Kopftuch zu tragen, weil es ansonsten Druck aus der Familie oder der Community gebe. Lehrer hätten beobachtet, dass muslimische Schülerinnen zudem auf dem Schulhof unter der Beobachtung ihrer Brüder stünden.
Die Vertreter des politischen Islam sei eine Minderheit, aber, warnt Mansour, sie sei lautstark, einflussreich und radikal, sie sei eine Gefahr für die Demokratie, „Genau deshalb ist so wichtig, das Problem zu erkennen, es klar
und differenziert zu benennen und als Gesamtgesellschaft dagegen zu steuern.“
Bringschuld der Zuwanderer
„Wir brauchen eine Rückkehr zur Bereitschaft, Kontroversen zuzulassen. Der ganze Bereich um Integration, Prävention, Deradikalisierung und Islam ist so einseitig geworden, dass jede Abweichung von unkritischer Betrachtung ein Grund ist, sie zu diskreditieren. Schon allein meine These, Integration sei auch eine Bringschuld der Zugewanderten, ist häufig ein Grund, mich als Nazi zu bezeichnen. Die Position, für ein Neutralitätsgesetz zu sein, also das Tragen von Kopftüchern bei Lehrerinnen, Polizistinnen und Richterinnen abzulehnen, wird als rassistisch und diskriminierend bezeichnet. In manchen Kreisen lehnt man sogar den Begriff „Islamismus“ ab. “ Schreibt Mansour.
Zum Thema Kopftuch noch ein Hinweis aus der aktuellen Entwicklung im Iran: die Frauen, die zur Zeit in Teheran und anderswo protestieren, betrachten den Schleier als Symbol der Unterdrückung durch die Männer, das Symbol „Frau-Leben-Freiheit“ bringt das zum Ausdruck. Islamisten, lese ich dann dazu bei Mansour, riefen Männer dazu auf, „auf ihre weiblichen Familienmitglieder aufzupassen und werben für das Kopftuch als Gegenmodell zur zügellosen Gesellschaft. “ Aber es ist wie anderes „die Basis für Unterdrückung von Frauen und leider im Ernstfall auch für deren Ermordung, auch wenn nicht explizit dazu aufgerufen wird.“