Klein, braun und unscheinbar sieht sie aus, die Fahrkarte, die Frank Anton Sanders zugesteckt wurde. Das passierte 1933, als der Fan des 1. FC Nürnberg eine auf den ersten Blick als Reichsbahnfahrkarte identifizierbare Stück Pappe in der Hand hielt. „Freikarte mit Schnellzugbenutzung, gültig ab jeder deutschen Station nach Jerusalem hin und nicht wieder zurück. III. Klasse“, stand darauf gedruckt. Dieses perfide Propagandamittel war in einer Ausstellung im Jüdischen Museum in München zu sehen. Den Empfängern wurde klargemacht, dass sie nicht dazugehören, dass sie unerwünscht waren, dass sie verschwinden sollten.
„Rückflugticket der Rückflugairline“ von Deutschland nach Heimat, one way, sofort und Direktflug – so stand es auf dem fingierten Ticket der NPD, das 2013 verteilt wurde. Auch die Neonazi-Partei nutzte dieses Pamphlet, um es in Briefkästen mit ausländisch klingenden Namen zu stecken. „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ war und ist eine der Parolen dieser Partei und ihrer Sympathisanten.
„Abschiebeticket – One Way Economy. Von Deutschland in ein sicheres Herkunftsland“, schreibt die AfD auf ihre Variante des Tickets. Verteilt wurden sie ebenfalls in Briefkästen mit ausländisch klingenden Namen. In Karlsruhe ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft – 20 Anzeigen wegen Volksverhetzung liegen dort vor.
Selten gab es ein so klares Abkupfern der NS-Propaganda, doch die AfD scheint das nicht zu interessieren. Der öffentliche Aufschrei löst bei den Rechtsextremen überhaupt nichts aus. Kein AfD-Verantwortlicher hat bisher Stellung zu dieser perfiden Propagandaaktion genommen.
Und selbst wenn: Ihr Ziel hat die Partei längst erreicht. Menschen mit Migrationshintergrund haben längst Kenntnis von der Aktion und registrieren, dass die Partei, die gegenwärtig etwa 20 % Zustimmung unter den befragten Wählern hat, sie nicht im Land haben will. Auch diejenigen, die inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, fühlen sich diskriminiert. Dazu trägt auch die CDU bei, wenn sie öffentlich darüber sinniert, ob man Menschen die Staatsbürgerschaft aberkennen sollte, falls schwere Straftaten nachweisbar sind. Damit schaffen sie Deutsche zweiter Klasse – sozusagen auf ewige Bewährung.
Ein Gutes hat die Aktion vielleicht: Allen Wahlberechtigten mit ausländischen Wurzeln sollte nun klar sein, dass sie bei AfD und CDU/CSU immer in Gefahr stehen, eine Sonderbehandlung zu erfahren. Das sollte bei der Wahlentscheidung Berücksichtigung finden.