Selbst einer der Großen in der Politik wie Markus Söder- er misst immerhin 1,94 m wie Manuel Neuer-kann sich irren. Ende April sagte der Franken-Bayer: „Borussia Dortmund ist eigentlich fast zu doof, um Meister zu werden.“ Da wusste Söder, Ministerpräsident des Freistaats Bayern, CSU-Parteichef und bekennender Fan des I. FC Nürnberg, noch nicht, dass die Kicker des FC Bayern München hin und wieder auch zu doof sind, um Meister zu werden, verloren sie doch das Heimspiel gegen RB Leipzig im eigenen Stadion mit 1:3. Also überholte der BVB die bayerische Konkurrenz und liegt vor dem letzten Heimspiel gegen Mainz 05 mit zwei Punkten vor dem Ewigkeits-Meister aus dem Süden, der selber in Köln antritt. Man muss kein Experte sein, um darauf zu wetten, dass die schwarzgelbe Borussia dieses Mal die Meisterschale überreicht bekommt. Mehr noch: Und dass der FC Bayern in diesem Jahr nicht einen Titel gewinnt. Dabei wollte er das Triple, also die Champions-League, den deutschen Pokal und die Meisterschaft. Nichts ist daraus geworden. Man muss an der Säbenerstraße-dort ist der FC Bayern zu Hause- lernen zu verlieren.
Wie wichtig Fußball selbst in den großen, überregionalen Blättern geworden ist, zeigt, dass eine renommierte Zeitung wie die „Süddeutsche“ die Karikatur dem Fußball widmet. Da wetten zwei Fans, die Bierflasche in der Hand. Sagt der eine: „Wenn Bayern Meister wird, dann lasse ich hier eine Wärmepumpe einbauen!“ Darauf reagiert der andere Fußball-Fan: „Wetten, sonst auch?“ Auf derselben Seite kommentiert der Chef des Meinungs-.Ressorts, Detlef Esslinger, das spannende Fußball-Finale mit dem Titel: „Mia san großmütig.“
Zurück zu Söder, dem Politiker, der um jede Stimme nicht nur in Bayern kämpft. Die SZ-Frage, ob er wegen seines Urteils über die Dortmunder Schuldgefühle habe, beantwortet er so: „Das war ein spontaner Satz eines Fußballfans. Natürlich war er überzogen. Ich habe mich bei Aki Watzke(BVB-Geschäftsführer) dafür auch direkt danach entschuldigt. Für ihn war die Sache damit sofort erledigt.“
Mia san mia-die Bayern eben
Womit wir wieder beim Thema wären. Mia san mir. Der Spruch der Bayern. Was auch heißt: Wir sind die Rothosen, die vom FC Bayern, die Unschlagbaren zumindest in Deutschland. Verlieren ist die Sache der anderen, der Dortmunder, Schalker und wie sie alle heißen. Mia san mia und san die Gewinner. Von wegen, reagieren die anderen, in diesem Jahr seid ihr die Verlierer, ihr werdet Zweiter. Hinter dem BVB. Schadenfreude macht sich breit, eben weil die vom FC Bayern oft so vorlaut waren, immer auf die anderen heruntergeschaut haben nach dem Motto: Na, wie gehts Euch? Ihr Verlierer.
„Verlieren ist eine Eigenschaft, die uns Bayern nicht liegt.“ Hat Markus Söder gesagt. Wer verliert schon gern, nicht mal im Fußball. Dabei sollte der Söder eigentlich nicht so laut daherreden. Er ist von Haus aus Nürnberger, also Franke, Clubberer, Fan des 1. FC Nürnberg, seines Zeichens Altmeister, der zur Zeit mehr schlecht als recht in der Zweiten Liga spielt und dort schauen muss, dass er nicht absteigt. Ob der Söder, Markus früher auch Fan des FC Bayern war, wie er jetzt vorgibt, es zu sein? Also Fan der Nürnberger und des FC Bayern? Die Clubberer haben nämlich eine Fan-Freundschaft mit dem anderen Altmeister, mit dem FC Schalke 04, der ebenfalls gegen den Abstieg kämpft, aber in der 1.Bundesliga. Oder ist es politischer Opportunismus? Die Bayern haben schließlich die meisten Mitglieder-über 300000- und die meisten Fans weltweit. Mit denen muss sich ein bayerischer Ministerpräsident gut stellen, im Oktober sind Landtagswahlen. Die Wurst-Firma Hoeneß produziert ihre Spezialitäten zwar in Nürnberg, aber der Uli Hoeneß, der ja bekanntermaßen den FC Bayern erfunden hat, ist CSU-Fan.
Bayern, das wissen wir seit den Herrscher-Tagen eines Horst Seehofers, Amtsvorgänger von Söder, ist etwas Besonderes. Seehofer schwärmte einst der Welt vor: Bayern, das sei die Vorstufe zum Paradies. Wobei ich mich frage, wo die Bescheidenheit, die Demut des Herrn Seehofers herrührt: Wieso Vorstufe? Wo soll denn das Paradies sein, wenn nicht südlich der Donau? Und wenn Bayern so einmalig ist, wie sieht es denn dann mit der Metropole aus, mit München, wo alles noch schöner ist als anderswo? Mit Bier, Bergen und Seen, Leberkäs und Weißwürsten. Zu meiner Studentenzeit schon war München die heimliche Hauptstadt. Wer sonst? Der Kommentator der SZ formuliert den Zweifel der echten, zugereisten oder wer auch immer München-Bewohner: „ob jenseits des äußeren Stadtteils Langwied, wo die Paulaner-Brauerei ist, Leben überhaupt noch möglich, zumindest sinnvoll sein kann.“ Denn dies „ist doch die Stadt mit dem englischten aller Gärten, mit dem weiß-blauesten aller Himmel, mit der maximilianigsten aller Straßen; die Geburtsstätte von Beckenbauer, Strauß und Strauß und BMW“. Und was als Problembezirk gilt, Hasenbergl oder 1860, das hätten sie in Dortmund oder Saarbrücken gern.“
Als die Löwen Meister wurden
Da melde ich einen kleinen Einspruch an. 1860, gemeint München, die 60er, die heute irgendwo in Liga 3 herumkicken. Diese 60er werden sicher in den Chor der Schadenfreude einstimmen, wenn der FC Bayern ohne Titel bleibt. Zur Erinnerung: 1966 wurde 1860 München Deutscher Meister, drei Jahre zuvor wurden die „Löwen“, wie sie auch kurz gerufen werden, deutscher Pokalsieger. 1965 schafften die Sechziger sogar den Einzug ins Finale des Europa-Pokals der Pokalsieger, das sie vor 100000 Zuschauern im Londoner Wembley-Stadion gegen West
Ham United mit 0:2 verloren. Wir haben manches Derby damals im Sechziger-Stadion an der Grünwalderstraße in München erlebt, das die Bayern gegen die Löwen verloren. Ja, das Stadion hieß Sechziger-Stadion, in dem auch die Bayern damals spielten, ehe sie ins Olympiastadion umziehen konnten. So war das halt, damals. Wer dabei war, erinnert sich noch an die Rufe der Zuschauer: 58, 59, 60, 60.
Heute ist der TSV 1860 München zwar immer noch ein Traditionsverein, der aber mehr durch negative Geschichten(Finanzaffären) auffällt denn durch sportliche Leistungen. Soviel zu dieser Art von Schadenfreude. Der Uli Hoeneß wird sich eins grinsen. Das heutige Stadion in Fröttmaning gehört dem FC Bayern,(Fassungsvermögen 75000) die 60er spielen weiter an der Grünwalderstraße(15000). Dass da einige behaupten, das Herz der Stadt München liege eher in Giesing denn draußen in Fröttmaning- geschenkt. Die Musik spielt draußen, bei den Roten, die allerdings bei der Heimniederlage gegen RB Leipzig vor einer Woche erleben mussten, dass Tausende von Zuschauern vorzeitig das Stadion enttäuscht verließen, als sich die Niederlage abzeichnete.
Die 60er laufen eher in weißblauen Trikots auf, stehen auf Bier und Leberkäs, schwärmen von ihrer schnuckeligen Stimmung im Stadion und spotten über die Champagner-Freunde des FC Bayern. Dort ist seit Monaten von Harmonie oder der Familie, wie sie Hoeneß oft beschworen hat, nichts mehr zu spüren. Die Chemie im Verein, Vorstand, in der Mannschaft oder zwischen den Abteilungen scheint nicht mehr zu stimmen. Die vor Wochen überraschende Entlassung von Trainer Nagelsmann und Berufung von Tuchel hat die Gemüter der Fans erregt, zumal sie den gewünschten Erfolg nicht brachte. Jetzt ist sogar die Rede(oder ist es ein Gerücht?), den Oliver Kahn würden sie entlassen. Den sie einst als Titan feierten, weil er übermächtig schien im Tor, die anderen stets antrieb. Weiter, immer weiter. Und jetzt das vorzeitige Ende? Und was wird mit Brazzo, Salihamidzic, dem Sportchef des Klubs? Kommt etwa Uli Hoeneß zurück auf die Kommandobrücke? Und Rummenigge? Man ist geneigt, die gegenwärtige Verfassung des FC Bayern mit der der 60er zu vergleichen…
Eigentlich müssten sie kleinlaut daherkommen, die vom FC Bayern. Sie können nur noch Meister werden, wenn die Schwarz-Gelben aus Dortmund „zu doof sind dazu“. Gemeint, gegen die Karnevalstruppe aus Mainz verlieren würden. Vorsicht, Freunde, die Mainzer haben die Bayern vor Wochen mit 3:1 geschlagen und sie anschließend ausgelacht. Nein, nein, der Marco Reus, der Mats Hummels, der von einer schweren Krebskrankheit genesene Franzose Haller und die anderen werden gewinnen, der Sammer kann sich freuen wie der Kehl und der Aki Watzke, sicher auch der nicht mehr aktive Ex-Präsident Rauball, die 80000 Zuschauer und die anderen zigtausend Fans werden die Stadt in ein schwarz-gelbes Fahnen-Meer verwandeln. Markus Söder wird den Dortmundern gratulieren. Na klar. Und wie werden es die Bayern halten? Der SZ-Kommentator empfiehlt: „Großmut ist folglich das Gebot des Wochenendes, man leiht die Meisterschale bereitwillig an Borussia Dortmund aus; die sollen sie nächstes Jahr unversehrt zurückgeben“. An RB Leipzig, oder?
Nachtrag 27.5.23: Wie man sich täuchen kann!